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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,2.1928

DOI Heft:
Heft 7 (Aprilheft 1928)
DOI Artikel:
Popp, Joseph: Albrecht Dürer: zum 400. Todestag
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https://doi.org/10.11588/diglit.8884#0009

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XXXXI. 7X8K6XX6

Albrecht Dürer

Zum stoo. Todestag
Von Jos. Popp

lbrecht Dürer stehk an der Wende zweier Zeitalter und Stile als typi-
'^^'scher Übergangsmeister, der aber sür sich selbst die Einheit gewonnen. 2lb-
schluß und Höhepunkt mittelalterlicher Kunst, wurde er zugleich der Bahn-
brecher in die neue Welt der Renaissance. Durch die Größe seiner Künjtler-
schaft reicht er aber weiter, wird seine Kunst zeitlos — wie alle höchste Kunst.
Uns Deutschen bedeutet Dürer noch etwas Besonderes: er ist nnser größter
Meister, Inbegriss und Sinnbild deutscher Kunß überhaupt. Wir nehmen
aber mit dieser Werkschätzung allzu selbstverständlich, was in solchem llmfang
und Grad höchst selten, gerade für unsere vielfälkige 2lrt kaum möglich scheint.
Wohl wurde Hans Thoma dem ig. Iahrhundert „der" deuksche Maler.
2lber Cornelius, Feuerbach, Marees haben unserem Idealismus größeren 2lus-
druck verliehen. Nicht anders ist es bei anderen Völkern. Wie verschieden
spiegeln Murillo, Belasquez und der zum Toledaner gewordene Greco spani-
iches Wescn! Ist nüt Rasfael das Ikalienische erschöpft und erfaßt, zumal
neben Lionardo, Michelangclo, Tizian? Wird für Frcmkreichs Kunst der Rcor-
den oder Süden oder Paris kypisch — oder gar welcher Maler könnte es
sein? Bedeutet Nembrandt incht vrel mehr als in Holland jemals möglich gc-
tvesen? 2lm ehesten verkörpert Rubens über das Barock hinaus slandrischcs
Bolkstnm. Bon Dürer allein dürfen wir sagen, daß er deutsche 2lrt charak-
tcristisch und im höchsten Sinn vcrtritt. So heißt Dürers Kunst verstehen,
das Wesen deutscher Kunst und deutscher ücatur bedenken. Darüber hinans
gehört er durch seine Genialität der Weltkunst an.

Die Höhepunkte unserer Kunst liegen im Mikkclalter und Barock, weil mis
Knnst ungleich niehr eine geistige als forniale 2lngelcgcnheit ist; auch dort, tvo
tvir die Form meistern, steigern tvir sic zur letzten 2lusdruckskrafk. 2lußerdem
liegen uns die augenmäßigcn Formen von Linie, Farbe, Licht, Raum, wie die
Klarheit der Teile, ihre Bcziehnng unter sich und zum Ganzen, die wohlabge-
tvogene Ordnung und strenge Rhythmik weniger als die Wort- nnd Tonge-
bilde der Dichtung und Musik. Ihnen gegenüber ankworten wir schneller und
stärker, sind wir für dic feinsten 2lbstufungcn empfindlich; nie füllt sich uns dic
optische Form so unmittelbar mit Blut, Wärme und Spannung wie deni
Griechen oder Italiener, doch vermögen tvir mit bildender Kunst Innerliches
zu veranschaulichen, das Sinnenhafteren so nicht gelingt. Ilnsere höchsten Lei-
stungen liegen stets in den Spätstilen: am Ende der Romanik und Gotik, am
2lusgang der Renaissance, da sich schon das Barock anbahnl, im Spätbarock

Apiilhefk 1928 (XXXX1, 7)

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