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Wochenbeilage zum "Pfälzer Boten" — 1890

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Nr. 27 - Nr. 30 (6. Juli - 27. Juli)
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Nr. 28.



1890.





Arieſto unck die Briganfen von Garfagnang.
Eine Epiſode aus der Geſchichte Ferraras im 16. Jahrhundert.
Dem Ftalieniſchen nacherzählt von Philipp Freidank



6. Fortſetzung
N Ohne ein Wort weiter zu verlieren, begab ſich dann
ütheo zu der Gruppe des Kapitäns
ſch Die Gruppe, welche ſich um das junge Mädchen ge—
hatte, béſtand nun außer Arioſtolaus vier Mit—
Dern der Räuberbande: Dem Hauptmann, Matheo,
Krino und dem ehemaligen Studenten. Derſelben ſtanden
Yei wohlbewaffnete Banditen gegenüber. Wie ſollte das
D e Häuflein der Ueberzahl widerſtehen können! Zaccone
ütte ſchon längſt danach geſtrebt, Hauptmann zu werden,
0© gelang e8 ihm niemals, Bacchino und Matheo in der
Unft der Genoſſen auszuftechen. Die Gelegeuheit war
©Ute günſtig und er beſchloͤß fie ausgiebig zu denützen, um
urch an die Spitze der Bande zu gelangen.
N Nach dem drohenden Rückzug Matheo’3, trat Zaccone
* die Mitte der Banditen und ſtellte den Antrag, ſowohl
* Hauptniann, als auch feinen Stellvertreter Matheo
* grober Verletzung der Satzungen der Genoſſenſchaft
zuſetzen.
* Zaccone appellirte an die ſchlimmſten Leidenſchaften
Uer Genoſſen, indem er auf das ünglückliche junge Mäd-
4 zeigend, ſie beſchwor, dieſe Beute ihren Genoſſen nicht
ein zu überlaſſen
* Dieſer Appel an das Thier im Menſchen trug ſeine
und die vier Beſchützer der jungen Dame waren
een enger zuſammen zu rücken, um vor jeder Ueber—
mpaluͤng ſicher zu ſein.
3 Darauf ertünte laut vernehmbar wieder die Stimme
—— wie er rief: „Was iſt euer Beſchluß in Sachen
eſer beiden ungetreuen Brüder?“
ſe Sie ſind abgeſetzt! erſcholl es wie aus einem Munde
tens der fünfzehn Ränber.
Und welchen von uns“, frug Zaccone ſiegesgewiß, „er—
f SOr zum Hauptmann?!
8 Wieder wie aus einem Munde erſcholl die Antwort:
Aich ſelbſt wählen wir. Es lebe Zaccone!“
erti „Ich werde mich beſtreben, euer Vertrauen zu recht—
gen, erwiderte Zaccone. Zunächſt abex müſſen wir
* Aptrünnigen beftrafen und die beiden Gefangenen wieder
unſere Gewalt bringen.“
An Nochmals wurden Hochrufe auf den neuen Hauptmann
tat gebracht, worauf die Sechszehn zı einer Art von Kriegs—
ßerb zuſammentraten, um über die nöthigen Maßnahmen zu
Ithen. Obwohl ſie an Zahl den Beſchützern Laura's
C üÜberlegen waren, ſo ſagten ſich die Räuber, daß der
ein ſehr blutiger werden müſſe. Sie berathſchlagten
1 7T, wie ſie am leichteſten den Sieg davon tragen könnten.
3 nicht belauſcht zu werden und ihre Gegner an der
2* zu verhindern, hatten ſie zwei ſchwerbewaffnete Schild—
Lausgeſtellt.
zef Die ſechszehn Räuber konnten noch keinen Beſchluß
—* hHaben, al Befirino ploͤtzlich Arioſto verließ und fich
* im Kriegsrathẽ verfammelten Näubern nahete.

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— — — —

„Keinen Schritt weiter,“ ſchrie die Wache, „oder ich
werde dich wie einen Kürbis durchbohren.“

„Langſam,“ erwiederte der Koch, „ich möchte mit dem
hohen Kriegsrath in Verbindung treten.“

„Laßt ihn mur herüber konimen,“ befahl Zaccone, ver
iſt vielleicht Parlamentär. Die Herren werden ſich über—
geben wollen.“

„Sich übergeben!“ erwiederte Zeſirino verſchmitzt lä—
chelnd, indem er in den Kreis der Käuber trat. „Ich er—
kläre, daß vor Leere ſich nicht einmal meinen Magen über—
geben kann.“

Eine Lachſalve begleitete dieſen derben Scherz.

„Ich möchte übrigens noch einen Antrag ſtellen,“ fuhr
Zefirino fort.

„Rede“, ſagte Zaccone.

„Ich verlange, daß wir frühftücken,“ meinte Zefirino
in vollem Ernite. „Wir können uns dann immer noch die
Gurgel abſchneiden, wenn die Kameraden darauf verſeſſen
ſind Schneiden wir aber vorher lieber Stücke von unſerem
ſaftigen Wildſchweinbraten ab; wir können dann ſpäter um—
ſo beſſer kämpfen.“

Unter ſchallendem Gelächter wurde dieſer Antrag ein—
ſtimmig angenommen und Zefirino begab ſich in gewoͤhnter
Weiſe zu ſeiner Felſenküche, um Freund und Feind mit
dem ſaftigen Braten zu verſehen.

Die beiden feindlichen Truppen ließen ſich durch das
zu erwartende Frühſtück nicht abhalten, ſich gegenſeitig ſcharf
zu beobachten. Doch ſchienen die Sechszehn einſtweilen jeden
gewaltſamen Angriff aufgegeben zu haben. Inzwiſchen be—
zann die Hitze ihre Wirkung auszuüben und Einzelne der
Käuber glaͤubten ſich eine kleine Sieſta geſtatten zır dürfen,
während Andere ſich dem Hazardſpiele hingaben.

Das Ausſehen des gegneriſchen Lagers war ein anderes.
Düſtere Ruhe und Erwartung herrſchten dort. Der ehe-
malige Student wechſelte hie und da einige Worte mit
Arioſto und dem von ſeinen Genoſſen verrathenen Haupt—
mann. Pacchione ſchien die Beute vollſtändiger Rathloſig—
keit zu ſein, und ſeine Blicke irrten zwiſchen Matheo und
Arioſto hin und her. Endlich mußte er einen Entſchluß
gefaßt haben; er wendete ſich an Arioſto und ſagte zu ihm:

„Mein Herr, kann ich Sie ohne Zeugen ſprechen?“

„Ich werde mich von dieſer jungen Dame nicht trennen,“
erwiderte abweiſend Arioſts.

Betraͤchten wir die Vertheidigung dieſes jungen Mäd—
chens nicht Alle als unſere höchſte Pflicht?frug Pacchione
ſcheinbar gekränkt.

„O, mein Retter!“ ſchrie Laura, indem ſie ängſtlich
nach dem Arme Arioſto's griff, rhüten Sie ſich vor Verrath.“

„Berrath!“ wiederhoͤlte Pacchione mit Trauer und
warf der jungen Dame einen ganz unbeſchreiblichen Blick


Augen mit beiden Händen.

„Gut, mein Herr, nahm Paͤcchione die Unterhaltung
wieder auf; „ich bin bereit, Ihnen in Gegenwart dieſer
jungen Dame mitzutheilen, was für ſie allein beſtimmt war.
Es iiſt vielleicht beſſer {0.“

Zunächſt geſtatten Sie mir die Frage zu beantworten,“








 
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