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Heft 11 (Augustheft 1923)
DOI article:Unsre Bilder und Noten
DOI Page / Citation link: https://doi.org/10.11588/diglit.14438#0247
gereicht. Der „Nachdruck des Handwerklichen, der strukturelle Halt des Gefüges"
genügte nicht für die schwere Spaunuug. „Aber hier uud dort zeigt eine eigen--
willig wie in der Lrunkenheit herausgesprungene traumsichere malerische oder
kompositionelle Melodie urplöhlicher Vertiefung und Verdentlichung, daß hier
auch eine inalerische Quelle sprang . . . von einer unbefangenen blutendeu
Frische und einem uätürlichen, fernher wirkenden Sprudel, wie er seitdem in
gewichtigeren Ouälereien der neuen Kunst vergeblich gesucht werden mag."
Die kleine Alufzeichnuug „Mensch und Menschheit" entnehmen wir Lagores
Aufsatzsammlttng „L e b e u s w e i s h e i t" (Kurt Wolff, Verlag, München); in
diesem Bande gibt Tagore eine Anzahl außerordentlich gehaltvoller, nicht
europäisch-begrifflich-abstrakter Essahs über religiöse, philosophische, Kultur- und
Äagesfragen, alle von jener strömenden, reichen Geistigkeit, die Tagore als
Wiederbeleber alter Weisheit so stark und eindringlich zeigt. Neben den Essays
stehen kleine Aphorismen, von denen unseres eine Probe ist.
Albrecht Altdorfer, St. Nikolaus stillt einen Sturm, entnehmen
wir Karl Kochs Werk „Zeichnungen altdeutscher Meister zur Zeit Dürers".
Der Freundlichkeit des Verlages Ernst Arnold in Dresden danken wir die Mög-
lichkeit, dieses Bild wiederzugeben. Das Werk selbst ist in dem Beitrag „Kunst-
bücher" des vorliegenden Heftes besprochen. Koch bemerkt zu der Zeichnung
das Folgende: „Auf den Fluten treibt ein Schiffsrumpf in Wolken und Sturm.
Mast und Segel hängen gebrochen und im Schiffskorb hockt zur Tiefe zerrend der
Äeufel. Da schwebt in höchster Not St. Nikolaus rettend über den verzweifeln-
den Schiffer. Der Inhalt des Blattes ist der Seesturm. Gestaltet ist er in
einem Aufrnhr von Linien, in den die jähen Diagonalen der Seile, des! stürzen-
den Segels wie ein Wetterstrahl hinausschießen, während die Figuren ganz
gebunden sind ,in die Kräfte des sie einhüllenden atmosphärischen Vorgangs. Die
^nit Schwarz auf tonigen Grund einzeichnende und mit weißem Pinsel
herauswölbende Helldunkeltechnik fand in Altdorfer den ersten genialen Ver-
wender, der Kühnheiten seiner Kunst nur für diese Lechnik vorbehielt." Nicht
ilninteressant ist es, die Worte Hans Lietzes damit zu vergleichen» die wir
aus seiner Monographie über Albrecht Altdorfer entnehmen (Leipzig, Insel-
Verlag; vgl. ebenfalls den genannten Beitrag „Kunstbücher" in der Nund-
schau dieses Heftes). Die eine Gruppe der Zeichnungen dieser Iahre „ver-
wendet plurnpe, fast formlose Gestalten, die wie in Säcken in ihren Gewändern
stecken, mit kugeligen Köpfen und kurzfingerigen Händen; diese Vierschrötig-
keit der Figuren bewirkt zusammen mit einer starken Leidenschaftlichkeit der
Ersindungen eine volkstümliche Wildheit und Frische. Eine Stimmung von
bahrisch-österreichischer Marterlkunst weht durch die Blätter, die mit verblüffen«
der Drastik auf ihre Wirkung losgehen; der heilige Nikolaus, den Sturm
besänftigend (Oxford, 1508)".hat „diesen Erdgeruch. Der Schiffskörper,
auf dem sich das geordnete Getümmel der in höchster Erregung durchein-
ander geworfenen Schiffsbesatzung aufhäuft, gleitet fest und sicher vurch das
Chaos, das ihn umbrandet; unten die aufgepeitschten Wellen, oben wüstes
Wolkentreiben, dazwischen die beiden parallelen Diagonalen des stürzenden
Segels und des Mastbaums, auf dem als Stifter dieses ganzen Anheils eiu
Leufel hockt. Durch diese energischen Schrägen wäre die ganze Kompositwn
aus der Achse gehoben, wenn nicht die Lrscheinung des rettenden Heiligen,
die einzige betonte Vertikale im Bild, Gleichgewicht und Ruhe wiederher-
stellte."
