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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0065

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Zum Juvenianus-Codex der Biblioteca Vallicelliana

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33. Initiale A, St. Johannes der Evangelist empfängt von Christus
durch den Engel die Apokalypse. Fol. 67 v des Juvenianus-Codex

Entsprechendes läßt sich in der unterschiedlichen Proportionierung der Figuren beobachten. Auf dem
Bild mit dem thronenden Christus (Abb. 31) sind die Engel ganz langgestreckt und kleinköpfig, die
Apostel untersetzt gegeben. Das läßt sich wohl nicht aus einem Streben nach Ausdruck, etwa dem nach
Vergeistigung der Engel (das schon noch andere Bildmittel erfordern würde) erklären, sondern aus dem
Ort, an dem sie sich im Bilde befinden. Die Engel sind neben den senkrechten seitlichen Rahmenstreifen
angebracht und werden durch die Überlängung mit ihnen zusammen gesehen, die Apostel bilden im
unteren Bildteil ein zusammenhängendes, waagrechtes Band. Ebenso ist auch Christus auf dem Thron
(gegenüber dem von S. Pudenziana und anderen spätantiken Christusdarstellungen) in seinen allgemeinen
Proportionen vom Bildganzen her konzipiert.
Das entspricht wieder ganz S. Prassede, namentlich den Mosaiken der Zeno-Kapelle, wo Petrus und
Paulus in ihrem Wandfeld eine ganz überlängte, stabheuschreckenartige Gestalt13, andere Figuren nor-
male Proportionen bekommen haben14. Wie dort, so ist im Juvenianus-Codex durch den Ort im Bild aber
nur die allgemeinste Disposition der Figuren festgelegt, vieles bleibt im einzelnen willkürlich, unfest,
schlaff. Der Vergleich mit Netzen gilt also auch in einem weiteren Sinn, nämlich vom Strukturprinzip:
die Figuren sind an bestimmten Stellen gleichsam ,,angehängt”, was zugleich über die Art der Festigung
wie über das Hängenlassen, das innerlich nicht Durchdrungene etwas sagt. Von diesen Werken ganz
besonders gilt Kitzingers Interpretation römischer Malereien schon des 8. Jahrhunderts15: „Das ist etwas
ganz Neues: das Bild als abstrakte Form bestimmt die Komposition, wird rein geometrisch aufgeteilt
und die Figuren ordnen sich ein. Sie sind sekundär, ein vom Figürlichen unabhängiger Bildorganismus
13 Wilpert, a. Anm. 3 a. O., 3. Bei., T. 115.
14 Ebd., T. 114, 1. Vgl. auch die Verkleinerung Christi am Triumphbogen.
15 E. Kitzinger, Römische Malerei vom Beginn des 7. bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts, Biss. München (1934), S. 28.
 
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