wie die Staatseinrichtuirgen benntzt oder nrißbraucht werden, welche
Ergebnisse die Arbeit innerhalb der paragraphenmäßig geordneten
Kirche, Schule, Aniversität erzielt; und für die politische Erfassung eines
Landes ist überdies noch vieles wichtig, was aus keinem Gesetz-- und Para-
graphenbuch zu lesen ist: gesellschastliches Leben, Volksüberlieferung, Volks-
bildung, wirkliches Verhältnis zwischen Volk und Regierung usw. Ein
Beispiel: es wurde bis viel geklagt über das deutsche Vereinrecht; wer
aber das Vereingesetz liest, mochte wohl den Grund der Klagen weder
im Gesetz noch in den Durchsührungparagraphen sinden, da er erst im Be-
reich der wirklichen, von Polizeibeamten, Gerichten, Vereinen und
einzelnen Personen erlebten Vorgänge sich zeigte. Alles Papier, das
man über ein Land studieren kann, dient zur Erläuterung von Vorgängen
im Lande vortrefflich, und niemand kann solches Studium ganz entbehren.
Aber die Kenntnis der Vorgänge muß hinzukommen, womöglich voraus-
gehen. In allen Ländern ist ein Anterschied zwischen den vom Gesetz
und der ösfentlichen Ordnung bestimmten oder erstrebten und den tatsächlich
erlebten Lebensvorgängen. Dieser Anterschied ist in verschiedenen Ländern
sehr verschieden, ebenso wie die Menge der Vorgänge, welche überhaupt
gesetzlich geordnet werden. In Deutschland ist der Anterschied zwischen
papierener Lebensordnung und Volkserleben gering, in Rußland gewaltig;
wir leben im Einklang mit den Organisationsmaßnahmen, die Russen
tausendsach in Widerspruch; wir unterstehen zahllosen Ordnungen, denen
wir uns fügen, die Russen fügen sich weniger, haben mehr Ordnungen aus
gewissen, weniger aus andern Gebieten und stehen im Kampf mit zahlreichen
davon, besonders soweit sie sie als Willkürmaßnahmen empfinden. Die
Folge ist, daß man Deutschland durch das Studium seiner Gesetze und
Verwaltungnormen usw. ziemlich gut, Rußland durch dasselbe Studium
sehr schlecht kennen lernt. Ich bevorzuge daher gern Bücher, welche An-
schauungen vom Leben geben, vor denen, welche das papierene Ge-
rüst des staatsbürgerlichen Lebens darstellen. Gerade dies, die Anschau-
ung des Lebens, vor allem auch desjenigen Lebens, das überhaupt keiner
össentlichen Ordnungmaßnahme untersteht, des geistigen, religiösen, trieb-
hasten Lebens, ist auch sür die Politik von schwerwiegender Bedeutung. Was
wäre das deutsche Volk, wenn es ebenso schön organisiert wäre wie es ist,
innerhalb dieser Organisation auch ebenso folgsam lebte wie es dies tut,
wenn dies alles aber so wäre insolge von völkischer Schwäche und matter
Fügsamkeit? Was wäre es ohne die moralische Krast, die psychologische
Festigkeit, den geistigen Halt, den wir an ihm lieben? Wohl ein blasser
Halbbruder des Volkes, das jetzt Siege ersicht. Ansre Gegner haben uns
vielfach für unsern blassen Halbbruder, für ein überdeterminiertes, über-
diszipliniertes Volk von Willensschwächlingen gehalten, — eine politische
Täuschung erster Ordnung. Wir wollen unsern Feinden gegenüber nicht
einen entsprechenden Fehler begehen. sms Wolfgang Schumann
Die ^Erweckten"
-ir alle waren bei Kriegsausbruch wohl mehr noch von der schlichten
^Selbstverständlichkeit als von der Begeisterung ergrissen, mit der
sich ein jeder, sei es zur Tat, sei es zum Entbehren willig zeigte.
