Rußland irn 20. Iahrhundert, Berlin l908; M. Sering, Rußlands Kultur
und Volkswirtschaft, Leipzig und Berlin, sM; Vl. Solovjev, Die geistigen
Grundlagen des Lebens, Iena, (9(^(; L. Tolstoi, Religiös-ethische Flug--
schriften, 2 Bde., Iena ders., Kritik der dogmat. Theologie, 2 Bde.,
Iena (90^.; ders. Sozialethische Schristen, Bde., Iena (Diederichs); G.
Trubetzkoj, Rußland als Großmacht, Stuttg. (9(3; D. M. Wallace, Ruß-
land, 2 Bde., Würzburg (906; M. Zdziechowski, Die Grundprobleme Ruß-
lands, Wien (907 (antiquarisch).
Keine ParLeien mehr?
sIm zweiten Augusthest brachten wir einen Beitrag des Reichstags-
abgeordneten Werner, der die Frage nach der Zukunft unsres politischen
Parteiwesens und des Parlamentarismus überhaupt anschnitt. Heut lassen
wir einen Aufsatz des bekannten Tübinger Staatsrechtslehrers von Blume
im Anschluß daran solgen. Zugleich verweisen wir aus Blumes Aussührun-
gen über die „Bedeutung und Ausgaben der Parlamente" und die „Partei-
bildung« im ersten Band des „Handbuchs sür Politik^. Es versteht sich,
daß die ganze Frage für uns noch keineswegs „abgeschlossen" ist. Wir
wollen vielmehr in der Ofsentlichkeit das Verständnis dasür wecken helfen,
daß hier noch theoretisch wie praktisch ungelöste Fragen vorliegen, über
die nachzudenken wichtig ist. Wir glaubten, das in unsrer Vorbemer-
kung zu Werners Beitrag klar genug betont zu haben, sind aber doch miß-
verstanden worden, als wäre Werners Meinung unsre Meinung.
Wir werden auch in Zukunft diese Dinge weiter verfolgen. K.-LZ
was soll aus ihm werden
ganzes Volk diese Frage
ties bewegt. Denn ein Volk, das eine solche politische Leistung voll-
bringt wie diesen Krieg, kann nur mit Lkel an das öde Parteigezänk ver-
gangener Iahrzehnte denken.
Werden wir uns zunächst einmal über den Tatbestand klar. Was tadeln
wir an unserm Parteiwesen? Zweierlei, meine ich: erstens, daß die Par-
teien etwas andres sind, als sie zu sein vorgeben. Sie geben sich als die
Vertretungen von Staats-, wenn nicht von Weltanschauungen, und ver-
treten in Wahrheit irgendwelche Sonderinteressen, zumal solche wirtschast-
licher Art. Zweitens, daß sie, die dem Vaterlande dienen sollen, sich „un- ,
ritterlich und HLmisch^ bekämpsen und dadurch die guten Sitten des öffent-
lichen Lebens verderben anstatt sie zu fördern.
Will man diese Mißstände des Parteiwesens beseitigen, so gibt es ein
sehr einsaches Mittel: man beseitigt die Parteien. Wie das machen?
Wiederum sehr einsach: man beseitigt die Volksvertretung. Wollte Wer-
ner mit seinem Aufsatz im Kunstwart das verlangen? Aus den ersten Blick
scheint es sast so. Aber in Wahrheit meint er wohl, daß nur die Art
der Volksvertretung aufge-geben und an Stelle der jetzigen eine berufs-
ständische Vertretung eingesetzt werden solle.
Denn in der Tat: darauf, daß das Volk bei der Gesetzgebung und Ver-
waltung in irgendeiner Form mitwirke, wird heute schwerlich noch jemand
verzichten wollen. Nach diesem Kriege, der das politische Denken in den
weitesten Kreisen so mächtig geweckt hat, weniger denn je.
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und Volkswirtschaft, Leipzig und Berlin, sM; Vl. Solovjev, Die geistigen
Grundlagen des Lebens, Iena, (9(^(; L. Tolstoi, Religiös-ethische Flug--
schriften, 2 Bde., Iena ders., Kritik der dogmat. Theologie, 2 Bde.,
Iena (90^.; ders. Sozialethische Schristen, Bde., Iena (Diederichs); G.
Trubetzkoj, Rußland als Großmacht, Stuttg. (9(3; D. M. Wallace, Ruß-
land, 2 Bde., Würzburg (906; M. Zdziechowski, Die Grundprobleme Ruß-
lands, Wien (907 (antiquarisch).
Keine ParLeien mehr?
sIm zweiten Augusthest brachten wir einen Beitrag des Reichstags-
abgeordneten Werner, der die Frage nach der Zukunft unsres politischen
Parteiwesens und des Parlamentarismus überhaupt anschnitt. Heut lassen
wir einen Aufsatz des bekannten Tübinger Staatsrechtslehrers von Blume
im Anschluß daran solgen. Zugleich verweisen wir aus Blumes Aussührun-
gen über die „Bedeutung und Ausgaben der Parlamente" und die „Partei-
bildung« im ersten Band des „Handbuchs sür Politik^. Es versteht sich,
daß die ganze Frage für uns noch keineswegs „abgeschlossen" ist. Wir
wollen vielmehr in der Ofsentlichkeit das Verständnis dasür wecken helfen,
daß hier noch theoretisch wie praktisch ungelöste Fragen vorliegen, über
die nachzudenken wichtig ist. Wir glaubten, das in unsrer Vorbemer-
kung zu Werners Beitrag klar genug betont zu haben, sind aber doch miß-
verstanden worden, als wäre Werners Meinung unsre Meinung.
Wir werden auch in Zukunft diese Dinge weiter verfolgen. K.-LZ
was soll aus ihm werden
ganzes Volk diese Frage
ties bewegt. Denn ein Volk, das eine solche politische Leistung voll-
bringt wie diesen Krieg, kann nur mit Lkel an das öde Parteigezänk ver-
gangener Iahrzehnte denken.
Werden wir uns zunächst einmal über den Tatbestand klar. Was tadeln
wir an unserm Parteiwesen? Zweierlei, meine ich: erstens, daß die Par-
teien etwas andres sind, als sie zu sein vorgeben. Sie geben sich als die
Vertretungen von Staats-, wenn nicht von Weltanschauungen, und ver-
treten in Wahrheit irgendwelche Sonderinteressen, zumal solche wirtschast-
licher Art. Zweitens, daß sie, die dem Vaterlande dienen sollen, sich „un- ,
ritterlich und HLmisch^ bekämpsen und dadurch die guten Sitten des öffent-
lichen Lebens verderben anstatt sie zu fördern.
Will man diese Mißstände des Parteiwesens beseitigen, so gibt es ein
sehr einsaches Mittel: man beseitigt die Parteien. Wie das machen?
Wiederum sehr einsach: man beseitigt die Volksvertretung. Wollte Wer-
ner mit seinem Aufsatz im Kunstwart das verlangen? Aus den ersten Blick
scheint es sast so. Aber in Wahrheit meint er wohl, daß nur die Art
der Volksvertretung aufge-geben und an Stelle der jetzigen eine berufs-
ständische Vertretung eingesetzt werden solle.
Denn in der Tat: darauf, daß das Volk bei der Gesetzgebung und Ver-
waltung in irgendeiner Form mitwirke, wird heute schwerlich noch jemand
verzichten wollen. Nach diesem Kriege, der das politische Denken in den
weitesten Kreisen so mächtig geweckt hat, weniger denn je.
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