Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0426

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
422

Werner Hager


297. Ste. Anne-Ia-Royale, Paris (aus Archit. Civile)


298. S. Lorenzo, Turin (aus Archit. Civile)

tuchs steht in der fensterlosen Rotunde aus schwarzem Marmor wie in das Schweigen einer Gruft ver-
senkt. Erst in dem kuppelig aufgehenden Gewölbe ist eine Konstellation von sechs Rundfenstern ver-
sammelt, die mit dem flimmernden, optisch vor- und zurückgehenden Stern- und Zackenornament dieser
Zone zusammen einen unfesten Lichtsockel bildet. Darüber, wieder zur Gestalt verdichtet, kreist eine
Kuppel mit innerem Säulenumgang, die sich ihrerseits in eine täuschend überhöhte Pyramide aus scheiter-
haufenartig übereck geschichteten Segmentgiebeln auf löst, deren beinahe endlose Flucht von einem durch-
leuchteten Stern überschwebt ist. Der Aufblick von innen findet seinesgleichen nur etwa in der Unter-
sicht des Freiburger Münsterhelms, aber der überwältigende Helldunkelkontrast mag überhaupt einzig
in seiner Art sein (Abb. 303).
Diese Lichtwirkungen sind durch sinnreiche indirekte Beleuchtung, also durch Anordnungen im Gewände
erzielt. Für den Eindruck aber erscheint das Licht wie aus allen Bedingtheiten gelöst und als primäres,
gleichsam aus eigener Vollmacht auftretendes Element unmittelbar auf den Raum bezogen. Es ist Licht
als Form wie bei Borromini; anders aber als dort durchdringt es in freier Aktivität den Raum und bildet
in der Vermählung mit ihm jenes inkommensurable Medium, aus dem ein Bau Guarinis eigentlich gemacht
scheint. Eine baulich raumbildende Selbsttätigkeit des Lichts hatte bis dahin nur die Gotik gekannt.
In der Barockarchitektur schlägt ihre Einführung ein neues Kapitel auf, das in Neresheim und Vierzehn-
heiligen, in Ingolstadt, Rott und der Wies ausgeht. Die schwermütige Mystik des Theatiners freilich
gehört noch dem 17. Jahrhundert an.
 
Annotationen