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Kunstwart und Kulturwart — 36,2.1923

DOI Heft:
Heft 9 (Juniheft 1923)
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Der Geist des Werkes im Werk des Geistes
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Fuchs, Emil: George Fox und die Quäker
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https://doi.org/10.11588/diglit.14438#0115

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— eines „Wissens" wollen wir uns noch nicht rühmen! —, ahnen auch wir
etwas: Das Werk des Geistes, Werk reinen, programmfernen, erlebenden,
weltumfassenden, welterschließenden Geistes, der sich ihm gemäß ausdrückt,
wird den Geist des Werkes bestimmen, in dem plöhlich die Kunst vor unser
aller Augen auferstanden sein wird. Wir ahnen noch mehr: Das Ereignis
wird Symbol so mancher Auferstehung sein, deren wir nach Anarchie und
Chaos in unserm Erblande harren. Wolfgang Schumann

George Fox und die Quäker

ine kleine Gemeinschaft von etwa zweihunderttausend Mitgliedern hat
in den letzten Iahren eine Bedeutung für die Welt gewonnen, wie
sie keine der großen Kirchen mehr hat. In einem Maße hat sie Liebe,
Hilfe und Verstehen über die Abgründe des Völkerhasses und der Politik
hinübergetragen, wie es niemand anders gelungen ist. Anter den not-
leidenden Ländern ist keins, wo nicht der Name der Quäker mit Ver-
ehrung genannt wird bis zu jenen Kreisen hin, die von Religion nichts
mehr wissen wollen. Es gibt kein Land des Siegerübermutes, wo nicht
die Quäker und ihre Freunde einen tapfern Kampf gegen ihn führen.

Was sind das für Leute, die in kleiner Schar solche Kraft entwickeln
können? Wo ruht ihre Kraft.

„Vielleicht der beachtenswerteste Augenblick in der neueren Geschichte
ist . . . .ein Augenblick, an dem die meisten Geschichtsschreiber glerchgültig
vorübergehen. . . jenes, da George Fox sich ein Kleid von Leder machte",
sagt Thomas Carlyle (Sartor Resartus).

„Da sitzt er in seiner Werkstatt, arbeitet mit gegerbten Fellen, zwischen
Zangen, Kleisterspateln, Pech, Schweinsborsten und einer unaussprechlich
schönen Masse von Kehricht. Dieser Iunge hatte trotzdem einen lebendigen
Geist in sich und dazu ein altes, gottgeschriebenes Buch, durch welches er,
wie durch ein Fenster, aufwärts schauen und sein himmlisches Heim er-
kennen konnte.... Mitten zwischen dem Bohren und Hämmern kamen
Töne von diesem fernen Lande, kam Glanz und Schrecken; denn dieser
arme Schustergeselle war, wie gesagt, ein Mensch; und der Tempel der
Unendlichkeit, in dem zu dienen er als Mensch gesendet war, war für ihn
voll heiligen Geheimnisses."

Nun hat er sein Ledergewand gefertigt. Rm Kleidung braucht er nicht
mehr zu sorgen. Die Sorge um die Nahrung überläßt er denen, denen
er wert geworden ist durch das, was er darbietet. So zieht er in die Welt,
läßt noch ganz stark und ganz kindlich sich leiten von jenen Strömungen
und Bewegungen, die vor aller Verarbeitung durch den Verstand aus
der Außenwelt durch uns fluten. — Wie klar und fein empfindet dieser
Iüngling — und später dieser Mann und Greis — den Ton, der aus
der Außenwelt zu ihm klingt. Der Mensch, der ihm begegnet, das
Haus, das er betritt, senden ihm ihren Ton, ihren Geruch entgegen. Durchs
Menschenangesicht leuchtet ihm ein Tiergesicht entgegen, und Schicksal,
ernstes, schweres Schicksal redet zu ihm aus den Menschen. Als er zum
letzten Male vor dem Tode des Gewaltigen Cromwell begegnet, da geht
ein Geruch des Todes für ihn vor dem Manne her und gar oft zeigt ihm
solch ein Gesicht oder eine innere Bestimmtheit Schicksale an, gar oft wird
durch solch ein Gesicht, einen Ton, eine Bewegung sein Handeln bestimmt,
ohne daß er verstandesmäßig Rechenschaft geben kann, warum er das

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