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Wochenbeilage zum "Pfälzer Boten" — 1890

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Nr. 44 - Nr. 48 (2. November - 30. November)
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n — — — —

ng Nr. 48, Sonntag, den 30. November. 1890.
4 —

Sa 4 ; . }

* Molari werfen möchte, als Lügen in den Zeitungen geſagt würden
Ein Leſnit. 4 Aiben.

Ich reiſte, ſo erzählt Jemand in der franzöſiſchen
— Jeitung „Univer8“, im Monate Auguſt auf der Rhone in
nem Dampfer, welcher von Lyon nach Avignon ging.
n demſelben befanden ſich viele Reiſende mit welchen ich
gtkannt wurde, und als die Zeit zum Mittagsmahle erſchien,
ning ich heiter zu Tiſche bei welchem die Unterhaltung
esald allgemein wurde! Ein lebhafter, geiſtreicher junger
uann deherrſchte die Geſellſchaft und brachte alle in’s
beizchlepptau. Allein unglückſeligerweiſe war er ganz ein—
ozenommen von falſchen Grundſätzen, welche ihm in ſeinen
er miverſitätsſtudien eingeimpft worden. Mit einer großen
G-Sortion Anmaßung urtheilte er geſchickt und ungeſchickt,
zand erhob bis zu den Sternen Michelet und Quinet (un-
te, hriſtliche Schriftſteller und erklärte Feinde der Jeſuiten);
ere waren ſeine großen Männer, ſeine heiligen Väter, die
hetetter des Vaterlandes. Nicht zufrieden mit ſolchen Lobes⸗
e-rhebungen, las er aus ihren Werken gegen die Feſuiten,
mie er als verdammungswürdige Ungeheuer darſtellte, und
er lle Tiſchgenoſſen ſchienen ſeine Meinung zu theilen.

1g Sein Nachbar, ein Mann von etwa 45 Jahren, ſtarken
b-körperbaues und von einer würdigen und achtungswerthen
vehaltung, war unter den Wenigen, welche bisher nicht ge—
e-prochen hatten. Nach einigen Augenblicken wandte er ſich
en den heißblütigen Redner ganz ruhig: „Herr! Ich bin
ir in Sefnit.“ Aller Blicke waren auf ihn gerichtet. . „SIch
°n in ein ſolcher ſeit 23 Jahren und wenn von dem,
bebas Sie uns vorgeleſen haben, nur ein einziges Wort
“pahr wäre, ſo würde ich den Jeſuitenorden augenblicklich
n jerlaffen, ”

* Das Staunen wurde immer größer.

„Ihr Buch enthält nichts als Verläumdungen, und
C yenn die Univerfität, wo Sie ſtudirten, ihre Zöglinge ſo
eden lehrt, ſo geſchieht es deswegen, weil Frankreich ſich
‘C veigert, die Lehren des Jeſuitenotdens anzuhören; denn
‘U jer Orden verlangt eine ſtarke, freie und religiöſe Erzieh—
© ing, und wenn die Feſuiten von den meiſten Vätern er
D vählt werden fönnten, wie e& ſchon Hunderte von Familien
f ſiebt, welche ihre Söhne unjern Schulen zuführen, ſo ſind
hre großartigen Anſtalten ungenügend, alle aufzunehmen.
“ $ür die Univerfität iſt es Geldfrage, Eigenliebe u. weiter
iichts mehr. Uebrigens, meine Herren, ereignet es ſich
“ Mt, daß die Jeſuiten von jenen, die ſie nicht kennen, ge—
adelt und verdammt werden und ich glaube, daß Sie
luch zu dieſer Gattuug gehören, und ich bin vielleicht der
rſte Jeſuit, den Sie in Ihrem Leben geſehen haben. Alle
achten und gaben dies auch zu, und auch die Alten der
Heſellſchaft ſtimniten ein.

Der junge Vollblut wollte ſich aber noch nicht als be⸗
iegt erklären Er ſuchte von dem Jeſuiten das Geſtänd⸗
liß zu erpreſſen, daß in dieſem Orden denn doch Stören⸗
riede und Verſchwörer ſeien; zum Beweiſe dafür behalf er
ſich mit mehreren Zeitungsartileln.

i Als erſte Antwort galt: Wenn dergleichen Menſchen
z in dem Orden wahrgenommen würden. würden ſie bald
ı 3uSgefchoben; doch wenn man in die Rhone ſo viele Steine



w



Alle lachten und ſtimmten dem Jeſuiten bei, ſie ſchaar—
ten ſich um ihn herum, und fragten ihn mit großem In—
tereſſe, überhäuften ihn mit Aufmerkſamkeitsbeweiſen und
Entſchuldigungen. Dieſer Jeſuit war P. de Smet, Miſſio⸗
nar bei den „Plattföpfen,“ einem wilden Stamme in Nord⸗
amerika, welcher ſeit 2 Jahren dort das Epangelium pre—
digte, und in dem Felſengebirge mit reichlichem Erfolge
arbeitete. Er berichtete in aumuthiger Weiſe von jenen
Wilden, von den außerordentlichen Bemühungen der katho⸗
liſchen Prieſter in jenen Gegenden, ſo daß alle ihn mit
Staunen anhörten. Der Miſſionär ſchilderte ſodann die
vollſtändige Kleidung eines Haͤuptlings, er ſelbſt brachte
ein ſolches Kleid ſeinem Ordensgeneral nach Kom, und
man bat ihn, dies ſehen zu laſſen, welchem Wunſche ſo—
gleich willfahrt wurde Nie habe ich Schöneres geſehen,
ſo lange ich reiſe Es gehörte einem Krieger, dem erſten
Häuptling der Schwarzfüße, welcher von den Plattköpfen?
ermordet wurde und die dieſes Andenken dem Miſſionar
überreicht hatten

Die Zeit war wie ein Traum verſchwunden, und als
wir gelandet und uns von dieſem angenehmen Manne
trennen mußten, verabſchiedeten wir uns von ihm in ge—
fühlvoller Weije. Wir hatten einen Jeſuiten kennen ge—
lernt, und lalle Jeſuitenfurcht war in größte Hochachtung
und Verehrung gegenüber einem ſolchen Manne Goͤttes
verwandelt.

Auf den hochw. Herrn Prälat Zaͤnſſen

in Frankfurt. der Cardinal werden ſoll und der größte
Geſchichtſchreiber in Deutſchland iſt, hat Herr Pröfeſſor
Stoͤckle in Schwetzingen in den /Dichterſtimmen der Gegen—
wart“ Yı. 7 vom Juli ds. Is. folgendes Gedicht der—
öffentlicht?

Der neue Siegfried.

Ihr habt gehört die Kunde
Vom Recken ſtolzer Art,
Wie er in Waldesgrunde
Macht ſeine Heldenfahrt. —

S lehrt ihn Schwerter ſchmieden
Mimer, der liſt'ge Schmied,
Doch forchte er Siegfrieden,
Gern ſeinen Anblick mied.

Der Held ſchlug allgewaltig
Den Ambos in den Grund;

In Liſten vielgeſtaltig,

War das dem Schmied zu hunt.

Gern häͤtt, er ihn entſendet
Nach Xanten au den Rhein
und ſo von fich gewendet
Der Angſt und Sorge Pein.


 
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