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Kunstwart und Kulturwart — 36,2.1923

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Heft 8 (Maiheft 1923)
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Haës, K. W.: Henri Rousseau
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Arno Nadel: Der Ton
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https://doi.org/10.11588/diglit.14438#0075

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trags haben, denn so bald wird kein Maler wieder das Ilnbetretene betreten,
der wieder empfindet, wie er, wie die wandernde Horde von Furcht und
Begehren getriebener Urmenschen. Einmal wollte das Schicksal uns Grauen
und Größe, Furchtbar- und Herrlichkeit dem Untergang gewidmeter Urwelt
im Spiegel unverschütteten Empfindens noch zeigen, rein gestaltet zu er-
greifender Sichtbarkeit. Da sandte sie Henri Rousseau hinaus. K. W. Haes
Das mehrfach genannte Buch „Henri Rousseau" von Wilhelm Ahde ge«
hört der Reihe „Künstler der Gegenwart" aus Rudolf Kaemmerers Verlag
an und enthält vortreffliche Netzätzungen. Wir verdanken dem gütigen
Entgegenkommen des Verlags Kaemmerer die Möglichkeit, zwei der Bilder
in diesem Hefte wiederzugeben, und empfehlen das liebenswürdige Werk hier
der besonderen Aufmerksamkeit unserer Leser. Das Buch von Kolle wurde
im Märzheft des Kunstwarts besprochen.

Arno Nadel: Der Ton*

G

esang ist ganz bei dir, du kleine Blume.
Du schaust mit unsichtbaren Augen auf,
Ganz Stille, 'Lust und Zartheit.

And ich — nur Ach ist all mein Wort.

Rur einen Augenblick du sein,

Wie mich das kühlte.

Nun aber soll ich wissen,

And du sollst sein.

Nur wenns rm Zwischendasein hilfreich leuchtet,
Dann bin ich du.

And du, mein Liebchen, blickst mich an,

Aus deinem tzerzen zieht es her,

Ist nun das Ende da?

Ia, alles ists, halt an und fühle
And werde klein und nah wie ihre Seele.

(M, 23H.)


„Nun aber soll ich wissen, und du sollst sein". Dieser Zwiespalt, den
der Mensch innerhalb der Schöpfung darstellt, durchzieht das ganze Buch.

Ich bin so da, wie eine Brut von Käfern,

Ich bin nun einmal da — zu meiner Lust. (7(, l76.)

O, wüßt ich, Gott,

Wie ich vor dir in Wahrheit bin!

Der Menfch ist diese Welt
And weiß von sich die Hälfte nur.

Das Andere aber schwebt und ist in Gott,

And wird ihm niemals klar. ((75, 26^.)

Nahe kommt er ihm, kommt er dem „Ton" nur durch den Sprung in
die tiefe Schau. Die Messerschneide des Augenblicks, von dem keine fesseln^-
den Kausalitätsfäden nach Vergangenheit oder Zukunft verlaufen, der
Zenith eines Pulsschlages ist der Ton.

^ Insel-Verlag 733 S. Dünndruck; Leinen.

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