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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,2.1928

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Heft 7 (Aprilheft 1928)
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Egidy, Emmy von: Deutschland in drei Städtebildern, [2]: wie es sich für einen Auslandsdeutschen darstellt
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https://doi.org/10.11588/diglit.8884#0028

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Deutschland m drer Gtädtebildern

W ie es sich für einen AuslandsdeuLschen darsiellk

Von Emmy von Egidy

II

Köln

rn Westen beherrscht der Nhein. DerZauber, den der Klang des Wortes

Rheinland birgk, er blühL aus in der LandschafL. Was das schenkende Glück
einer SchäHe bergenden Erde bedeuken kann, das empsindek besonders siark, wer
aus dem kargen Osien kommk, dork, aus dem armen märkischen Sande.

Hier fließk der Rhein, ein ElemenL des Lebens, im Skolz seines Lauses die kur-
venreiche Skraße hin. Hier pulsen Kräfte aus unnennbaren Ouellen, wachscn
in die Reben, in BlüLen und Felder, in Wälder wie in MenschenbauLen aus.
MiL SchönheiL übersirömk die Erde ihr Kind, aus geheimnisersüllLcr Machk,
die Linien der LandschasL fließen in seine Sinne, die Kurven des heiligen Skro-
mes klingen in seinem BluLlauf.

tlnd: HeimaL! jauchzk es auch in uns. Überraschende Erlösung eines Heim-
sindens aus ungewußt gewesener Frcmde. Traumbesangen sehen wir aus un-
ausschöpfbar gebender Bewegung hingebreikeL um das heilige Köln: Strom,
Hügel, Wälder, Fernen und Nnhe. Da gleiken wir wie im Traum Iahr-
tausende zurück. Welchen Stammes wir auch seien, Lief unter dessen Be-
schränkung enLsinnk sich in uns das Heiligsie unseres geisiigen Besitzes, cine
heimakgegebene KulLur, ihres tlrsprungs. Das Herz Deukschlands hak sich
ausgekan und srei sirömk die Liebe aus unserem Herzen über. Heimak! Kamen
nichk auch wir cinst vom Nhein? Allmählich lösi sich der Traum in Liefsies
Besinnen. Ia, hier isi Deutschland, nichk dork im Osien.

Hier geht der Fuß nicht über rinnenden Sand, er gchk über einen Boden, dcn
ungehobene SchäHe elasiisch schwellen, enkgegenstrebend den lebendigen Händen
des Menschcn, drängend zur Ofsenbarung und Einswcrdung.

Wie hier die SchriLLe federn! Hier isi dem Menschen mehr gegeben als nur
ein AnLrieb aus einer Lufk, die sich leichk akmek und die BcweglichkeiL förderk.
Hier sirömen aus den pochenden Adern der Erde Gaben des Lebendigen in ihn
über. llngesialLeic Kräste drängen zur Fornmng. HeuLe wie einst.

Denn was einsi in ursrüher Zeik zu gnadenreicher Skunde sich ereigneke, als
hold und schenkend die Kräske gerade dieser Erde sich vereinken nnL dem Wollen
und dem sirebenden Ersassen gerade dieser Mrnschen, die eine TLogc der Völker-
wanderung herangekragen, das heilige Mysierium der Gebnrk deukschen Wesens,
deutscher Kulkur, das bleibt an diese Skelle gesesselk. llns von ihr krennen
heißk uns vernichtcn. Denn hier sand einst unsere Nasse den Boden, der sie
zum Blühen brachke. Die deuksche Kulturseele erwachke hier. (Nicht nokwendig,
daran zu erinnern, welches Erbe der MiLLelmeer-KulLur sie sich cinbauen konnte.)
llnd noch heute schlägk das Herz des Deukschkums hier am Rhein, nichk ini
östlichen Berlin. llnsere Wiege isi es, die wir verkeidigen, nichk nur unsere
Grenze, unseres Wesens Liefsien Ausdruck, nichk nur seinen schönsien Schmuck.
Kein „Haben-wollen" isi es, das die Ströme deukschen Blutes sür den Rhein
fließen läßk, es ist ein „Sein-wollen". llnd leben, lebendig leben kann das
DeuLschLum auch heute nur, wenn es sich immer wiedcr hier, von wo cinsi die

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