Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,2.1928

DOI Heft:
Heft 7 (Aprilheft 1928)
DOI Artikel:
Bücherschau
DOI Artikel:
Zu unseren Bildern und Noten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8884#0078

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
fendeü Wcrk ihn erwarkek, daö seinen
Dnrst gültiger zu löschen imstande ist, alö
jene oft nur allznflüchtigen, wenn nicht
gar trüben Wässerchen. Wird doch im
„Handbuch dcr Philosophie" nicht nur
daö eine oder andere Gebiet auS dem
Riesenbereiche des Philosophischen abge-
wandelt; keineS dieser Felder von dcn an-
deren isoliert und damit dem alle durch-
ziehenden Fluß des sich vervollkommnen-
den menschlichen Denkens entzogen; viel-
mehr, streng systematisch und kritisch, das
ganze Gefüge unserer heutigen geistigen
Entfcheidungen, und zwar in stetem Zu-
sammenhange mit der Vergangenheit,
aufgedeckt. So daß das Werk, obwohl es
in die führenden Prmzipien und Systeme

dieser Vergangenheit einführt, doch nicht
eine Geschichte der Philosophie darstellt,
sondern daS philosophische Heute vor dem
Hintergrund des philosophischen Gestern
aufzeigt; gerade mit solcher Durchleuch-
tung deö philosophischen ProzesscS bis in
dessen erste Wurzeln hinab aber auch die
Anhaltspunkte zur Prognose künftiger
Entwicklungen an die Hand gibt.

Als Herausgeber deö monumentalen
Werks zeichnen Alfred Baeumler
und MansredSchröter. Zu ihren
Mitarbeitern zählen die vorzüglichsten
philosophischen Köpfe unserer Tage, lau-
ter Männer, die mittcn in dcr geistigen
Bewegung von heute stehen.

Ä. Trentini

Zu unseren Bildern und I^oLen

ir glauben Dürers Andenken beson-
ders lebendig dadurch zu feiern, daß
wir Bildnisse, zumal Selbstbildnisse, von
ihm bringen. Die bekanntesten seiner
Werke sind allenthalben, in guten Repro-
duktionen, zugänglich. Für die Bilder emp-
fehlen wirPhotographien uin d scharfe Auto-
typien, für die Drucke, Stiche und Zeich-
nungen die vorzüglichen Wiedergaben der
Reichsdruckerei und Wiener Albertina.
Llber nur wenige Künstler alter Zeit ha-
ben wir so viele schriftliche Nachrichten der
Zeitgenossen und Selbstzeugnisse wie über
Dürer. Die sprechendsten Dokumente sind
seine Eigenbilder. Außer den von unö ge-
brachten finden sich solche noch im „Ro-
senkranzfest", im Helleraltar und Drei-
faltigkeitsbild.

Selbstbildnis iHöch Wien, Albcr-
tina. Silberstiftzeichnung. „Dz hab ich
auö ein spiegell nach mir selbs kunterfet
im icsbcs jar do ich noch ein Kint was"
schrieb Dürer später auf das Blatt. Die
auf der linken Haarhälfte derber gezeich-
neten Striche sind von fremder Hand und
aus mißverstandener Symmetrie roh an-
gefügt. Noch kindlich befangen in den
zaghaften Linien und Modellierungen wie
in der Abhängigkeit vom Spiegelbild und
in der lehrhaften Geste, osfenbart sich im
Ganzen das frühe Streben und Bild eines
crnsten, reinen KindeS, das sich mit weit
geöffneten Augen gespannt um die Welt
bemühk. Dürer war damals Goldschnn'ed-
lehrling in des Vaters Werkstatt.
Selbstbildnis um 1^91. Lemberg,
Ludomirski. Federzeichnung. Ein typi-

sches Studienblatt: Das Kissen und die
Hand eine Darstellung für sich. Jn der
Form geprägter als das folgende Blatt,
könnte es insoferne ekwas später entstan-
den sein, aber dieses hat die stärkere
Stimmungskraft. Das Bild stammk aus
der Wanderzeit, die im Frühjahr icsgo
beginnt und zu Pfingsten iZv-s endet. Für
einen jungen Menfchen in den ersten
Zwanziger-Jahren ein erstaunlich durch-
formter Kopf von frühem Ernst, starkem
Willen und klarer Einsicht. Das kecke
Käppchen läßt Dürers Sinn für eine be-
tonte Erscheinung auch in der Bekleidung
erkennen.

Selbstbildnis um i4gi/9Z- Erlan-
gen, Universikät. Federzeichnung. Eine
flüchtige Eindrucköskizze, der es vor allem
auf das Geistige ankam. Die nicht ganz
geklärte Strichführung wird über der
packenden Sicherheit, mit der die äußere
und innere Situation gegeben ist, weniger
empfunden. Die Augen bohren sich in
die Ferne — aber nicht um ein bestimmtes
Ziel zu fassen, sondern als Zeichen inne-
rer Spannung, versenkten Nachdenkens.
Die ausdrucksvolle Hand nimmt daran
teil. Dürer hat auf seiner Wanderschaft
viel gesehen, daS ihm innerlichstes Erleb-
nis, stärkste Erregung geworden: ein
Sauerteig, der sein ganzeö Wesen in Be-
wegung und neuc Formung brachte.
Selbstbildnis i/sgZ. Paris, Mu-
seum Jacquemart. Malerei auf Per-
gament. Etwas StilleS und doch Hvch-
gemutes, ein sich Herauömachen und Aus-
statten zu einer gewissen Repräsentanz.

70
 
Annotationen