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Wochenbeilage zum "Pfälzer Boten" — 1890

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Nr. 9 - Nr. 13 (2. März - 30. März)
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* Worhenbeilage zum Pfälzer Boten,

M 11 1890.





Peideſberg. Sonntag, 16. März.











Gretchen auf dem Hönigserbe.

Eine hollandiſche Dorfgeſchichte von J. ð. Eremer.
Deutſch von &. v. Geemftede,
Nachdruck verboten.

(Schluß.)
7 Und — e5 kann Alles nichts helfen: Grechten
Veter wuͤffen ausſteigen.
* * Laͤrm!
„Herunterfteigen, herunterſteigen!“ rufen ſi
allen * {teigen, herunterſteigen!“ rufen ſie von
2 Hier ift für Jeden ein großer Blumenſtrauß von
Al ım und Rofen und Dahlien und Heliotropen —
Q ein föftlidher Duft !
ſo 8 Peter bekonımt eine Cigarre, ſo lang und
8 wie ein halber Arm, ein Landesprodukt mit
** ern gefchinuͤclt denn Gretchen, Onkel Zohauns
* 8 Sann’3 Adoptivtochter, hat von dieſen
abafsfeld zum Gefchenk erhalten, das natürlich
dem Peter gehöüren wird.
* Und Hein, der Wirth, ſchenkt dem jungen Baare,
* zu B, vom MPfarrer eingefegnet iſt, wie es ſich
Örf, ein Gläschen Rothwein mit Zuder ein.
8 Und, da gehen fie her, Peter und Greichen In-
* en des jungen Bolfes — die große Fahne und
® die das , Wieneerlandsbloed“
— — fpielt, voraus, unter fortwährendem
* @ und Hurrah, ſo daß Onfkel Johann Mühe hat,
* Fe in Zaun zu halten ſchau, ſchau,
le jungen Pferde die Ohren ſpitzen
8 Als der Aufzug unten, wo der Weg etwas breiter
* gekomnen iſt, holt Onkel Johann die jungen
€ Wieder ein. Tante Sanne fieht ſich nodmal
* 5 {pringt vom Kniee des alten Nüllent
e ann vom Wagen herunter, ſo Daß eı bald unter
* * gefommen wäre. Der kleine Wehrwolf mit
8 Stellen am Leibe, will jebt Doch Kieber
nem jungen Herrn Tein, und Ontel Johann iſt
* zufrieden daß das Hündehen fort iſt, Ddenn, meint
doch eigentlich gar kein ſchönes Hündchen
Und der Wagen faͤhr Vor
* hrt um die Ecke. Vor dem
4 bleibk das junge Voͤlkchen ſtehen! Der
fonnt er — ber e& Gretchen _ gar nicht übel nehmen
4* daß fie in Mutter3 Doͤrf heiraͤthen wollte —
Weißen Heraus und fchiebt zwei niedlidhe Kinder in
* Kletchen, daß fie Peter — Dder, wenn er auch
2 * und ein eigenes Tahaksfeld hat, doch noch
* 8* Garten nacd) wie vor beforgen will —
* trauß uͤberreichen und auch feinem Gretchen
6i hllnb — freundlih und Grethen üßt
* * er und fieht mal eben in den Garten hinein.
Qeftanämf Monaten Hatte ſie da zwiſchen den Syringen
Hu en, mit dem Tode auf den Wangen, und



f)t)nm?un geth's wieder vorwärts und die National-
ertönte von Neuem — der dicke Virtuos konnte

46 — {pielen — und Niemand bemerkt die




Hand fällt, auf jene Hand, die allen Aberglauben
von Glelchend Lebenspfad abwenden wird, gerad ſo
gut, wie ſie das Unkraut zwiſchen den Blumen auS-
zurotten verſteht. Und vorwärtz geht's — an der
Schule vorbei — an der Schule wo ein guter Samen
del beſten Boden findet dann links über den Fahr—
weg an den Ulmen und Linden und der Kirche vor⸗
Her und daͤn Kirchhofe, worauf der Wehrwolf des
Zorfes für ſtets hegraben liegt und weiter, weiter
unter frbhlichein Sang und Klang, bis man endlich
das Hönigserbe erreicht.

