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Wochenbeilage zum "Pfälzer Boten" — 1890

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Nr. 9 - Nr. 13 (2. März - 30. März)
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' M IL.

1890.









die Bauerntochter.”)

Zehntauſend bekommt Müller's Leuchen mit, die
nın wohl einen Mann bekomwen. MWex’S ſo hat
bruuä)t uicht zu ſorgen! meinte Schultzens Hanuchen.
— GSretchen aber ſpricht: Ia, ja. das Geld
Nacht aud nicht den Himmel, Walters Truthen hat
‘ 6eld genug mitbekommen, und nun fieht es doch
' Aaurig genug in ihrer Wirthfchaft aus nicht einmal

ültet Friede zwiſchen ihr und ihrem Manne. Du
ait Kecht, Gretchen, fährt Richters Lottchen dazwiſchen,
Ölitck wird noch lange nicht durch Geld gebracht,
8 jieht man ſo recht bei Schräters. Schräters
Aiſe hat Reichthum üher Keichtum erhalten, aber
thn der Wirkhichaft verſteht fie ſo viel als der Ziegen⸗
e yonı Waffenſchneiden/ und wie lange wird S
Wern, daͤnn gehen ſie von der Wirthſchaft. In der
tadtpenfion hat ſie nichts gelexnt, was ſie brauchen
Und das, was ſie gelernt haͤt, braucht ſie auf dem
ande nicht. Aber, mag es ſein, wie es will,
Mappert Karolinchen dazu, Geld ift dod {Mön; iq
| deirathe mir doch einen reichen Mann. Wenn man
| er hat, kann man Alles haben, ſelbſt das Recht.
Y _ Ginder, redet Walters Mutter jetzt hinein, Kinder
[ ijt ja hübſch und natlirlich, daß ihr von ſolchen
| Dingen ſprecht! Jedes Mädchen will heirathen und
] DE heirathen; denn etwas Traurigeres, als alte
‘ Nungfer zu bleiben, gibt es nichi. Beirachtet aber

* Sache bet Licht. Jedes hat ſeinen Beruf, ſeinen
} Öivect, ſei es, was es wolle. Dieſer Beruf muß er⸗
l werden. Uır ihn aber erfüllen zu können, wüſſen
; Le die Mittel da fein, die die Erfüllung ermöglichen.
ierim gebt ihr mir gewiß Kecht. Nicht wahr? —
@emtg Ruͤttet Walter, ertönte es von Allen. —
f denn. Welcdher Beruf iſt es Ddenn, Dder dem

N eibe zugetheilt {ft S Iſt eS nicht der, Kinder, daß
} 903 Maͤdchen dem Manne eine trene, liebe Gattin,
ne fchutzende, mitjorgende Frau wende? SIl CS
| Nicht Der, Daß das Maͤdchen dereinſt als hrave, gute
Ühutter die Kinder erzichen und bilden ſoll? Und
{t 3 nicht der/ daß das Müdchen einſt eine tüchtige
e jei, deren Walten und Sorgen das Haus
eolückt? Jaͤ, liebe Kinder, ein herrlicher Beruf iſt
Uns beſchieden worden, und ich will es uur gletch
— jagen, un das Weib dreht ſich die Welt. A0
wohl {teht in einem Haufe, Da iſt ein gutes AWeib
r Mittelpunkt des Lebens und Schgffens Und—
inder, wo e3 in einer Wirthſchaft nicht recht gehen
Wil, da hHapert es am Thun der Frau zumeiſt Selbit-
Übhend gibt e3 indeßg Musnahmen von dieſer Megel.
Nun ſeht einmal um euch; ſeht euch an und
vet euch, vb ihr ſo ausgerüſtet jeid an Seele und
Lekf, an Herz und Leib, an Tugend und Weisheit,
r Gejchit und Ton, um dieſen Deruf zu erfüllen?
eſcheideuheit iſt eine Zier, doch weiter kommt man
e — ihr, fagt ein böfes Wort, und ſo werdet ihr
Üeitehen: MNein, nein Mutter Walter, d da fehlt ung
bicl Andere aber protzen und prahlen mit
8 @unen und Keunen und — doch iſt's nichts







