Wirtschaftsindividualisinus in vielen Stücken zu einem viel weitergehenden
„Sozialismus" sich entschließen mußte oder teilweise wollte, als Deutsch-
land, in dem die staatssozialistische Theorie und Praxis viel weiter vor-
geschritten waren. Wir haben in der Lrnährungsfrage und für die Be«
schaffnng der gewerblichen Rohstoffe Anternehmungen geschaffen, die man in
manchem Sinn als „sozialistisch" ansprechen kann, wenn man auch aus guten
Gründen auf die gewisse Biegsamkeit der privatkapitalistischen Form keines--
wegs verzichten wollte. Man vertraute im übrigen auf die Wirksamkeit
der „englischen", der liberalen Wirtschaststheorie, daß die möglichst freie
private Initiative die „Anpassung" an das neue Wirtschaftsleben, an den
neuen „Markt" von selber besorgen werde. Und hat sich darin nicht ge«
täuscht.
England dagegen, unter der Nachwirkung der Smith, Peel und Cobden
das Land des Freihandels, der Gewerbefreiheit, der Volkswirtschaft ohne
Staatskontrolle, hat sich vor die größten staatssozialistischen Aufgaben
gestellt gesehen und sie teilweise zu lösen versucht. Der englische Staat
kauft im vorigen Sommer die Rohzuckerernte der Welt auf (da der deutsche
Rübenzucker ausbleibt), er verstaatlicht bis zu einem Teilbetrag die See-
transportversicherung, er monopolisiert die Weizenausfuhr aus Indien,
er unterstellt das gesamte Kohlenausfuhrgeschäft der politischen Kontrolle.
Aber der Staat geht noch weiter. In einem Maße, wie wir es nicht
kennen, wie es aber der englischen Aberlieserung geradezu ins Gesicht
schlägt, will er die gewerbliche Erzeugung leiten. Er macht den Versuch,
freilich mit dilettantischem Optimismus, aus dem Nichts eine staatliche
Farbenfabrik zu schaffen und will sich das 20, ja 30 Millionen Beteiligung
kosten lassen — aber der Plan zerschlägt sich, weil die englischen Baumwoll--
fabrikanten zu individualistifch denken. Sie follten sich, um die Rentabilität
des Nnternehmens zu sichern, verpslichten, ihre Farben auch nach dem
Krieg hier zu kausen, sie sind aber mißtrauisch und überzeugt, daß sie von
ihren deutschen Lieseranten besser bedient werden.
Am eindrucksvollsten sind ja dann in dieser Kette die Bemühungen ge-
worden, die der Munitionssicherung dienen. Wir können, wenn wir uns
der Kläglichkeit des Gejammers im ganzen Kreis unserer Feinde erinnern,
wahrhaft stolz sein auf die Selbstverständlichkeit, mit der in Deutschland
gearbeitet und nicht geredet wurde. In der Munitionsbill steckt die
„sozialistische" Rücksichtslosigkeit, die Lloyd George im Frieden von seinen
Gegnern zum Vorwurs gemacht wurde, die ihn aber jetzt bei denselben
Leuten zum wahren Retter des Vaterlandes werden läßt. Was ist hier
geschaffen? Die Regierung kann Geschäftsräume requirieren, die für
Munitionsfabrikation geeignet sind. Sie legt ein „Nationalregister" an,
um zum Arbeitsdienst pressen zu können. Sie hebt das Streikrecht der
Arbeiter auf, bestimmt einen staatlichen Strafentarif für ungenügende, sür
versäumte Arbeit, unterstellt den Arbeiter einem obligatorischen Schieds-
gericht. Der Arbeiter — man denke: der englische Gewerkschaftler! — muß
auf seine langerkämpften Rechte und Gewohnheiten verzichten, mit Nn-
gelernten, mit Frauen zufammenarbeiten; man versucht, die Bergarbeiter
unter die Munitionsbill zu zwingen, um damit durch Strafgesetze der
ewigen Schwierigkeiten in den Kohlengebieten Herr zu werden. Den Arbei-
tern aber verspricht man dafür zu sorgen, daß die Anternehmer keinen zu
großen Profit einstecken — wie dabei verfahren werden soll, ist noch nicht
ersichtlich.
