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Kunstwart und Kulturwart — 36,2.1923

DOI Heft:
Heft 9 (Juniheft 1923)
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Der Geist des Werkes im Werk des Geistes
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https://doi.org/10.11588/diglit.14438#0112

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Der Geift des Werkes im Werk des Geistes

formelhafter Zuspitzung ist kürzlich hier ausgesprochen worden,
F / daß die letztvergangenen Iahrzehnte, da man an der anspruchvollen
^"^^und ausdruckstarken Technik des eigentlichen „Naturalismus" achtlos
vorüberging, auf literarischem Gebiet eine „als Kunst verflachte", nur fein-
sinnige und gehaltvolle, anständige und reiche, kultivierte und horrzontweite
„bestenfalls feinsinnig-gedankenreich kultivierte »Literatur«" hervorgebracht
haben. Solcher Gegensatz zwischen Kunst, hier Dicht-Kunst, einerseits nnd
nur-Literatur anderseits wnrde nicht aufgestellt, um etwa einer neuen natu--
ralistischen Bewegung das eröffnende Wort zu reden; die wird kommen^
wenn ihre weltgeschichtliche Stunde schlägt, und man wird dann die ver-
sandete von gestern suchen gehen, wie Irrende heute Negerplastik und
„gotische" Kunst suchen zur Stütze und Bestätignng, vermntlich auch Kräfti-
gung ihres unschöpferischen Geistes. Ich stellte den Gegensatz auf zunächst,
nm dem echten Naturalismus, soweit mein Wort reicht, die Ehre zu geben,
die ihm allzu oft versagt blieb. Dann aber um dessentwillen, was nun gesagt
sei. Denn es war ein Vorgang von tiefer prinzipieller Bedeutung, als der
Kunst abgesagt wnrde um der Literatnr willen . . .

Rudolf tzans Bartsch ist einer der kennzeichnendsten Mit-Lrzeuger der
feinsinnigen, gehaltvollen, kultivierten Literatur dieser Zeit. Ich sage das
ganz ungescheut. Literarische Kreise, welche die Eleganz und Grazie seines
Stils beneiden und umso schärfer die harmlose Naivität seiner Komposition
ankreiden, seine echten Tiefen verkennen und seine (vielleicht ihm wohlbe-
wußte) Oberflächlichkeit in manchen wichtigen Fragen übertreibend als Kenn-
zeichen des ganzen Mannes ausschreien, solche Kreise erklären ihn seit langem
für eine Art Golem der Besseren. Vollends sein letztes Buch, „Seine Iüdin"
genannt, geht ihnen mit dem sogenannten „Iudenproblem" nicht nur zu sum-
marisch um, sondern scheint ihnen wohl gar sakrilegisch nach beiden Seiten,
indem er darin das Iudentum einerseits, das Ariertum anderseits auf recht
einsache Formeln bringt; einfache Formeln aber verletzen den auf die geist-
reich umrissene und begutachtete, mit Leid erfahrene, vieldeutige Vollwesen--
heit gerichteten Sinn; nnd es ist wahr! zunächst setzt „Seine Iüdin" mit -einer
hinreißend echten Liebesgeschichte zwischen Iüdin nnd Offizier ein, die alle
schlichten Erkenntnis-Intnitionen eines lebendigen, fühlend-wissenden Men-
schen hinlegt, dann aber verhüllen die Götter der Menschen- und Rassen-
Erkenntnis ebenso rasch und entschieden ihr Angesicht wie der Dämon der
erzählerischen Zucht und Form. Dennoch! mit seinem gesamten Lebenswerk
gehört Bartsch dieser Zeit ganz tief an. Im letzten prinzipiellen Sinn steht

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Iuniheft 1923 (XXXV!, 9)

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