5 Dem Laͤndwirthſchaftlichen Genoſſenſchaftsblatt! von
Awied eatnommen.



8 8


damit. Wie ſchön, wohlthuend, heimiſch und erfreuend
iſt es, ſo manchen Bauernhof in ſeinem Glanze zu
jehen. Allüberall Sauberkeit, Ordnung, friedliche,
geordnete Arbeit, emſiges, ruhiges Schaffen, Freund—
lichkeit und Zufriedenheit leuchten aus aͤllen Geſichtern,
und wohlgefüllt ſind Speicher, Truhe und Kaſten.
Die Atıder erblühen roſig und ſtark, und Friede
zuht auf dem Hauſe. Drinnen waͤltet die Mutter,
die Frau, wie Gott ſie uns gab. Liebe Kinder, ein
ſolcher Beruf läßt ſich uur erfüllen, wenn in der
Fiubheit! in der Maͤdchenzeit die Schätze und die
Mittel dazu erworben werden. Srziehung und Bil⸗
dung, ſie beide ſind das Gold und das Silber, welche
die Grundlage zum Glücke bilden. Ihr ſeid auf dem
Lande, ihr wollt auf dem Lande bleiben, und wenn
die eine bder die andere vielleicht auch in die Stadt
komint, die Erziehung und Bildung, ſind ſie richtig
Uund gut, trageit auch in der Stadt ihre Früchte. Ich,
lebe Kinder, bin mun in den Sechziger Jahren, ihr
fennt mich, ihr kennt meine Kinder, kennt unſere
MWirkhichaft, und ich hahe ſehr wohl lernen
und fühlen müſſen. woran es mir fehlte, worin meine
Bilduͤng vernachläfſigt worden war. Wir ſind auf
dem Lande jage ich! Unſer Frauenberuf iſt ein viel
umfangreicherer, allſeitigerer alS der der Stadtfrau.
1lng Liegt die Hausbeforgung, Küche und Tiſch die
Beforgung vont Stall, d. h. vom Schweine⸗ und
Hihnerftall, meiſt ob, und dazu Kommit die Beſtellung
des Gartens, die Beſorgung des Waſchens und Backens
ynd die größte Sorge für die Erziehung der Kinder.
Ich, meine lieben Kinder, habe uun gewirthſchaftet.
{D gut ich es verſtand. Immer aber habe ich tief
gefuͤhlt, wie ſehr, ach wie ſehr mir genügende Kennt⸗
niß und Erfahrung fehlte.

Ich ſpreche uicht davon, wie ſo ſehr nothwendig
es ift daß wir Frauen eine tiefe religiöſe Bildung
beſizen. O, Dır lieber Gott, wie ſchwer iſt es doch,
fich aufrecht zu erhalten in manchen Lagen des Lebens.
er in {o bittern Tagen ſich nicht anlehnen kann an
den Allgütigen, mit dem iſt es ſchier aus Gemüth
und Hekz wuͤſfen Lauter und rein ſchlagen, ſoll es
wohlgehen. Für die Praxis aber iſt es unerläßlich,
un3s Qandfrauen wit einer beſſern Kenntuiß der Natur
bertraul zu machen. Wie viel Geld, Zeit, Arbeit
gehen verloren, weil uns die naturwiffenſchaftlichen
Kenntniffe fehlen. Wir leben in der Natur, wir ar⸗
heiten mit der Natur, wir erzeugen Naturprodukte,
und dieſe keimen, wachſen und gedeihen nad ewigen,
beſtändigen, unabänderlichen Naturgeſetzen. Wir kochen,
braten, daͤinpfen, ſchmoren in der Küche, wir ſeten
ſo und ſo die Speiſen an, wir bereiten dieſelben bald
jo, bald ſo und machen dabei ſo viel Fehler als
Sterne am Himmelszelt ſtehen. €3 fehlt uns die
bezuͤgliche Bildung, und doch iſt die Beforgung der
Srnährung der Fämilie eine der erſten und wichligſten
Berufspflichten der Frau.

Wir pflegen, fuͤttern die Schweine, und wir
haben keine Idee von den Geſetzen, nach denen ſich
Fett und Fleiſch bilden, daß Leben ſich erhält, das




Futter ſich unwandelt in Blut und von welchen Be⸗
ſein muß,


 
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