„Sozialismus" sich entschließen mußte oder teilweise wollte, als Deutsch-
land, in dem die staatssozialistische Theorie und Praxis viel weiter vor-
geschritten waren. Wir haben in der Lrnährungsfrage und für die Be«
schaffnng der gewerblichen Rohstoffe Anternehmungen geschaffen, die man in
manchem Sinn als „sozialistisch" ansprechen kann, wenn man auch aus guten
Gründen auf die gewisse Biegsamkeit der privatkapitalistischen Form keines--
wegs verzichten wollte. Man vertraute im übrigen auf die Wirksamkeit
der „englischen", der liberalen Wirtschaststheorie, daß die möglichst freie
private Initiative die „Anpassung" an das neue Wirtschaftsleben, an den
neuen „Markt" von selber besorgen werde. Und hat sich darin nicht ge«
täuscht.
England dagegen, unter der Nachwirkung der Smith, Peel und Cobden
das Land des Freihandels, der Gewerbefreiheit, der Volkswirtschaft ohne
Staatskontrolle, hat sich vor die größten staatssozialistischen Aufgaben
gestellt gesehen und sie teilweise zu lösen versucht. Der englische Staat
kauft im vorigen Sommer die Rohzuckerernte der Welt auf (da der deutsche
Rübenzucker ausbleibt), er verstaatlicht bis zu einem Teilbetrag die See-
transportversicherung, er monopolisiert die Weizenausfuhr aus Indien,
er unterstellt das gesamte Kohlenausfuhrgeschäft der politischen Kontrolle.
Aber der Staat geht noch weiter. In einem Maße, wie wir es nicht
kennen, wie es aber der englischen Aberlieserung geradezu ins Gesicht
schlägt, will er die gewerbliche Erzeugung leiten. Er macht den Versuch,
freilich mit dilettantischem Optimismus, aus dem Nichts eine staatliche
Farbenfabrik zu schaffen und will sich das 20, ja 30 Millionen Beteiligung
kosten lassen — aber der Plan zerschlägt sich, weil die englischen Baumwoll--
fabrikanten zu individualistifch denken. Sie follten sich, um die Rentabilität
des Nnternehmens zu sichern, verpslichten, ihre Farben auch nach dem
Krieg hier zu kausen, sie sind aber mißtrauisch und überzeugt, daß sie von
ihren deutschen Lieseranten besser bedient werden.
Am eindrucksvollsten sind ja dann in dieser Kette die Bemühungen ge-
worden, die der Munitionssicherung dienen. Wir können, wenn wir uns
der Kläglichkeit des Gejammers im ganzen Kreis unserer Feinde erinnern,
wahrhaft stolz sein auf die Selbstverständlichkeit, mit der in Deutschland
gearbeitet und nicht geredet wurde. In der Munitionsbill steckt die
„sozialistische" Rücksichtslosigkeit, die Lloyd George im Frieden von seinen
Gegnern zum Vorwurs gemacht wurde, die ihn aber jetzt bei denselben
Leuten zum wahren Retter des Vaterlandes werden läßt. Was ist hier
geschaffen? Die Regierung kann Geschäftsräume requirieren, die für
Munitionsfabrikation geeignet sind. Sie legt ein „Nationalregister" an,
um zum Arbeitsdienst pressen zu können. Sie hebt das Streikrecht der
Arbeiter auf, bestimmt einen staatlichen Strafentarif für ungenügende, sür
versäumte Arbeit, unterstellt den Arbeiter einem obligatorischen Schieds-
gericht. Der Arbeiter — man denke: der englische Gewerkschaftler! — muß
auf seine langerkämpften Rechte und Gewohnheiten verzichten, mit Nn-
gelernten, mit Frauen zufammenarbeiten; man versucht, die Bergarbeiter
unter die Munitionsbill zu zwingen, um damit durch Strafgesetze der
ewigen Schwierigkeiten in den Kohlengebieten Herr zu werden. Den Arbei-
tern aber verspricht man dafür zu sorgen, daß die Anternehmer keinen zu
großen Profit einstecken — wie dabei verfahren werden soll, ist noch nicht
ersichtlich.