Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bibliotheca Hertziana [Editor]; Bruhns, Leo [Honoree]; Wolff Metternich, Franz [Honoree]; Schudt, Ludwig [Honoree]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0384

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
380

Harald Keller


265. Gesimse. Ausschnitt aus der Zeichnung, München, Staatl. Graph. Sammlung

übereinander geschachtelten Zwischengeschossen gewesen (besonders in der Vierung, aber auch in den
Kreuzarmen - von der Kuppelgestaltung einmal ganz abgesehen).
Die Säule im Innenraum war zu Anfang des Seicento als ein oberitalienischer Baugedanke nach Rom
zurückgewandert. Von den Tagen des Pellegrino Tibaldi (Mailand, S. Fedele, 1569 begonnen, Schiff
1579 geweiht) über Lorenzo Binagos S. Alessandro (Grundsteinlegung 1602) bis zu dem letzten Kirchen-
bau des Francesco Maria Ricchini (Mailand, Sta. Maria della Porta, gegen 1650) hat die oberitalienische
Architektur bei der Gestaltung der Wände der Kirchenschiffe mit Säulenstellungen instrumentiert19.
In Rom war diese Strömung nicht erst durch Maderno eingeführt worden: In S. Salvatore in Lauro
hatte Ottaviano Mascherino schon in den Jahren 1594-1600 das Langhaus durch gekoppelte Säulenpaare
rhythmisiert, welche neben die Eingänge der Kapellen treten, in SS. Trinitä dei Pellegrini waren durch
den Lombardo Paolo Maggi die neuen Baugedanken von S. Salvatore auch auf Vierung und Chor über-
tragen worden (1614 vollendet); Vollsäulen, welche die Vierung tragen, treten nunmehr frei vor die
Wand20.
Für Cortonas Münchner Riß indessen kann allein die Fassade der Peterskirche das Vorbild abgegeben
haben. Schon gar nicht ist an einen Einfluß der Säulen im Innenraum von S. Carlo alle quattro Fontane,
von Borrominis Erstlingsbau, auf den gleichzeitigen sakralen Erstlingsbau Cortonas zu denken21, denn
in dem intimen Ovalraum der spanischen Barfüßer haben die Säulen ja gar nicht die Funktion von
Kolossalordnungen.
Die Münchner Zeichnung bestätigt hingegen eine schon vor einem Menschenalter ausgesprochene Ver-
mutung von H. Brauer und R. Wittkower, daß die neue Dekorationsform der hochbarocken Kuppel,
nämlich die Verbindung „zweier architektonischer Elementarformen . . . das spätantike Motiv des
kassettierten Gewölbes und die gotische, in der Renaissance umgeformte Rippe“, von Pietro da Cortona
erfunden und von Bernini um 1660 dann übernommen worden sei22. Unser Blatt beweist, daß die hexa-
gonale oder oktogonale Kassetten-Dekoration der Kappen, die gegen das Rippensystem figuriert, schon
in dem frühesten Stadium der Bauplanung auftritt, und daß diese Art der Gewölbegestaltung einen der
sehr wenigen Baugedanken darstellt, die aus dem ersten Entwurf in den ausgeführten Bau übernommen
wurden.
19 H. Hoffmann, Die Entwicklung der Architektur Mailands von 1550—1650, Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte IX, 1934,
p. 63ff,, mit Abb. 28 u. 47. — C. Baroni, L’Architettura Lombarda da Bramante al Ricchini, Milano 1941, p. 133 u. Abb. 173ff.
20 H. Keller, Zeitschrift für Kunstgeschichte III, 1934, p. 375 mit Abb. 1 u. 2.
21 Vgl. E. Hempel, Francesco Borromini, Wien 1924, pp. 5 und 38.
22 H. Brauer und R. Wittkower, Die Zeichnungen des Gianlorenzo Bernini (Röm. Forschungen der Bibliotheca Hertziana
IX, 1931), p. 112.
 
Annotationen