— Und da — da müffen ſie ſein. Da ſtehen die
gedeckten Tiſche, die unter der Laſt von Kartoffeln,
Soaͤfifch und Reioͤbret faſt brechen. Am Gaͤtter
fleht Gert, der Feldwächter, in Gaͤla⸗Uniform und er
zieht den Hut zuerſt DDr — Möhrchen, der vor der
Fahue herſpriuzend, an Dın vorbeiſchießt.

Und Fröhlichkeit wird ſein auf dem Hönigserbe
bis tief in die Nacht hinein.

Onfel Zohann wird das Seine auch Dazı bei⸗

tragen. Seit jenem Morgen, wo er Gretchen und
Beter in dem Spiegel in einer ſo aparfen Stellung
geſehen hatte, von jenem Augenblicke an hatte er ſich
feſt vorgenonimen, nie mehr die Brummfltege nachzu⸗
maden, aber jetzt auf Gretchens Hochzeit, wo das
junge Voͤlkchen ihn [D drängt und nöfhigt, nun will
ex’3 denn noch mal eben probixen. In ſeinen jungen
Jaͤhren, da konnte er's viel beffer, aber . .. Ja, {ar
er wollt’8 yrobiren und — da brunumte und ſummte
c2 wieder — aber vom Spiegel hielt er ſich ferne,
denn Augen im RKücken, die ſind ganz überfluͤſſig.
63 Und Tante Sanne ir auch luſtig. Sa, daͤs iſt
merkwürdig genug, nun doch auf dem Hönigserbe
in ihrem Hauſe ’ne Hoͤchzeit gefeiert wird/ und zwar
die Hochzeit eiuer Anderen! ... Still! ich wußte
wohl, daß Ihr lachen würdet über die thörichte, aber⸗
gläubifche, hetrathsluſtige Jungfer! aber muın — wenn
hr wentgſtens ein gutes Herz habt, ſo werdet Ihr
ſie bemitleiden, das wuͤßt ich aucd. Sanue guch
mal jung geweſen — und fintemalen ihr im Finſtern
der Weg gezeigt worden, und die Dunınte Wahrſagerei
dem jungen und dein cnipfänglichen Gemüthe einen
Liebesſpiegel vorgehalten hat, glaubt Ihr, daß das
nicht auf ihr Lehen eingewirkt hahe und daß die
fortwährende Hoffnung, die nie erfüllt ward, ihr keine
Qual berurſacht und ihrem Verſtande keinen Schaden
zugefügt habe? Ihr habt ja an Gretchen gefehen,
welchen Eindruck Ddergleichen maden fanır! — Und
Fante Sanne ift luſtin, Gretchen war ja immer ihr
Liebling gewefen. Ob ſie jedoch im Verlaufe der
Zeit ganz veruünftig gewoͤrden iſt? Ich weiß es
iicht gewiß ſie fluſtert Gretchen in’S Ohr, daß
ſie gluͤcklich werden müſſe, weil es an ihreni Hoch—
zeitötage ſchönes Wetter geblieben iſt.

—* dieſem Augenblicke wenigſtens iſt Eretchen
glücklich. S3 thut ihr zwar Teid, daß Arie, ihr
ilteſter Bruder. der einzige iſt, der ſtill in B. ge—
blieben iſt. Denn, ſeidem er den Wehrwolf ſo tapfer
aus dem Felde geſchlagen, hat er geſchworen, nie
wieder einen Fuß in das Börfchen zu ſetzen Das
Hut Greichen woͤhl leid, aber ſie fühlt ſich trotzdem


 
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