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Kunstwart und Kulturwart — 36,2.1923

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Heft 12 (Septemberheft 1923)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre losen Blätter, Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14438#0287

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die der Kellner und Barbiere enthält.
Aber ebensowenig wie Zhnismus
Gerneinheit ist — der Kunstwart hat
in der letzten Zeit hervorragend edle
und großgedachte Lehren von griechi-
schen Zynikern abgedruckt! —, sondern
eine ernste und echte Philosophie, so
wenig ist Mhstik eine unqualifizierbare
Torheit. Torheit ist es allein, mit dem

Worte Mhstik jemand beschimpfen zu
wollen. Amklarheit ist Unklarheit, Ge-
dankennebel ist Gedankennebel, Phan-
tastik ist Phantastik — es stehen genug
Scheltworte frei! Aber Mhstik ist eine
religiöse Weltanschauung, der man lie-
ber Schutz angedeihen lassen sollte als
daß man sie in Schimpfereien hinein-
zerrt. H. H.

Unsre Losen Blätter, Bilder und Noten

<?^ie Gedichte von Marianne Bruns und Werner Illing veröffent-
^lichen wir unmittelbar nach der Handschrift.

Aus dem zweibändigen Werk „Die Äachsokratiker" (Berlag Gugen
Diederichs, Iena) bringen wir heute zum zweitenmal ein paar Proben,
vorwiegend aus dem Kreise! der Stoiker. Stoizismus: vielleicht die weitest-
hin wirksame Sitten- und Lebensanschauungslehre des Altertums, von
Zenon (um 300 v. Chr.) bis zu Epiktetos (um 100 n. Chr.) und zu dem Kaiser
M. Aurelius hin durch fast 500 Iahre ständig von bedeutenden Persönlich-
keiten vertreten, durchdacht und erneuert. Schon in Griechenland tief wirk-
sam, im kaiserlichen Rom die herrschende vorchristliche, das Christentum durch
ihre Humane Cthik vorbereitend. Verwandt vielen heutigen Gesinnungen und
in manchen Ausprägungen unserer Zeit geradezu geläufig. (W. Illings Auf-
satz über Aichttragisches Leben, im vorigen Kunstwart, enthielt stoizistische Klänge.)
Zweifellos aus dem Wortlaut überlieferter Schriften und Aufzählungen nicht
restlos erkennbar: Intuition in die stoische Grundstimmung erst hilft zu
völligem Verständnis. W. Nestles Zweibänder bringt stoische Zeugnisse
in reicher Fülle. Wan wandert den Gedankengängen ungezwungen nach, von
keiner Anebenheit der Abersetzung gestört. N.s Linleitung im ersten Band gibt
einen sachlichen, sorgfältig-vorsichtigen Aberblick. Der 2. Teil der Cinleitung
und des 2. Bandes gilt den Skeptikern, der neueren Akademie, Philon, den
Aeu-Phthagoreern, den Neuplatonikern bis zu Boethius. Ls lohnt sich voll-
auf das Studium dieser Partien. Indes nicht mehr so sehr um lebendigen
Gehaltes willen, als aus geschichtlichen Gründen. War Philosophie ehdem
Lebensbeherrscherin, so wurde sie allmählich Gelehrtensache. Die klare Knapp-
heit trübt sich in der Problemstellung. Mysterisches, Religiöses dringt ein,
verflachende Nachsinnerei und Spitzfindigkeit, unschöpferisches Ilm- und um-
arbeiten wuchert. Große Prägung weicht überfülliger Kasuistik, Stimmung-
klänge wuchern über sinndurchdrungene Lehre. Zugunsten der Kirche dankt
zuletzt freies Denken ab. — Das wertvolle, großangelegte Gesamtwerk Nestles
(vier Bände) ist ein mit größtem Geschick geschaffener Spiegel unvergänglichen
Geisttums und seiner Cntwicklung.

Die Legende vom furchtsamen Hasen, die wir abdrucken, stammt aus Herm.
Oldenbergs „Reden des Buddha" (K. Wolff, München); auf dieses ent-
zückende Buch haben wir schon kürzlich hingewiesen, das eine der glücklichsten
Einführungen in den Buddhismus ist. Die lustige Erzählung gehört zu jenen
fast vom Zweck schon losgelösten, die sich um die Gestalt des Meisters als Ara-
besken der Verehrung seiner Weisheit nnd Lugend ranken. Wir betonen noch-
mals, daß das Schwergewicht von Oldenbergs Buch nicht in Gedichten und Cr-
zählungen, sondern in den Lehrstücken liegt, von denen wir indes keine Probe
bringen, da diese sich nicht leicht herauslösen, sondern besser einem eindring-
licheren Studium vorbehalten bleiben.

»Hsnsere farbige Beilage bietet das Bild von Iesu Auferstehung aus Grüne-
^walds Isenheimer Altar. In Paul Schubrings Lext zur Grünewald-

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