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Kunstwart und Kulturwart — 36,2.1923

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Heft 11 (Augustheft 1923)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14438#0245

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sequenter gelöst werden kann, gelöst
durch vollbewußtesAuswerten der wun-
dervollen Batik-Lechnik. Sie arbeitet
nicht wie viele andere mit bloßen reiz-
vollen Zufälligkeiten, sondern sie schafft
aus einer absoluten künstlerischen Vor-
stellung heraus und gibt Farben-Ge-
füge und rhythmische Formen-Bewe-
gung als einen Klang, den man „mo-
dernen deutschen Ornament-Stil" nen-
nen könnte. Wenn trotzdem von jedem
Batik-Stück etwas wie ein „orientali-

sches Gefühl" ausstrahlt, so liegt das
an der Technik selbst, die technisch ein
absolutes Zeichnen — was man gern
deutsch nennt — weniger als das
Malen zuläßt. Wenn die Batur Ba-
tiken wachsen lassen würde, wie sie bunte
Schmetterlinge und farbig schillernde
Schlangen wachsen läßt, so würde sie
Batik so selbstverständlich entstehen las-
sen, wie Erika Hauptmann sie schafft.

Karl Hanusch

Ansre Bilder und Losen Blätter

^M^-lautus! — Den Namen kennen wohl Viele, vielleicht Alle, die durch
Meine erträgliche Schule gingen. Doch das Werk des Mannes ist dieser
Zeit unbekannt. Ein großer, ein unbegreiflicher Verlust. Denn von den
annähernd zwei Dutzend Komödien, die Plautus schrieb, ist ein beträchtlicher Leil
so quicklebendig, so zeitlos-unsterblich, wie nur Shakespeares beste Komödien sind.

Wir sind freilich in einen großen Fehler verfallen, der uns auch sonst man-
cherlei gekostet hat. Wir haben den Plautus einem Geschlecht überlassen, das
ihn nicht lieben konnte, dem Geschlecht der Philologen. Kein Wort gegen die
Philologen!, solange sie Lexte emendieren und konjizieren, saubere und voll-
ständige Texte, lesbare Texte, sinnvolle Lexte herstellen und das Wissen er-
arbeiten, ohne das dieses Handwerk nicht betrieben werden kann. Indes, wer
an Plautus herankommen will, der bedarf mehr! er muß fröhliches Blut und
leichtbewegliche Lachmuskeln, Theatersinn und Gestaltenlust mitbringen und
den gedankenreichen Ernst mit beschwingtem Spürsinn vertauschen. Schon
an diesem fehlt es den Philologen zumeist. Und dann ist da noch ein Punkt,
ein sehr düsterer Punkt. Plautus ist nämlich sehr unanständig! geradezu gemein!
frivol! zynisch! Ein Schw. . .! Amd das hat unsere Philologen sehr betreten
gemacht, insonderheit, soweit sie die edle Einfalt und stille Größe der Antike
in allen Zeugnissen des Altertums suchten. Sie haben aus dem Konflikt
zwischen dem gesuchten Ideal und der eigentlich ganz offenkundigen Leicht-
fertigkeit des Plautus einen Ausweg gefunden: man „deutete" die Texte solange,
bis das „Anstößige" Hinausgedeutet war; man schloß die Augen, bis man
dafür blind geworden war. Aber nun blieb freilich eine bloße Plautus-Ruine
übrig, ein dürftig-schmächtiger Possenschreiber — und war doch einmal ein
großer Komödien-Schreiber gewesen!

Wir sind heute von der Ruine erlöst! Wir haben Plautus wieder! Lud-
wig Gurlitt hat (in vier Bänden, erschienen im Propyläen-Verlag, Berlin)
„Die Komödien des Plautus" in neuer eigner Abersetzung heraus«
gegeben. Es ist eine Tat. Ehrenrettung des Philologengeschlechts, denn auch
G. ist Philologe; und — endlich! — die Wiedergeburt des echten Plautus!
Das heißt: Stücke, so herzbrechend lustig, daß man einfach nicht wieder los-
kommt, wenn man sich ein wenig eingelesen hat; und in ihnen die griechisch-
römische Alltagwelt, die ganz ohne edle Einfalt und stille Größe ist, vielmehr
ein höchst menschlich-allzumenschliches Treiben von freien Leuten und ihren
Sklaven in der gewohnten Luft harmloser Bürgerlichkeit. Stücke, aufgebaut
auf allen Komödien-Anlä'ssen, die einer von hohen Gedanken unbeschwerten,
urlustigen Phantasie nur einfallen, auf Verwechslung und Betrügerei, auf
raffiger Gier und tölpligem Angeschick, auf List und Vermummung, auf blindem
Geschlechtstrieb und energischer Klugheit. And in diesen Stücken Menschen,
welche freilich „Heiden" waren; welche noch gar nicht wußten, daß Triebleben

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