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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 41,2.1928

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Heft 11 (Augustheft 1928)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8884#0377

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irung der Geberin hatte vergessen lassen: nicht ihr und nicht Poseidon hatte cr
cin Opfer gebrachk.

Er LrösteLe sich, als er zu dem LandgnL hinausfuhr, in der Helle des blauen
Tages miL der göttlichen LangmuL, die ihn nichL miL so vielen Gütcrn gesegnek
hätte, wenn sie ihm nichL noch heute gönnke, das Versäumke nachzuholen. Zu-
rückgekehrk ordnete er fchleunig die größken Opfer an; aber seine Miene hatte,
als cr wirklich im prangenden Zuge riLL, zu Anfang Mühe, eine auf ihr lie-
gende Wolke zu durchftrahlen. Denn das göttliche Roß hatte diesmal ungern
den Zaum genommen, ungern sich befteigcn lassen, und es fchrikt mik bcftändigem
geheimen Murren, zuckend uud hufefchwenkend über den Stein der Straßen.
Es ift unluftvoll, sprach Hipponoos bei sich selbft, unken auf der Erde und nur
so in spielendem UnLun einen ReiLer zu kragen. Schon fühlke er aus dem un-
fterblichen Leibe des Tiers in den seinen cin Feuer rinnen, heiß von Eriimerung
an den Tag der Chimaira, an den Wolkenflug mik der riesigen BeuLe über dem
jubelflammenden Kraker der Skadt. Wie jeht scin herrliches Anklih in einer
goldenen Flamme ftand, daß die Menge zu beiden SeiLen dcr Skraße auf ihn
zuftürzte, mit Zweigen fchlagend, Blumen fchütkend, seine Kuie, seiue Füße
und Hände mik den Lippen zu berühren: so loderke in ihm die Seele, cin Luft-
brand großer Begierde.

Fliege, Pelorofontes, fliege! braufte die Menge über den Plah vor der Burg.
Laß uns das Wunder sehn, laß ihn die Schwingen entfalten, Himmels-Stür-
mer, überwinde die Wolken, fliege, Hipponoos, fliege!

Hipponoos riß am Zaum und umfchloß zurückgeworfenen Leibes die göttliche
NacktheiL mik Knien und Fcrsen. Die fchöne freiwillige Kreatur wich zurück;
die Flügel wirbelken herum, doch die Hufe hafteken am Boden. Allein Hippo-
noos kämpfte fort, jeht nur zornig, eine llngebühr, einen Widerftand, ein hart-
mäuliges Noß zu brechen. PlöHlich fiel der Erdboden mik allem, was darauf
war, so fortgerissen unter ihm wcg, daß es ihm Auge und Akem verfchlug. Er
fand sich wieder zwifchen gewaltigen Znseln der Wolken aus Schnee, sonnig
und fchattenvoll, und er frohlockke.

Sisyfos in dcr ewigen Tiefe wälzte den ewigen Stein. Aber cs war sein
BluL, das endlich den Aufbruch fand, um in dem Enkel zu sieden, als dcr jeHL
— wie vor hunderk Jahren der Ahn auf dem Rücken des Oftwinds — über
der Erde kveifte. Je, eine TaL, fchrie der Himmelsreiker, zu einer TaL haben
sie dich gesendet, wo ift sie, wo ift sie? Qder wie anders? Wollen sie dich
wieder haben, soll ich dich bringen? Ach, ift dies euer Wille, daß ich selber auf
ihm zu euch komme?

Posauuenftoß aus der rollenden Rossesbruft war ihm die AnLworL. Die Schnee-
gebäude des Jda-Gebirgs im lykifchen Süden gläuzken Hipponoos nichk. Aus
seiner Wolkenhöhe sah er überm aigaiifchcn Meer fern im Wcft cin winzigcs
SchncezelL bli'Hen, das HaupL des Olympos. Schoß er den Pfeil, fchoß sich
selber der Pfeil? Der Pegasos fuhr durch den Himmel. Zn der Schnclle von
Pulsfchlägen wurde der Schneegipfel des Zieles groß; unten fchwangen die
Meere hinweg mit den Jnseln; Chalkidikes Dreiarm grisf unker ihm weg, die
Küfte Thessaliens rauchte, die Berge, die Felswände LürmLen sich uahe auf,
fchon waren Säulen hoch oben erkennbar, die goldenen Giebel, und fchon Ge-
ftalken, erwarkende ^— ach?

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