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Wochenbeilage zum "Pfälzer Boten" — 1890

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Nr. 22 - Nr. 26 (1. Juni - 29. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44275#0087
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AB 25,



1890.













Öriofto und die Briganten von Garfagnana,

Eine Epiſode aus der Geſchichte Ferraras
im 16. Jahrhundert.
Dem SHalienifhen naͤcherzählt von PHilipp Freidank.

Nachdruck verboten.
Fortſetzung.)

Y Dieſer Theil der Dichtung Arioſtos iſt belaunt.
Iſabella in die Gefaugenſchaft des Sargzenen
——— gerathen war, artff ſie um ihre Chre zu
M en, zu einer Lift. Sie gab vor, ein Kräutchen
in fennen, deſſen Abkochung unverwundbax mache
verlaugte dafür ihre Frlaſſung. Der Sarazene
ein, mit Dem geheimen Borbehalt jedoch, ſein
N Ort zu brechen. Aloͤ das Pflänzlein gefunden und

© Abfochung fertig war, beſtrich, 1o ſchildert die
uge, Siabella ihren HalZ mit Der Abfochung und

ſichte Den Sarazen mit feinem ScHwerte zuzu⸗
Der vom Wein berauſchte Rodomonto
6 einen fcharfen Hich und trenite damtt des
4 Haupt von den Schultern damit Iſabella

erdings die Fretheit wiedergebend.

ze Seltfanie Gegenſätze! Dieſe Bande von 20 Räu-

* der ein Menichenleben nichts galt, vergoß

über das Iraurige Loos der ſagenhaften

und ergiug ſich in Verwünſchungen über den
ichieen und graufamen Sarazenen der Dichtung
roſto's.

Der Vortrag Zefirmo's wurde lebhaft heklatſcht,

* den Koch deffen eigene Dichtung ſo mißfällig guf⸗
Mommen mwurden, nicht wenig kräutte. Doch tröſtete

ſich damit, daß auch auf ſein Haupf von den

Ötbeeren Mrinfto’S hie und da etwas falle.

6 Indeffen war die Sonne am Hortzonte ver—
wunden und dunkle Nacht an Stelle der kurzen
unmerung getreten.

$ „Sind alle unfere Leute zurückgekehrt?“ frug der
Ahtmann und erhob ſich Mahle,

„Matheo fehlt', autwortete einige Stimmen,
„Wo fann er um dieſe Stunde ſein?“ frug der

Er zeigt jeit einiger Zeit überhaupt

hhuren von Unbotmäßigkeit, welche ich ferner nicht

en werde.“
„Matheo iſt tapfer wie einer“, ſagte eine Stimme.

8 „G3 find faum zwet Monate her!, fügte eine

ere hinzı, „Daß er uns Alle gerettet hat.

Wer hefehlen will, muß zuerft gehorchen lernen,

erte der Hauptmann unwillig.

4— ſind Alle gletich“, muͤrmelte ein dritter

dt Das iſt möglih, aber wer von Euch iſt im
Zande, uıich zu erfeben ?“ frug ſtolz der Haupimann.
d Mit diefen Worten blicktẽ ex ſeinẽ Genoſſen
Arachtungsboll an und ging mit laugen Schritten
W und ab.

%I@in lauges Stillſchweigen folgte dieſen Worten.

8 Mittag um 1 Uhr in der Nähe des Klofterz




Er plauderte mit



der Camaldulenſerinnen geſehen.
einem Wagenführer.“

„Was koͤnnte er nur an dieſer Stelle zu thun
haben? frug Pacchione (ſo hiez der Hauptmanm
aͤußer ſich vor Wuth. „Ich hoffe tcht! daß er es
gewagt haben wird, meinem ſtrengen Befehle zu trotzen,
dieſes Kloſter zu beunruhigen, welches unter meinem
ganz beſonderen Schutze ſteht. Ihr wißt Alle, daß
ich e8 Euch ſtrenge unterfagt habe, das Geringſte
gegen die Toͤchter des heiligen Benediktus zu unter⸗
nehmen. Und dieſe Schonung hatte uns bis jetzt nur
Nutzen gebracht.“

Sin Beifallsgemurmel autwortete auf dieſe leb⸗
hafte Anſprache des Hauptmanns.

Die Nacht iſt übrigens bereits eingetreten gehet
zur Ruhe. Ich will ſelbſt die Schildwachen ausſtellen
und ſte überwachen.“

Die uͤbrigen Räuber zogen ſich in eine tiefe Höhle
zurück welchẽ durch Sand und weiches Moos als
Schlafraum praktiſch eingerichtet war und Überließen
fich dem Schlafe. Was den Hauptmann Paechlone
betraf, ſo machte er, nachdem er die Poſten ausgeſtellt
Hatte, einige Male die Runde um das Lager, wickelte
ſich dann in ſeinen Mantel und legte ſich ebenfalls
in eine mit Haidekraut ausgefüllte Vertiefung eines
hochgelegenen Felſens.

Waͤs wurde inzwiſchen aus den beiden Helden
unſerer Erzaͤhlung, welche ſich nothdürftig verborgen
hielten? Waͤs die Beiden von der Unterhaltung der
RKäuber vernahmen, beruhigte ſie halbwegs. Sie fragten
ſich aber nichtsdeſtowentger, auf welche Weiſe ſte ihre
Flucht während der Nacht bewerkſtelligen könnten.
In der Fuͤrcht, ſich durch geſprochene Worte zu ver⸗
dathen, machte ſich das junge Menſchenpaar durch die
Zeicheuſprache ſo gut als möglich berſtändlich. Bet
jedemt lauten Worte der Räuͤber taſtete die junge
Dame ängftlihH nach dem Arme ihres Beſchützers und
umgekehrt.

Die gemeinſame Gefahr vereinigt nach der land⸗
läufigen Regel die Herzen und Seelen. Eine ſolche
Gefahr iſt aber auch geeignet, zwiſchen zwei jungen
deuten ein füßeres Gefuͤhl entſtehen zu laſſen, als
auır der genieinſame Gedanke, mit vereinten Kräften
ſich den Schlingen des Feindes zu entziehen. Man
wird e& daher leicht begreiflich finden, daß die Herzen
der beiden unfreiwillig Gefangenen in der bangen
Erwartung der kommenden Dinge ſich zartlicher ent⸗
gegen ſchlugen, als in weit längerer Zeit im freien
Fefellſchaftlichen Verkehr. Es wurde immer kühler
und der junge Ritter fand es im Intereſſe der Ge—
fundheit feines Schüglinges nothwendig, denſelben in
ſeinen Mantel zu wickeln.

Waͤhrend er das junge Mädchen in ſeinen Mantel
einhüllte, legte ſich plöblich eine Händ auf die Schulter
und eine andere auf den Mund des jungen Mannes.
Ohne dieſe Vorſichtsmaßregel würde derſelbe wahr⸗
fcheiulich einen Schrei der Ueberraſchung auogeſtoßen
haͤben Zefirino war es, welcher die Deiden jungen
Leute auf dieſe Weiſe wieder in die Wirklichleit ZU-
rücführte, und ihnen leiſe zuraunte, ſich vollſtändig
feiner Fuͤhrung zu überlaffen, da er ſie retten wolle


 
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