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Wochenbeilage zum "Pfälzer Boten" — 1890

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Nr. 44 - Nr. 48 (2. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44275#0178
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das aber iſt gewiß, Daß er heil und mit ganzer Haut nach
Tulezin zurückkam und die Antwort brachte Und wie er—
fragteſt Du Herrn de Ia Garde, da Du noch nicht fran—
zöſiſch kannſt ?“ fragte ihn Herr Szczesliwy. — „HFreilich
kann ich's nicht, erlauchter Herr, aber auf dem Zungen—
ſpitzchen findet man endlich doch Alles. Zuerſt erfragte ich
Paris und kam endlich vor ſeine Thore. Wie ich aber in
die Stadt hineinreite, wie ich bemerke, daß ſie ſo groß, daß
Alt und Jung ſo ſonderlich ſchwach, und daß ſich Alles
um mich wie um einen Bär ſammelt, dachte ich: Jetzt wirds
ſchlimm Und ich ſpreche ſie an: „Wo iſt doch hier Herr de
la Sarde ?“ Sie fangen an zu lachen ı. zu ſchwatzen Jeder
auf ſeine Art. Ich frage zum zweiten, ich frage zum drit—
ten Male, da ſteigt mir ſchon die Galle auf und ich packe
einen Franzoſen beim Schopfe und fange ihn an tüchtig
zu kämmen. Sie aber fallen ſchreiend über mich her, und
ich hinwieder greife zur Ragojka (Kojakenpeitjche). Endlich
fommt die Wache packt mich mitſammt dem Franzoſen ein.
Sie brüllen mich an, ich bleibe nicht ftumm, und ſchreie,
ich ſei aus der Ukraine. Sie mußten etwas davon be—
greifen, denn ſie trieben wo einen Polaken auf, mit dem
ich mich doch verſtändigte. Er lachte nach Herzensluſt, ich
mußte dem geprügelten Franzoſen 2 Dukaten zahlen und
endlich führte dieſer ſelbſt mich zum Herrn de Ia Garde.
Als ihm der Franzoje die Geſchichte erzählte, lachte der
Alte daß er hätte berſten mögen, und aus der Stadt
kamen Herren herbei, um mich wie ein wildes Thier zu
beſchauen! Endlich gab mir der Alte die Antwort und ich
ritt von Ddannen.“ —. Potofy ſchenkte dem Olera die ge—
wonnene Wette, und machte ihn für das, was er gelitten,
zum Ataman.

Eine That rührender Kindesliebe, hat eine in der
Großen Frankfurter Straße wohnende Näherin . in Ber—
lin vollbracht Das junge und hübſche Mädchen, welches
als geſchickte Schneiderin in fremden Häuſern näht und
ſich wegen ihrer Geſchicklichkeit großer Beliebtheit erfreut,
hat für eine ſehr ſchwer Ffranfe Mutter zu ſorgen,
deren Pflege die Geldmittel des Mädchens in Dden
letzten Tagen völlig erſchöpft hHatte. Der letzte Werth—
gegenſtand befindet ſich jchou im Leihhaus Aber Nöthiges
mußte für die Mutter beſchafft mwerden. Das brave Mäd—
chen ließ bei einem Friſeur ihr prächtiges, goldblondes
Haar abjcdhneiden, welches die Bewunderung aller ihrer
Bekannten ſtets erregte, und überließ es dem Haarkünſtler
zu einem Preiſe der die augenblickliche Noth linderte.

Die verbrannte Million. Aufſehen erregt in Wien
die Thatſache, daß die vor wenigen Tagen verſtorbene Baro⸗
nin Reacchh vor ihrem Tode ihr Vermoͤgen im Betrage einer
Million verbrannt hat Die Baronin, welche als ſehr
excentriſch geſchildert wird, Hat von ihrem Gaͤtten eine
Million in barem Gelde geerbt und dieſe Million ſollte
nach ihrem Tode den Kindern ihres Gatten aus erſter Ehe
ausgefolgt werden. Wie das „W. .“ nun meldet, fand
ſich von der ganzen Million nicht ein Heller vor, trotzdem

man weiß, daß die Baronin ſehr ſparſam war und das
Geld nicht verausgabt hatte. Ihre Bedienerin gab end—
lich an, daß die Baronin ihre Depotſcheine Über eine

Million verbrannt habe. Nun mußte man die Million für
verloren geben Der Rechtsanwalt der Erben wandte ſich
jedoch in einem Cireular an alle große Banken des In- u.
Auslandes und es haben ſich einige franzöſiſche und engliſche
Banken mit der Angabe gemeldet, daß die Baronin Racch bei
inen Depots im Geſanimtbetrage von 600,000 Gulden liegen
habe. Von den reſtlichen 400,000 Gulden iſt keine Spur
vorhanden und es iſt noch fraglich, ob die aufgefundenen
600,000 Gulden ohne Depotſchein ausgefolgt werden.







Humoriſtiſches.

