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Kunstwart und Kulturwart — 28,4.1915

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Heft 23 (1. Septemberheft 1915)
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Weinel, Heinrich: Die deutsche Reichskirche
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Schumann, Wolfgang: Bücher der Zeit, 5: Allgemeines zum Studium fremder Länder
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https://doi.org/10.11588/diglit.14421#0175

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tischen deutschen Gesarntkirche verkündete, welche die „Besonderheiten und
Eigentümlichkeiten der deutschen Landeskirchen nicht vernichtet oder zer-
stört, welche jedem einzelnen kirchlichen Organismus sreudig und herzlich
das Seine läßt und dennoch die Verbindung und Vereinigung aller ein-
zelnen zu einer höheren Gesamtheit vollzieht"? Einst hat ein König von
Württemberg die Reichskirche in Anregung gebracht, ein Gothaer Regent,
der Erbprinz Hohenlohe hat sich des Gedankens angenommen, der Kaiser
hat sich in seierlicher Stunde in Gotha für ihn erklärt. Muß man heute
noch, wie einst Ullmann es tat, die Landessürsten seierlich beschwören,
endlich zur Tat zu schreiten? Und wer unter ihnen ist bereit, voranzu-
gehen? Oder wollen wir unsere Kirchenregierungen aufrufen, endlich alle
Bedenken beiseite zu lassen, die Gesahren zu vergessen, die jede Schöpfung
mit sich bringt, und dem Volke einmal ganz vertrauensvoll seine Sache in
die Hand zu geben, nachdem es gezeigt hat, was es zu leisten gewillt ist?
Oder endlich soll man das Volk ausrufen, insonderheit das Volk unserer
Gebildeten, das den Kunstwart liest? Zur großen Tat gehören alle zn-
sammen. Wer das Ziel will, der greife an und arbeite an seinem Platz.
Roch im Krieg müssen die großen Dinge begonnen werden, die ans
Leben kommen und das neue Deutschland schasfen sollen. Während draußen
Lie Kanonen donnern, dürsen wir nicht schlasen. Auch unsere Synoden
dürsen sich nicht verkriechen, sondern müssen tagen, den Volksnöten krästig
wehren und das neu erstehende Leben sammeln und pslegenl Das Goethe-
wort, das in diesen Tagen die Universität Iena dem Erben Karl Augusts
zugerufen hat, muß von allen zur Wahrheit gemacht werden, die durch die
Opfer dieser großen Tage hindurch ein schöneres Vaterland wollen schassen

helsen: Zwar hat der Ahnen würdiges Verdienst

Die goldnen Reife längst geslochten,

Doch nun ist's eigener Gewinnst:

Ihr habt das Recht daran erfochten.

Heinrich Weinel

Bücher der Zeit 5

Allgemeines zum Studium fremder Länder

^^^.olitik ohne Kenntnis des Auslandes wäre Astronomie ohne Fern-
(gläser. Wir liegen mit der halben Welt im Streit. Wer nicht schon
^^^Iahre aus das Studium sremder Völker verwendet hat, kann jetzt
in aller Eile nicht England, Frankreich, Italien, Iapan, Rußland und dazu
noch Osterreich und die Türkei zugleich „studiererK. Wer also abkürzen muß,
sür den scheint mir dieser Weg der richtige: ein sremdes Land so gründlich
kennen zu lernen, daß er dabei in sich die Fähigkeit entwickelt, hier wenig-
stens fremdes Wesen sich innerlich vorzustellen, bei einem Volke wenigstens
Organisation und Daseinsformen nach ihren wesentlichen Bestimmtheiten
zu beurteilen, und somit politische Kräste — das Wort ganz allgemein ge-
nommen — aus diesem Gebiete wenigstens einzuschätzen. Dies sind dann
„Anregungen", welche kleine Schriftchen nie so geben können, da sie
notwendig dies alles voraussetzen müssen. Eine eingehende Beschästi-
gung mit Rußland hat mir dies neuerdings wieder recht nahegelegt. Wie
 
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