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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 35.1992

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Nr. 4
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Aktuelle Themen
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Bauer, Anton: Ziele und Inhalte einer zentralen Lehrerfortbildung im Fach Latein
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https://doi.org/10.11588/diglit.35880#0175

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wenige Ansätze zur Sichtbarmachung von Autorintention, Adressatenmanipulation oder literar-
ästhetischem Eigenwert zu nennen. Etwas mehr am Rande wird die Linguistik bemüht werden, so
wenn es darum geht, beispielsweise diachronische Betrachtungen zur Syntax, Phonetik und Se-
mantik des Lateinischen anzustellen und schließlich das Vulgärlatein, mit dem der Schüler bei
der Lektüre der cena Tn'ma/chiom's konfrontiert wird, aus universalsprachlicher Sicht mit moder-
nen Dialekten des Deutschen, Englischen oder Französischen zu vergleichen. Schließlich sind
die Schwundstufen und Reduktionsphänomene infolge einer vergleichbaren sprachlichen Gene-
se fast immer kommensurabel.
Nun soll aber nicht der Eindruck entstehen, daß Lehrerfortbildung ganz ausschließlich dort tätig
wird, wo es um die Abdeckung neuer Stoffgebiete, innovativer Methoden oder durch Studium
und Referendariat nicht abgedeckte Bereiche geht. Je nach Vordringlichkeit und Fortbildungsbe-
darf wird der für die Programmerstellung verantwortliche Referent auch in steter Wiederkehr
klassiche Bereiche ins Programm aufnehmen; so muß ein methodisches Thema immer wieder
Ursprungs- und zielsprachenorientiertes Übersetzen heißen, der Kernbereich des Lateinunter-
richts schlechthin, oder Straffung und Vertiefung als Prinzipien im Sprachunterricht, vor allem
bei L2, oder Systematisierungshilfen und Stoffgewichtung im Rahmen der Lehrwerksanalyse; ein
anderer, übrigens auch für Gruppenarbeit und Erfahrungsaustausch gleichermaßen gut geeigne-
ter Bereich ist der des entdeckenden Lernens, etwa am Beispiel heuristischer Martiallektüre. In
diesem Zusammenhang sei auch ein Exkurs zur Lehrgangsdidaktik und -methodik gestattet.
Denn schließlich ist die Fortbildung selbst nur so attraktiv und effektiv, wie es die Themen einer-
seits und wie es die überzeugende Art der Stoffvermittlung an den fortbildungswilligen Lehrer an-
dererseits sind. Hier wird die Wirksamkeit mit Sicherheit nicht von der Vielzahl der gehaltenen
Vorträge, Demonstrationen oder Vorführungen abhängen, sondern der erwünschte Effekt der
Teilnehmermotivation kann nur durch aktive Einbindung von Lehrgangsteilnehmern in Gruppen-
arbeit, durch aktive Mitarbeit an der Ausarbeitung oder Anwendung dargestellter Modelle an
wieder ähnlichen Textbeispielen, Sprachphänomenen, Rechtsfällen, Lernspielen etc. erzielt wer-
den. Und selbst bei reinen Vortragspartien innerhalb des Lehrgangsprogrammes ist vertieftes In-
teresse meist nur durch Gelegenheit zu anschließender oder sequentieller Aussprache zu gewin-
nen. Am effektivsten wäre m.E. Fortbildung dort, wo Selbstlerngruppen Ergebnisse zeitigen, die
sie in einer Präsentationsphase dem Plenum demonstrieren können. Dies setzt natürlich seitens
der Lehrgangsplanung eine oft bis ins kleinste gehende Vorarbeit voraus, wenn beispielsweise
zunächst bestimmte Interpretationsschulen allgemein vorgestellt werden und anschließend ein-
zelne Arbeitsgruppen unter einem Thema, sagen wir,,Rezeption klassischer Texte in Europa", an
ausgesuchten Rezeptionsdokumenten die dargelegte Methode anzuwenden versuchen, sie
eventuell noch ausbauen oder adaptieren und die gefundenen Ergebnisse in einem Thesenpapier
vorstellen. Und sicherlich ist es auch heilsam für die Fortbildungsinstitution, wenn diese durch
Fragebogenaktionen und das Gespräch mit den Teilnehmern den sich ändernden Fortbildungs-
bedarf eruiert und in ihrem Angebot flexibel darauf reagiert. Und sicher nicht die schlechteste
Fortbildung ist die, die ihre Referenten teils von außen gewinnt, von den Hochschulen, Verlagen,
der Wirtschaft, aber auch teils aus den eigenen Reihen, vielleicht sogar aus früheren Teilnehmern
eines erfolgreichen Lehrgangs. Trotz der häufig etwas technisch und utilitaristisch ausgefallenen
Aussagen — durch die Themensetzung bedingt — möchte ich nun mit den zu Anfang geäußerten
Gedanken schließen und nochmals feststellen, wie die Fortbildung unser Fach auch unterstützt
und untermauert, wir lehren und vertreten unser Fach nicht aus einem in Zukunft sicher immer
stärker an uns herangetragenen Nützlichkeitsdenken heraus, sondern wir sind im Prinzip von sei-

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