{

V Unpajfende Zrage. |

Knabe (mit jeiner Schulaufgabe beichäftigt): Welche Sprach!

wird denn in Chili geſprochen Bapa ?“ |

Vater: „In Chili? Nun in Chili wird die- iH— in Chill

ſpricht man bm— findejt Du die Frage nicht in Deinem Buche?!
Knabe: Nein, aber ich möchtẽ es gerne wiſſen.“

Vater (ſtreng): „Dann frage auch nicht danach,

Junge Was nicht in Deinem Buche ſteht,

zu wiſſen.“

duniniei
brauchſt Du nichl
* A *
Vexwechſelter Begriff.
Haſt Du 40 M. in Reſerve?“
„Itein.“ |
Na, dann biſt Du mir*ein ſchöner Reſerve Lieutenant!

Vorforattcht

Aber mein Kind, wozu dieſen Hut? Wir haben doch keint
Trauer.“

„Schadet nichts, Männchen; ab und zu ſtirbt doch Zemand!

A
8
:

*
Unerlaubter Yorzug.
„Was, Sie wollen meiner Braut, Ihrer verwöhnten,
ſpruchsvollen Tochter, bloß 100 Mark monatlich geben?!
machen Ste ja das heite* Sefchäft!“

*
Falſche Auffafſung.

„ Mutter (am Geburtstage): „Nun, freuft Du Dich denn
nicht über den „praktiichen Führer durch Zyrol“, denn Dir Papa
auf Deinen Wunſch hat kommen lafıen ? !“ k

Tochter (tiefanfieufsend): „Ach, ich hatte mir ja
lebendigen gewünfcht !”

an

Da

einen

* *
Die Entrüjtung der Mutter. }

Das fünfiährige Söhnchen eines reichen Hauſes gibt der
frauzöſiſchen Bonne einen Schlag ins Geficht. Darauf ſagt die
Mutter entrültet: „AWber, Willi, immer mit der linken
Hand! Willſt Du Dir das nicht endlich abgewöhnen ?“

* X
Rurz angebunden.

Ein oberſchleſiſcher Grundherr pilegt, die Gebräuche der
Feudalzeit kopirend, alle ſeine Untergebenen mit Er anzureden,
Neulich hatte er einen Hauslehrer engagirt, und als dieſer einige
Stunden ſpäter als erwartet eintraf, fuhr ihn der Grundherr
barſch an: „Ma, kommt er endlih?“ Nein er geht ſoeben!!
erwiderte der junge Mann gefaßt, drehte ſich um und 30g ab.

*

Ein ESdenfehHer, der den Schnaps liebt und ſeine Frau
prügelt, wird von der Polizei vernommen. Kommiſſar: „Wie
viel Gläſer triuken Sie denn täalich? — Ja Herr Kumzarius,
das kann ich Ihnen ſo pricke nicht anjeben. Das richt ſich dar—
nach ob das Wetter ſchwul iſt oder nicht; ob der Kimmel ſeine
jebörige Süte Hat, 0O ...“ — „Nu, die Durchſchnittsſumme
moͤcht ih hHören!“ — „Ia, zehn, vierz . : . .“ — „Na, ja, ich
fonnt’ mir ſchon denken, daß Sie die Sache im Großen treiben—
Die vielen Flecke auf Rock und Wefte !” — „Erlauben Se, Herr
Kumzarius! Wenn Se denken, daß dieſe Ziecken vons Trinken
fommen, dann irren Se ſich! — „Nun, wovon ſonſft? —
Von z Ueberſchwabb eln; Herr Kumzarius!

* *
; MacdhHt der Gemwohnheit.

Hwei Kaufleute, die in lehhafter Geſchäftsverhinduns ſtehen
und jehr ‚befreundet find, laſſen ihr Comptoir durch ein Te—
lephon verbinden. Am erften Tage ericheint der eine am Telephon
und ruft dem andern zu: „®uten Morgen, Herr Colega !“ —
„Suten Morgen!“ „Na, wie geht’3 Ihnen?” Ausgezeichnet
Priſe gefällig ?“

*
*
Sonderbare dankbartkeit.

— „Um Goͤtteswillen lieber Freund wie kommſt Du denn auf
einmal zu dieſer Familie? Du warft ja noch vor kurzem ledia!!

„ „ 3O war Gargon und hatte ein Zimmer bei meiner gegen“
wärtigen Fran gemiethet, Die eine fehr arme Wittwe war, Und
nichts al ſiehen Kinder Hatte. Plötzlich erkrankte ſie lebensge
fährlich, und da ſich ſonſt niemand um ſie fümmerte, nabm ich
mich der Verlaſſenen an und verpflegte fie und ihre Rinder bis
* Senejung mit ahem Nothwendigen. Aus Dankbarkeit hat
ie mich dann geheirathet.”



Verantwortlicher Redaltenr: Zulius Feder in Heidelberg.
Druck und Verlag ven Gebr. Huber in Heidelberg,



xdie

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