Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstwart und Kulturwart — 36,2.1923

DOI Heft:
Heft 12 (Septemberheft 1923)
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Antwort: [auf: Kunst, Schrifttum und Musik dieser Zeit]
DOI Artikel:
Lose Blätter
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14438#0260

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
dings die Menschen vielleicht tiefer packen, wie dies denn ihr Wesen ist,
entweder ins letzte Innere zu dringen oder eigentlich gar nicht zu wirken.
And in diesem Sinne, daß sie schon Menschen formt, schon innere Ent-»
wicklungen umlenkt, während etwa die bildende Kunst zumeist noch immer
teils Augenerlebnis, teils Anregung und Antastung bringt, in diesem
Sinne mag vielleicht die neue Musik heute „führend" sein. Möge sie es
im tiefsten werden! und z. B. nicht die Heutigen in die snobistische Illu-
sion einer neuen „Gemeinschaft" hineinlocken, die es nicht wahrhaft gibt
und so bald nicht geben wird...

Doch Sie haben Recht! Dies entzieht sich einigermaßen der genauen
Abschätzung, und sie ist auch nicht wichtig. Entscheidend ist, was Sie ja auch
betonen: äußerliche tzemmungen und tzindernisse für das Sich-Aus-
wirken heute geschaffener, starker, echter Musik müssen wir mit allen
Kräften wegzuräumen trachten. Es ist zwar nur das uralte Spiel der un»
geistigen Kräfte, wenn Sortimenter, Agenten, Kuratorien, Intendanten und
Konzertvorstände sich zwischen Kunst und Menschtum der Zeit schieben;
es ist wahrhaftig weder überraschend, noch neu, noch unbegreiflich, noch
unwahrscheinlich, daß es so geschieht. Aber eben darum wissen wir auch,
was wir zu tun haben.

Mit dem „Kunstwart" beabsichtigte ich denn in der Tat keineswegs,
einer programmatischen Nichtung ein „Organ" zur Verfügung zu stellen
oder einer solchen einen „Presse-Erfolg" im vorhinein zu bereiten, wohl
aber: ein guter Mittler zu sein. Mittler des Funkens zwischen Leben
und Kunst, wie auch Sie es aussprechen. Dazu ist Ihr schöner offenev
Brief ein Auftakt, sür den ich danke und glaube, auch im Namen der Leser
des Kunstwarts danken zu dürfen. Ein Auftakt! Mehr und anderes muß
folgen. Wollen Sie, verehrter tzerr Bekker, dazu den Stab, will sagen:
die Feder ergreifen? Denn nun müssen Namen genannt werden, die
Sie in Ihrem Brief mit Bedacht noch ungenannt lassen, und nicht nur
genannt! And es müssen Werke genannt und womöglich gezeigt und Mög-
lichkeiten eröfsnet und angekündigt und Ereignisse kritisch gedeutet werden.

Wollen Sie? Noch wärmeren Dank werden Sie dann erwerben von
uns allen und vor allem von Ihrem ergebenen Wolfgang Schumann

Gedichte von Marianne Bruns

Einsame Dichterin.

Einsamkeit, kühl-kühles Meer, kü^hle Flut,
wiege mich Wasserweib hin
an Vinetas erzenes Tor,

daß ich die Schlummernde mir zum Spiele erwecke,
verschränkte Zaubermale zeichnend
mit feuchtem Gefinger.

»König Iurko, auf, wache auf!«

Zum Schwerte blitzt seine tzand,

seine Zähne blitzen.___

* Aber die abgedruckten Stücke bitten wir die Bemerkungen am Schluß des
tzeftes nachzulesen.

232
 
Annotationen