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Kunstwart und Kulturwart — 28,3.1915

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Heft 14 (2. Aprilheft 1915)
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Lindner, Werner: Kriegerehrung in Gedenkstätten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14420#0084

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durch Schinuck rn Schrifttafeln oder irn Wandbild gesteigert werden. Das
bringt überhaupt auf die Frage, wie man auch in Schulen oder Gemeinde-
hausern vorhandene Räume zu Kriegsgedenkräumen ausgeftaltet.
Dort können Feldpostbriefe und andere schriftlich niedergelegte Zeit-
eindrücke, Lrinnernngsstücke, Bilder und Kriegsschriften gesammelt werden.
Manches alte Rathaus könnte einen schönen Umgang oder Saal als
Gedenkraum hergeben. Ganz einfache Reliefdarstellungen oder ein wirk-
lich gutes Gemälde können früher oder später dem Raum die befondere
Stimmnng verleihn.

Im Neubau der Schule für die Gartenstadt Staaken wird auf dem
tzauptflur ein schlichtes Schriftband über den Türen fortlaufend gemalt.
Da werden die Namen der großen Schlachten mit ihren Iahrestagen und
die der Feldherren verzeichnet. Die während des Krieges gebauten Grup-
penhäuser erhalten über den Haustüren Sprüche und Verse, die von der
großen Zeit reden. Diese allerbescheidenste Form der Kriegsdenkmale
wirkt doch nachdrücklich und innerlich auf Kinder und Lrwachsene und
wird die Nachwelt leichter als manches aufwendige Steinmal an die
schweren Totenopfer erinnern. Fast kindliche Worte prägen fich ganz
unwillkürlich dem Gemüte tiefer ein und können die Menschen — ihnen
unbewußt — auf Schritt und Tritt begleiten.

Gemüt und Glaube stehen so nahe beieinander, daß man bei der monu-
mentalen Kriegerehrung — monumental bedeutet in diesem Falle sicht-
bar — ganz besonders an die Kirchenräume denken muß. Diese
Stätten der weihevollsten Versammlungen, oft mit Epitaphien und vielen
alten Lrinnerungszeichen schon geschmückt, geben den besten Raum für
Andachtstimmung her, so stark wird sie hier, wie sie sonst nur die Land-
schaft in ihrer Einsamkeit und Verschwiegenheit schenken kann.

Man scheint schon vor hundert Iahren und noch früher nach großen
Kriegen Bestimmungen erlassen zu haben, nach denen in einheitlicher
Form hölzerne Schrifttafeln die Namen der gefallenen und gestorbenen
Krieger vermerkten. Das könnte uns auf den Gedanken bringen, uns
zunächst wieder mit einfachen Wandtaseln in schöner Beschriftung zu be-
gnügen. Will man später etwa Bronze- oder Steinreliefs dafür schenken,
dann mögen Kriegervereine oder die Gemeinden diese ersten Zeichen an
anderer würdiger Stätte, etwa in ihren Versammlungsräumen, bewahren.
Glasmalereien in den Kirchenfenstern, Reliefs in Werkstein oder Mosaik
deuten weiter Möglichkeiten einer Kriegerehrung an, sür die gerade die
Kirche Platz gibt.

Den in den Lazaretten Verstorbenen wird die schönste Ehrung durch
eigentliche Ehrenfriedhöfe zuteil, wie sie jetzt schon und immer
häufiger angelegt werden. Vieles von dem hier Besprochenen ist un»
mittelbar auf diese Fälle anzuwenden. Man hat dabei vor allem die
Bedingungen voll auszunutzen, die der vorhandene Baumwuchs und die
Neupflanzungen geben. Nnsre Gartenkunst fängt ja glücklicherweise mit
tieferem Verständnis wieder an, an den guten alten, in Deutschland selbst
aber nicht häufigen Beispielen zu lernen. Die führen unter Hilfe raum-
abgrenzender Hecken und regelmäßiger Flächen wieder zu streng formalen
Anlagen. Sie wirken aus alten Friedhöfen mit hohem Baumbestand be-
sonders schön. Viele alte Dorffriedhöse in allen Teilen unsres Vater-
landes kannten schon strenge, gegen die Außenwelt durch Baumreihen und
Hecken oder durch feste Mauern und Wandel- oder Laubengänge abge-
 
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