Dem gab die Presse lauten Ausdruck, wiederum unter allgemeiner Zu-
stimmung. Aber man ging weiter. Man pries den Krieg an sich als einen
W-
Ergebnisse die Arbeit innerhalb der paragraphenmäßig geordneten
Kirche, Schule, Aniversität erzielt; und für die politische Erfassung eines
Landes ist überdies noch vieles wichtig, was aus keinem Gesetz-- und Para-
graphenbuch zu lesen ist: gesellschastliches Leben, Volksüberlieferung, Volks-
bildung, wirkliches Verhältnis zwischen Volk und Regierung usw. Ein
Beispiel: es wurde bis viel geklagt über das deutsche Vereinrecht; wer
aber das Vereingesetz liest, mochte wohl den Grund der Klagen weder
im Gesetz noch in den Durchsührungparagraphen sinden, da er erst im Be-
reich der wirklichen, von Polizeibeamten, Gerichten, Vereinen und
einzelnen Personen erlebten Vorgänge sich zeigte. Alles Papier, das
man über ein Land studieren kann, dient zur Erläuterung von Vorgängen
im Lande vortrefflich, und niemand kann solches Studium ganz entbehren.
Aber die Kenntnis der Vorgänge muß hinzukommen, womöglich voraus-
gehen. In allen Ländern ist ein Anterschied zwischen den vom Gesetz
und der ösfentlichen Ordnung bestimmten oder erstrebten und den tatsächlich
erlebten Lebensvorgängen. Dieser Anterschied ist in verschiedenen Ländern
sehr verschieden, ebenso wie die Menge der Vorgänge, welche überhaupt
gesetzlich geordnet werden. In Deutschland ist der Anterschied zwischen
papierener Lebensordnung und Volkserleben gering, in Rußland gewaltig;
wir leben im Einklang mit den Organisationsmaßnahmen, die Russen
tausendsach in Widerspruch; wir unterstehen zahllosen Ordnungen, denen
wir uns fügen, die Russen fügen sich weniger, haben mehr Ordnungen aus
gewissen, weniger aus andern Gebieten und stehen im Kampf mit zahlreichen
davon, besonders soweit sie sie als Willkürmaßnahmen empfinden. Die
Folge ist, daß man Deutschland durch das Studium seiner Gesetze und
Verwaltungnormen usw. ziemlich gut, Rußland durch dasselbe Studium
sehr schlecht kennen lernt. Ich bevorzuge daher gern Bücher, welche An-
schauungen vom Leben geben, vor denen, welche das papierene Ge-
rüst des staatsbürgerlichen Lebens darstellen. Gerade dies, die Anschau-
ung des Lebens, vor allem auch desjenigen Lebens, das überhaupt keiner
össentlichen Ordnungmaßnahme untersteht, des geistigen, religiösen, trieb-
hasten Lebens, ist auch sür die Politik von schwerwiegender Bedeutung. Was
wäre das deutsche Volk, wenn es ebenso schön organisiert wäre wie es ist,
innerhalb dieser Organisation auch ebenso folgsam lebte wie es dies tut,
wenn dies alles aber so wäre insolge von völkischer Schwäche und matter
Fügsamkeit? Was wäre es ohne die moralische Krast, die psychologische
Festigkeit, den geistigen Halt, den wir an ihm lieben? Wohl ein blasser
Halbbruder des Volkes, das jetzt Siege ersicht. Ansre Gegner haben uns
vielfach für unsern blassen Halbbruder, für ein überdeterminiertes, über-
diszipliniertes Volk von Willensschwächlingen gehalten, — eine politische
Täuschung erster Ordnung. Wir wollen unsern Feinden gegenüber nicht
einen entsprechenden Fehler begehen. sms Wolfgang Schumann
Die ^Erweckten"
-ir alle waren bei Kriegsausbruch wohl mehr noch von der schlichten
^Selbstverständlichkeit als von der Begeisterung ergrissen, mit der
sich ein jeder, sei es zur Tat, sei es zum Entbehren willig zeigte.
Dem gab die Presse lauten Ausdruck, wiederum unter allgemeiner Zu-
stimmung. Aber man ging weiter. Man pries den Krieg an sich als einen
W-