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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,2.1928

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Heft 7 (Aprilheft 1928)
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8884#0075

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Prometheus — ist das Symbol einer
ganzen Zeit. Die rasfinierte Roheit der
zentrisugalen, leerlausenden Technik, die
mit scheinbarer Menschlichkeit unmensch-
lichen Sport treibt, tvird ossenbar. End-
lich sind tvir so tveit, daß die ganze Zeit
aus geschästlichen „Belangen" hinter
einem unerreichbaren Hasen herhetzt, der
gar kein Hase ist. Jch sffage mich, toer
eigentlich noch Zuschauer dieser barbari-
schen Wettrennerei ist, und ob die Wind-
hunde dieser Sportpsychose wirklich nur
bedauernstoerte Hunde sind. Von einem
höheren Standpunkt tvird alles nur Zei-
chensprache und Gleichnis. Wer Ohren
hat zu lesen, der lese! Eberlein

Nochmals:DerFluch derunbe-
grenzten Publizistik
Jn einer großen deutschen Tageszeitung
war kürzlich zu lesen: „Kürzlich besuchte
die Königin von Holland eine Volksküche

in Amsterdam. Dabei wurde sie auch in
die Küche geführt, wo sie die Speisen
kostete und — wohl der anwesenden Kö-
chin zuliebe — sür vorzüglich erklärte.
„Wo aber bewahren Sie Ihre Vorräte
auf?" fragte schließlich die Fürstin. „Hier,
Majestät", sagte eine Ehrendame nnd
öfsnete die Tür eines mächtigen Küchen-
schrankes. Doch — o Schreck! — in dem
Schrank steckte ein Mann! Natürlich be-
schuldigte man sofort die Köchin, daß sie
trotz ihreS vorgerückten Alters noch Liebe-
leien unterhalte, doch diese beteuertc unter
den heiligsten Schwüren, den Mann nie
vorher gesehen zu haben. Jnzwischen war
der Schuldige nähergetreten, und nun
stellte es sich heraus, daß man eS mit
dem — Reporter einer Zeitung zu tun
hatte, der in den Schrank geschlichen war,
um einen ganz genauen Bericht über den
Besuch der Königin in der Dolksküchc
liefern zu können." Wer rettet uns vor
dem „rasenden Reporter"?

Bücherschau

Dürerliteratur

ie wird auch für die Bedürfnisse wei-
terer Kreise immer unübersehbarer.
Die große Biographie fehlt uns noch,
statt dessen haben wir eine bedeutsame
Einsührung in „Die Kunst Albrecht Dü-
rers" von Wölfslin (F. Bruckmann
Verlag). Schon vor zwanzig Jahren er-
schienen, inzwischen wiederholt neu ausge-
legt (Z. Aufl. 1926), gräbt sie am tief-
sten, sormuliert am klarsten und läßt über
Dürer hinaus Kunst überhaupt mit be-
sonders geschärften und kultivierten Augen
sehen — allerdings stark und immer wie-
der auf Jtalien und dessen Art bezugneh-
mend. Es hat Dürers Kunst nicht bekom-
men, daß er italienische Klarheit erstrebte.
Wir können sie nicht brauchen, auch wenn
wir selbst uns um Klarheit bemühen.
Wölsslins Buch seht einen kundigen und
ernsten Leser voraus; einem solchen gibt
es viel, anderen wird eS zu schwere Arbeit
kostcn — verständlich ist es für jeden
Gebildeten.

M ar I. Friedländer, der Direktor
des Berliner Kupferstich-Kabinetts, ein
Kenner von Ruf, hat für den Jnselvcr-
lag einen „Albrecht Dürer" (1921) ge-
schrieben, der neben durchaus eigenen An-
schauungen über die Zeit vor der Apo-

kalypse die neuesten Forschungen anderec
bedenkt und vor allem aus den Kunst-
werken seine Darstellung und Wertung
entwickelt: man möchte manchmal mehr
derart hören. Als Ergänzung zu Wölff-
lin ist das Buch besonders wertvoll, für
sich allein bietet es eine anregende, durch-
auö verlässige Einsührung in Dürers
Geist und Kunst — knapp und über-
sichtlich.

Ein dreibändiges Dürerbuch schus E.
Waldmann (Jnsel-Derlag). Klug,
feinsinnig, mitfühlend und literarisch sehr
anregend. Die Einzelbände sind für sich
käuflich. Jch schätze vor allem den zwci-
ten Band, der die Stiche und Holzschnitte
bringt und Dürers geistige Wesenüart
eindringlich schildert.

Ungleich leichtereS Kaliber als die ge-
nannten bietet Kurt Pfister (1928).
Er will nichts Forscherisches geben, nicht
einmal kunsthistorische Arbeit bieten, nur
etwas „Literarisches". Wir kennen oie-
sen Typ durch Meier-Gräse und Hausen-
stein zur Genüge; Psister ist die ^.aschen-
ausgabe der beiden: von allem etwas und
nichts gründlich. Wcr über Dürcr schnell
mitreden und beiläusig „im Bilde sein
will, der greife zu dem Buch — aber
nicht als „literarische" Leistung. Diel Lob
verdient die Bebilderung: sie ist sehr reich,

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