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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,2.1928

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Heft 8 (Maiheft 1928)
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Halm, August: Erinnerungen an Hugo Wolf
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8884#0122

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ohne wcitcres wissen koinite. Das ist cben der intuitiv sicherc Blick des Gcnies! —
Darf ich zum Schluß noch ctwas aus anderer Zeit erzählen, was in dieselbe
Richtung schlägk, da cs gleichsalls die vorwegnehinende Nutur Hugo Wolfs
erkennen läßt? 2lls ich das Konservatorium eben verlassen hatte, faßke ich
mir ein Herz und suchte Hugo Wolf in Brixlegg auf, iu dem Gartenhäus-
chen, in dem er kurz vorher scinen Corregidor vollendet hakte; ich hosfte, daß
er doch vielleicht sich von scinem Tübinger Besuch her uoch sowcit an mich
erinnern würde, daß er einen kurzen Besuch annahm. 2ln die Liebcnswürdig-
keik, mit der er mich aufnahm und mir den erfteu 2lkt des Corregidor spielte,
hatken jedenfalls auch meine kühnften Erwartnngcn uicht herangereichk. Er
fragte mich unter anderem, und zwar mit deutlich spürbarer Besorgnis, ob ich
auch komponiere. Meine damals der Wahrheit gemäße Antwort, daß ich
das nur sehr selken und nur für mich selbft getan habe, befriedigte ihn sichk-
lich, und er versicherte mir, daß nach sciner Meinung heuke nur einer lebe,
der wirklich kompouieren dürfe und müsse, und das sei 2lnton Bruckner.
(Die rosorvatlo mentrilis, daß er selber der andere sei, verftand sich von selbst,
und niemand wird ihm das verdenken.) Eine seiner crften Fragen war: „Jetzt
kommen's also vom Konservokorium? No, wie hom's denn do die Verhältnis
gfundcn: Kläglich, net wohr?" „Wissen's," ergänzte er nachher, „dos
Konservotorium — dos is jo die Brutftäktc der Tolentlosigkeit!"

Lose BläLLer

Prosa und Gedichte von Ludwig Strauß

^ L ^o r b e m e r k u n g: Es redcn in den Gedichten von Ludwig Strauß cin uralter
'^^Dank und die frühefte, wehrlosefte Liebe. Sie reöen in zugleich nener und deut-
fcher Zunge, sie fcheinen aus dem alten großcn Deutfchland, deni Ludwig Strauß
durch seinen ftillen und tiefen Dienft am Werke Hölderlins verbunden ift, herüberzu-
klingen in eine Zeit, die auf der einen Seite alte Frömnngkeit neu gefaßt, aber auch
die unfrommen Kräfte nen belebt har. Die Lage des DichterS, d. h. der aus Liebe
lebenden und singenden Seele, war immer prekär. Er ftand mit seinem Dank nnd
seiner wehrlosen Offenheit immer gegen eine öanklose, harte Umwelt und konnte nie
auf einen buchftäblichen Sieg seiner Sache hoffen. Aber die Erbitterung der Zeit
gegen den Dichter war nie so fcharf wie heute. Selbft tiefere Kräfte der Zeit kehren
sich gegen ihn und wollen ihm das Wort verbieten. Er ift ein Frcmdling und ein
Friedenftörer, weil er „anderen Dienft" übt und sich den neuen Göttern verweigert,
die ihre Herrfchafk mit einer bisher unerhörten Energie und überrafchend neuen Me-
thoden auf der Erde auszubreiten beginnen. Ludwig Strauß fühlt die Zeit genügend
stark, um sich über diese Situation deS Di'chterö nicht zu täufchen: sein „Gesang der
Langsamen" trägt ihr in der wunderbarften Weise Rechnung und verteidigt die Sache
deö Dichters mit einer Feinheit ohnegleichen, fern von jedem Haß, faft im Stil großer
diplomatifcher Staatsverhandlung, über den Gegner weit hinwegsehend zur vberen,
gemeinsamen Fnftanz. Dor den Herrn des Lebenö und der Gefchichte wird hier die
Liebe zur Mutter gebracht: Er, nicht die Gegner, die mit seiner Duldung fchnell und
zugreifend sind, hat über die Sache der „Langsamen", der Liebebeladenen und lknbe-
holfenen zu entfcheiden.

Es ift herrlich, daß diese Liebe zur Mutter noch lebt; ja daß sie sich hier reiner und
inniger darftellt als sonft, um so mehr bei sich und ihrer Eigenwärme weilend, je

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