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Wochenbeilage zum "Pfälzer Boten" — 1890

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Nr. 27 - Nr. 30 (6. Juli - 27. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44275#0108
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einander fragend an, und harrten der Dinge, die da kommen
würden. Yır Matheo blickte, auf ſeinen Degen geſtützt,
ſtumm und finſter zur Erde.

„Brüder von Garfagnana!“ rief Arioſto mit lauter
Stimme, als er in dié Hörweite des Reſtes der Bande
kam: „Der Herzog von Ferrara hat mich zum Gouverneur
der Provinz Garfagnana mit dem Auftrag ernannt, in
dieſem Lande wieder Ordnung und Sicherheit herzuſtellen.
Ihr ſehet wohl ein, daß Ihr uns nicht mehr entrinnen
könnt und daß jeder Widerſtand nutzlos iſt. Auf meine
Verantwortung hin, mache ich Euch folgenden Vorſchlag.
Im Hafen von Livorno liegt ein Schiff, welches demnächſt
die Reiſe nach jenem wunderbaren Lande antreten wird,
welches das Genie unſeres Landsmannes Chriſtoph Columbus
entdeckt hat. Schifft Euch nach dem neuen Welttheile ein
und beginut dort ein neues geordnetes Leben. Eure Waffen
dürft ihr in dieſem Falle mitnehmen. Machet davon jen—
ſeits des Ozeans einen beſſeren Gebrauch als hier und be—
nützet ſie nür zur Vertheidigung eures Lebens und eures
Eigenthumes.

Die Räuber nahmen dieſe Bedingungen mit Beifalls-
geſchrei an und wurden von den Soldaten der Garniſon
Caſtel⸗Nuovo in die Mitte genommen und nach Livorno
geführt, wo ſie ſofort das Schiff beſteigen mußten.

Ein Tag nach der Einſchiffung der Räuber war
verfloſſen, als nach Caſtel-Nuovo die Nachricht über—
bracht wurde, Matheo ſei über Bord gefallen und er—
trunken.

*

Ungefähr zehn Jahre nach den Ereigniſſen, welche hier
geſchildekt wurden, durchſtreiften ein hochgewachſener Ritter
von etwa achtundfünfzig Jahren und eine Dame, welche
anſcheinend ziemlich jünger als ihr Begleiter war, die Hoch—
ebene von Garfagnana. Sie waren von einem ſehr dicken


ſtrahlte. Man hatte ihnen mitgetheilt, daß an der Stätte,
wo früher die Räuber ihr unheimliches und blutiges Ge—
werbe betrieben, ein Einſiedler hauſe, an deſſen Frömmigkeit
ſich die ganze Gegend erbaue. Als die drei Wanderer an
der Grotte angelangt waren, welche der Eremit bewohnte,
exhoben ſie laul ihre Stimmen, um denſelben von ihrem
Beſuche zu benachrichtigen; erſt dann traten ſie ein. Der
Einſiedler lag zu Füßen eines Eruzifixes und ſchien in
ſeine frommen Betrachtungen vollſtändig vertieft zu ſein.
Seine Stirne berührte diè Erde und mit ſeinen ausge—
—4— Armen ſchien er den Heiland um Vergebung zu
ehen.

Die drei Fremden machten das Zeichen des Kreuzes,
verrichteten ein ſtilles Gebet und warteten, bis der Cremit
aus ſeiner Betrachtung in die Wirklichkeit zurückgekehrt ſein
würde. Sie warteten lange; endlich traten ſie näher.
Der Eremit war, wie ſie ſich bei näherem Zuſehen zu ihrem
Schrecken überzeugten, todt. Einer der drei Fremden kniete
neben der Leiche nieder und bemerkte zu ſeinem Erſtaunen,
daß der Einſiedler mit der rechten Hand vor ſeinem Tode
einige Schriftzeichen in den Sand gegraben hatte. Sie
bildeten den Namen Laura. Alle drei ſtießen bei dieſer
Entdeckung einen Ruf der Ueberraſchung aus. Dann
betteten ſie den in Gott Entſchlafenen auf ſeine Matte,
ſtrichen dem Todten die langen Haare zurück und entdeckten,
daß Mathed der Räuber e& war, der durch ein Leben voll
Entbehrung und Reue gut zu machen verſucht hatte, was
er früher Böſes gethan. Wir begehen keine weitere Indis⸗
kretion, wenn wir hinzufügen, daß Axioſto ſeine Gemahlin
Laura und der frühere Koch der Brüder von Garfagnana
es waren, welche dem Einſiedler Matheo die Augen zu⸗
drückten und für deſſen chriſtliches Begräbniß ſorgten.



