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Kunstwart und Kulturwart — 36,2.1923

DOI Heft:
Heft 9 (Juniheft 1923)
DOI Artikel:
Hahnewald, Edgar: Mit der Angel an der Röder
DOI Artikel:
Bartsch, Rudolf Hans: Aus Rudolf Hans Bartschs "Froher Botschaft des Weltkindes"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14438#0127

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Schnur gibt nach und holt wieder bei. So wird der Fisch herangedrillt. Mus
dem Mscher schnellt er mit einem Verzweiflungssprung noch einmal klat«
schend in die Flut zurück.

Dann liegt er im Grase. Schlank und grau. Mit starrenden Augen, mit
blutenden Kiemen und sich schmerzvoll windend. Anter einem Schlage auf
den Kopf verzuckt er.

So starb der Hecht in der friedsamen Kühle des Sommerabends unter
einer lichtgefiederten Esche. Wir betrachteten seinen Räuberrachen, der wie
eine Reisetasche viereckig aufklappt, wenn der Hecht auf sein Opfer stößt.

Wir tranken einen Schluck Rum über dem Toten. Dann legten wir
Hechtgabeln und Aalhaken sür die Nacht. Es dunkelte schon und im Wasser
schnalzten die Fische.

Aus Rudolf Hans Bartschs „Froher Botschaft des

Weltkindes^ *

ott". Das ist freilich nur ein Wort. Und wir nehmen es bloß, weil
U^^es älter und inniger ist, als alle anderen. Lin persönlicher Gott wäre
»^-ü^der lächerlichste Götzengedanke. And dennoch: sein größtes Geheimnis
ist, daß er von uns gewollt sein will. Sonst ist er nie gewesen.

Wir müssen ihn anrusen. Rnd wer betete ihn nicht an, der je mit
Staunen erkannte, wie er sogar im niederträchtigsten aller Wesen, im Men«
schen, sich immer wieder zur Liebe, zum Frieden, zur Güte emporhebt?
Er, der tausendmal bis in alle Meerestiefen des tzasses Gestoßene, — Er,
der ewig leuchtend Auftauchende!

Mußt du nicht, wenn du diese erlauchteste der Kräfte einmal geahnt hast,
rufen: „Vater! Führe mich!"? ^

Tu's und sei Gottes unbewußtes Kind immerdar, und du ziehst das Glück
an, wie ein Magnet!

Ah! Du willst ihn nicht, obschon die Mathematik der Sterne oder gar
die den Harmonischen Klangabständen genau gleichen Planetenentfernungen
dich mit Gottvertrauen erfüllen müßten? Du bist unreligiös von Ratur?
Unreligiosität! Du: das ist bloß der Mangel an Rmgangsformen mit der
Weltfeele.

Also Frechheit und Kälte ihr gegenüber, vor der du in namenloser tzin-
gabe erbeben solltest. Rochmals: sei, ungewollt oder sogar gewollt, Gottes
Kind. Aber sei genügsam dabei; denn wer genügsam ist, den liebt er
am meisten.

Sein Gesetz war zuerst da. In ihm erwuchsen wir und wurden. And es
ist nicht wider uns. weil wir ihm gemäß uns entwickelt und herangebildet
haben bis zu seinen heute annähernd mündig gewordenen Kindern. And
nun den Vater schmähen, bloß weil er uns zu groß ist? Statt an ihm
zu wachsen?

Wachsen.

Das ist aber etwas Anbewußtes. Darum ist es mir lieber, Gottes unbe-
wußtes Kind zu sein. Darum sage ich: Selig, wer sich die sLrahlenden^
ahnenden Augen des Kindes bewahrte!

Darum sage ich auch: daß wir zuerst mit der Gottesliebe beginnen müssen:

^ sAnion, Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart u. Berlin.) Vergleiche den
Leitaufsatz in diesem tzeft. K.-L.

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