Verantwortlich: Wolfgang Schumann, Dresden-Vlasewitz Milleiter: Qr. E.K.Fijcher. JnSsterreicd
verantwortlich: Hofrat Qr. Karl Giannoni, Mödling bei Wien, Dominikanergasse lL. Sendungen
?ür den Lext ohne Angabe eines Person ennamens an die ,Kunstwart-Leitung" in Presden-
Blasewitz Mauuskripte nur nach vorheriger Vereinbarung, widrigensallS keineVerant-
wortung übernommen werden kann — Verlag von Georg D. W. Lallwey, Druck von Kastner öi Lallwey
Buchdruckerei ia 'München — GLschäftsstelle für Berlin: Georg -Siemens. S7. Kurfürstenstraße S.
genügte nicht für die schwere Spaunuug. „Aber hier uud dort zeigt eine eigen--
willig wie in der Lrunkenheit herausgesprungene traumsichere malerische oder
kompositionelle Melodie urplöhlicher Vertiefung und Verdentlichung, daß hier
auch eine inalerische Quelle sprang . . . von einer unbefangenen blutendeu
Frische und einem uätürlichen, fernher wirkenden Sprudel, wie er seitdem in
gewichtigeren Ouälereien der neuen Kunst vergeblich gesucht werden mag."
Die kleine Alufzeichnuug „Mensch und Menschheit" entnehmen wir Lagores
Aufsatzsammlttng „L e b e u s w e i s h e i t" (Kurt Wolff, Verlag, München); in
diesem Bande gibt Tagore eine Anzahl außerordentlich gehaltvoller, nicht
europäisch-begrifflich-abstrakter Essahs über religiöse, philosophische, Kultur- und
Äagesfragen, alle von jener strömenden, reichen Geistigkeit, die Tagore als
Wiederbeleber alter Weisheit so stark und eindringlich zeigt. Neben den Essays
stehen kleine Aphorismen, von denen unseres eine Probe ist.
Albrecht Altdorfer, St. Nikolaus stillt einen Sturm, entnehmen
wir Karl Kochs Werk „Zeichnungen altdeutscher Meister zur Zeit Dürers".
Der Freundlichkeit des Verlages Ernst Arnold in Dresden danken wir die Mög-
lichkeit, dieses Bild wiederzugeben. Das Werk selbst ist in dem Beitrag „Kunst-
bücher" des vorliegenden Heftes besprochen. Koch bemerkt zu der Zeichnung
das Folgende: „Auf den Fluten treibt ein Schiffsrumpf in Wolken und Sturm.
Mast und Segel hängen gebrochen und im Schiffskorb hockt zur Tiefe zerrend der
Äeufel. Da schwebt in höchster Not St. Nikolaus rettend über den verzweifeln-
den Schiffer. Der Inhalt des Blattes ist der Seesturm. Gestaltet ist er in
einem Aufrnhr von Linien, in den die jähen Diagonalen der Seile, des! stürzen-
den Segels wie ein Wetterstrahl hinausschießen, während die Figuren ganz
gebunden sind ,in die Kräfte des sie einhüllenden atmosphärischen Vorgangs. Die
^nit Schwarz auf tonigen Grund einzeichnende und mit weißem Pinsel
herauswölbende Helldunkeltechnik fand in Altdorfer den ersten genialen Ver-
wender, der Kühnheiten seiner Kunst nur für diese Lechnik vorbehielt." Nicht
ilninteressant ist es, die Worte Hans Lietzes damit zu vergleichen» die wir
aus seiner Monographie über Albrecht Altdorfer entnehmen (Leipzig, Insel-
Verlag; vgl. ebenfalls den genannten Beitrag „Kunstbücher" in der Nund-
schau dieses Heftes). Die eine Gruppe der Zeichnungen dieser Iahre „ver-
wendet plurnpe, fast formlose Gestalten, die wie in Säcken in ihren Gewändern
stecken, mit kugeligen Köpfen und kurzfingerigen Händen; diese Vierschrötig-
keit der Figuren bewirkt zusammen mit einer starken Leidenschaftlichkeit der
Ersindungen eine volkstümliche Wildheit und Frische. Eine Stimmung von
bahrisch-österreichischer Marterlkunst weht durch die Blätter, die mit verblüffen«
der Drastik auf ihre Wirkung losgehen; der heilige Nikolaus, den Sturm
besänftigend (Oxford, 1508)".hat „diesen Erdgeruch. Der Schiffskörper,
auf dem sich das geordnete Getümmel der in höchster Erregung durchein-
ander geworfenen Schiffsbesatzung aufhäuft, gleitet fest und sicher vurch das
Chaos, das ihn umbrandet; unten die aufgepeitschten Wellen, oben wüstes
Wolkentreiben, dazwischen die beiden parallelen Diagonalen des stürzenden
Segels und des Mastbaums, auf dem als Stifter dieses ganzen Anheils eiu
Leufel hockt. Durch diese energischen Schrägen wäre die ganze Kompositwn
aus der Achse gehoben, wenn nicht die Lrscheinung des rettenden Heiligen,
die einzige betonte Vertikale im Bild, Gleichgewicht und Ruhe wiederher-
stellte."
Verantwortlich: Wolfgang Schumann, Dresden-Vlasewitz Milleiter: Qr. E.K.Fijcher. JnSsterreicd
verantwortlich: Hofrat Qr. Karl Giannoni, Mödling bei Wien, Dominikanergasse lL. Sendungen
?ür den Lext ohne Angabe eines Person ennamens an die ,Kunstwart-Leitung" in Presden-
Blasewitz Mauuskripte nur nach vorheriger Vereinbarung, widrigensallS keineVerant-
wortung übernommen werden kann — Verlag von Georg D. W. Lallwey, Druck von Kastner öi Lallwey
Buchdruckerei ia 'München — GLschäftsstelle für Berlin: Georg -Siemens. S7. Kurfürstenstraße S.