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Bibliotheca Hertziana [Hrsg.]; Bruhns, Leo [Gefeierte Pers.]; Wolff Metternich, Franz [Gefeierte Pers.]; Schudt, Ludwig [Gefeierte Pers.]
Miscellanea Bibliothecae Hertzianae: zu Ehren von Leo Bruhns, Franz Graf Wolff Metternich, Ludwig Schudt — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 16: München: Schroll, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.48462#0502

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DAS „PIO ISTITUTO CATEL“ IN ROM UND SEIN STIFTER
von Hans Geller
Nur ganz wenige der unzähligen Fußgänger, Radfahrer und Insassen der den Viale Trastevere in Rom
entlang fahrenden Straßenbahnen, Autobusse und Privatwagen wissen, daß in dem kleinen Haus dieser
Allee, das die Nummer 85 trägt, sich das ,,Pio Istituto Catel“ befindet; kaum jemand kennt das Institut
oder weiß etwas von seinen Aufgaben oder gar von dem Gründer der „frommen Stiftung“. Und dennoch
ist die Geschichte des Pio Istituto Catel1 eine lange Folge guter Taten, ein Nachwirken des Willens eines
edlen Mannes, eines der erfolgreichsten deutsch-römischen Maler, der in den Jahren 1811 bis zu seinem
Tode am 19. Dezember 1856 in der Ewigen Stadt lebte und wirkte.
Franz Catel2 wurde am 22. Mai 1778 in Berlin als Sohn hugenottischer Eltern geboren. Sein Vater
betrieb in der Brüderstraße einen Bijouterie- und Spielwarenladen. Früh schon wurden die beiden
Söhne, der spätere Architekt Ludwig Catel und Franz, der Maler, als Helfer im Geschäft eingesetzt. Sie
bastelten mit dem Vater für die alljährlichen Weihnachtsausstellungen allerhand phantasiereiche Schau-
stücke mit beweglichen Figuren und lernten so schon in der Jugend, ihre künstlerische Begabung durch
kaufmännisches Denken und geschäftliche Gewandtheit glücklich zu untermauern. Beide Söhne be-
suchten, nachdem sie zunächst praktische Berufe erlernt hatten, die Berliner Kunstakademie; beide
zeichneten sich aber durch häufige Abwesenheit und „wenig Fleiß“ aus. Franz war oft auf Reisen und
fertigte schon während seiner Studienjahre viele Vorlagen für Almanach-Illustrationen, so daß zum
Studium wenig Zeit blieb. Auf einer zusammen mit dem Architekten Friedrich Gilly und einem anderen
Baumeister unternommenen Reise nach Frankreich und der Schweiz besuchte er in Weimar Goethe,
dessen „Hermann und Dorothea“ er bald danach als erster deutscher Künstler im Auftrag des Verlegers
Vieweg in Braunschweig illustrierte. Catel wurde auch später noch von Goethe zu Illustrationen heran-
gezogen, so fertigte er die Vorlagen für die Stiche zur Erzählung „Die guten Frauen als Gegenbilder der
bösen Weiber“ im Taschenbuch für Damen auf das Jahr 1801.
Goethe schrieb in diesen Jahren einmal an Wilhelm von Humboldt ein sehr treffendes und prophetisches
Urteil über den jungen Künstler, dessen Wahrheit sich im ganzen Leben und Schaffen Catels erweisen
sollte: „Er (Catel) zeigt in seinen Arbeiten ein schönes Talent, nur sieht man, möchte ich sagen, daß er
in der Zerstreuung der Welt lebt. Der einzelne Künstler kann sich freilich nicht isolieren und doch gehört
Einsamkeit dazu, um in die Tiefe der Kunst einzudringen und die tiefe Kunst in seinem Herzen aufzu-
schließen. Freilich keine absolute Einsamkeit, sondern Einsamkeit in einem lebendigen reichen Kunst-
kreise.“
Aber auch durch ein ganz anders geartetes Beginnen kam Franz Catel noch in engere Beziehung zu
Goethe. Die beiden Brüder gründeten um das Jahr 1800 in Berlin eine Fabrik musivischen Marmors,
eines marmorharten Stucks, der zur Herstellung von allerhand Zieraten und Möbel-Auflagen, Kaminen,
Öfen, Postamenten, ja auch von künstlichen Marmorsäulen und Pilastern verwendet wurde. Dieses
florierende Unternehmen bekam am 2. März 1801 den Besuch des preußischen Königspaares in Beglei-
tung des Großherzogs Karl August von Weimar, der natürlich Goethe über dieses Erlebnis berichtete.
Bald darauf wurden die Gebrüder Catel beauftragt, das neu zu erbauende Schloß in Weimar mit ihrem
musivischen Marmor auszugestalten; ein großer Auftrag, der die zeitweise Übersiedlung der Künstler
mit einem Stab von Facharbeitern nach Weimar nötig machte. In den über zwanzig gewaltigen Marmor-
säulen des Festsaals, in vielen inkrustierten Pilastern und in über den ganzen Bau verteilten Stuck-
arbeiten trifft man noch heute auf Zeugnisse dieses Unternehmens.
Aber Franz Catel gab diese Tätigkeit bald auf, er ging, nachdem er mehrere Jahre neben Ramberg der
in Deutschland meist beschäftigte Illustrator der damals sehr zahlreich erscheinenden Almanache
gewesen war, 1807 nach Paris, um sich in der Ölmalerei auszubilden und die bedeutenden Kunstwerke
zu studieren, die Napoleon damals dort zusammentrug.
1811 kam Catel nach Rom, wo er, der Hugenotte, die Tochter des römischen Dichters Prunetti heiratete
1 ImPio Istituto Catel befindet sich eine ungedruckte Geschichte der Stiftung in italienischer Sprache von Filippo Fausto Marucchi,
1902 verfaßt.
2 Siehe Literatur-Verzeichnis im Künstler-Lexikon v. Thieme-Becker. - Eine ausführliche Biographie Franz Catels mit ent-
sprechenden Ergänzungen vom Verfasser dieses Aufsatzes ist z. Zt. in Bearbeitung.
 
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