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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,2.1928

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Heft 10 (Juliheft 1928)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8884#0296

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Ilnd kaken so einem jeden nach der Zeil: dem Wurzweg, dem Springwurz und
dem Nimmersatt, bis daß sie an den vorletzten kamen, das war der Hochzeiter.
Da zögerten sie und schauten den Blutvogt an. 2lber der deutet mik dem Dau-
men, und taten sie dem Lampelwürger wie den andern. Also kopuliert ihn ein
Eisenscherg mit seiner unverhosften Hochzeiterin, die war des Seilers Tochter,
und war der Helmbrecht wiederum des Lampelwürgers Kranzelherr und Bei-
ständer, und schaut zu, wie lustig sein Herzbruder kunnt den Brauttanz Lanzen,
drei Schueh hoch überm grünen Wasen.

Also war keiner über blieben, als der letzt, das war der Helmbrecht. Dem
schenkten sie sein Leben nach altem Blukschergen Recht und Brauch,
druckten ihm seine Augen aus alle zwei, und hackten ihm die rechte Hand
ab und den linken Fuß. Fatschten ihm aber seine Stumpen wie nochmal
der best Bader.

Hernach da psiff ein Eisenscherg einem jungen Knecht, der stand einen Pseil-
schuß weit und schaut von der Weiten zu, und schnitt der Scherg cinen Hasel-
stecken ab. Den Stecken gab der junge Knecht dem Helmbrecht in die ander
Hand, und führt ihn am Armstumpen vor dem Meier sein Hoftor, und schlug
mit dem Stecken ans Hoftor, und schrie. Denn es war Abend, und das Tor
schon zu.

Da kam der Meier aus dem Haus, einen Kienspan in seiner Hand, und tat
das Hoftor auf, und sah die Zween, und daß es sein Sohn War.

Sprach der alt Helmbrecht: Djö sallü, Ritter Augenlos hie? Jst er höfisch
genug, mein Willekumm? Jst wohl lang her, daß ich bei Hof das Grüßen
gelernt han. Gratia vester: wo ließet ihre Eure Schwester? Ei, Herr Blindeken,
was schlarpt Ihr an einem Bettelstecken?

Sprach da der Blinde: Meier, ich bitt Euch um gar nichts, als über Nacht
sollet Ihr mich gehalten. Ich will Euch meinen Namen sagen, erkennet mich
um der Gottcswillen, ich bins!

Sagk der alt Helmbrecht: Wer ich?

Sprach da der Blinde: Der so geheißen ist wie Ihr.

Sagt der alt Helmbrecht: So, ist er blind worden der Bauernschreck. Dcr
sorcht keinen Blutvogt und keine zwanzig Schergen, dürften ihrer mehrer
sein auch. Was wart Ihr ein Eisenfresser auf dem Gaul, um den ich meine
Ochsen hab geben müssen. Ietzt schleicht Ihr am Boden geblendt und geschändt.
Darum ist mir nicht leid, aber um meine Drillichstuck und Traidsäck.

Sprach da dcr Blinde: Wann Ihr mich nimmer erkennen wollet für Euer
Kind, um Gottes Barmherzigkeit willen lassct mir den Unterschlupf, und mor-
gen gebt mir Euren Bescheid.

Hohnlacht da der Meier: Den könnt Ihr heunt haben, der ist kurz beinand.
Zwerchfeldein seid Ihr gefegk und gefetzt aller Welt zum Trutz. Wie gern
hätt der arm Gaul mögen auch einmal im Schritt gehen, aber nein, ohne
Hetzen und Spornen und Schlagen und Peikschen häkks nicht dürsen scin!
Habt Ihr vergessen, wie Ihrs denen Bauern gemacht habt? Nichk boden-
deckets habk Ihr ihnen gelassen und keinen Klufenknopf. Sind sie wahr wor-
den, meinc drei Träum? Aber das Maß ist noch nichk voll, einer stehk noch
aus. Damit er geschwinder wahr wird: hinaus! Eher gäb ich einem land-
fremden Streuncr den halbeten Hof, als Euch ein halbets Brot.

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