ſierter “gı |

; S —
Bie Mariyrer des Seichtſiegels. 4
Es gibt mehrfache Beiſpiele, wo Prieſter fül f 'e
Beichtfiegel in Leid und Tod gegangen, Dahingegen IW ür
kein Beiſpiel, wo ein Prieſter das heilige Bẽichtgeh nal
verrathen hätte. So wird in Zukuuft Gottes befoln q
Schutz über die Heilighaltung des Beichtſiegels wache fr
den Frieftern Kraft geben, wie Johannes don Nepoullder
den Tod zu gehen, fallz man bei ihnen die Verlegund 4*
Beichtſiegels zu erzwingen verſuchen ſollte 5 3
Eine ſolche Geſchichte, wie zwei Prieſter fl Mne
Beichtſiegel in den Tod gegangen, iſt folgende. 8
ſich zur Zeit des dreißigjährigen Krieges zugetragen. er
Unter den Schrecken diefes fürchferlichen Krieges f |
auch die Bevölterung des Frickthales Vorderſchle
welches damals zu Oeſterreich gehörte und treu zum 4*
ſtand, ſchwer zu leiden, beſonders durch die Soldatelber
Schwedenkönigs Guſtav Adolph. ne
Am 18. Februar 1638 machten die kaiſerlichen Zrn
von Rheinfelden aus einen Angriff gegen das Schwed“ f ve;
und nöthigten dasjelbe zur Flucht. Doch die SOM [ari
ſammelten ſich wieder bei Grenzach und Wilen, 84
dem weiten Felde Herthen in der Nähe von jeheinn; 8—
kam es zur Entſcheidungsſchlacht, in welcher das Schwl aı
heer unter Bernhard von Weimar die Kaiſerlichen vollſt m
beſiegte; der Hoͤchſtkommandirende der kaiſerlichen Yl
der Fürſt Savelli, gerieth mit ſeinen Generälen S ö
von Werth, Enkeford und Speerreuter in ſchwediſche!
fangenſchaft. 8
Herzog Bernhard von Weimar ließ den gefal *
Heerführer nach Laufenburg bringen und im dortizen
haus wohl bewachen. Ein ſchwediſcher Feldwebel


geſchoß waren noch andere Schildwachen aufgeſtelli
jeden Fluchtverſuch unmöglich zu machen. S
Savelli befand ſich vierzehn Tage in ſeiner —24
Haft, als er einen ebenſo kühnen, als liſtigen Fluch 1
zur Ausführung brachte. 1
Eine Wittwe Nüßlin in Laufenburg beſorgte dell!
neral die Wäſche und hatte deshalb hie und da freiel Alte
tritt in ſein Gefängniß. Dieſer Perſon theilte *
ſein Vorhaben mit ünd beredete ſie, ihm zur Flucht *A
helfen; er werde dann lebenslänglich für ſie ſorgen 4
er ein ſo vornehmer Herr war, ein Fürſt aus der Y 4
Rom und der Anführer des katholiſch-kaiſerlichen Hn
ließ ſich die Wittwe von ihm überreden und handelt?
nach ſeinem Plane. A
Am Abend des 15. März 1638 veranſtaltete 2
auf dem Rathhauſe ein glänzendes Gaſtmahl zu Eh
ſchwediſchen Hauptleute; der Feldwebel und die *
Nüßlin mußten dabei aufwarten Der fürſtliche Geſl
wollte durch ſeine reiche Bewirthung die Gäſte 44 (
ſich gewogen machen, ſondern ihnen auch etwas DE IM
verwirren; darum ließ er ſtarke, fremdländiſche Wein A N
allen Sorten auftragen, und nach Soldatenbraum b
man einander Geſundheit zu, bis die Gäſte 4
wußten, ob es Tag oder Nacht ſei. Schließlich brach 4
Wittwe Nüßlin eine Menge ſehr großer Paſteten 4
jo Daß jelbjt die Nebentijhe Ddamit ganz uͤberdect
Eine diefer Paſteten enthielt aber eine eigenthümlich® YM
ung, nämlich ein langes, dickes Seil. Kaum war 5 *
aufgehoben und die Gejelljchaft in Nacht und Neb“ ,
ſchwuuden, ſo verriegelte Savelli die Thür von 4
nahm ſchnell das Seil aus der bezeichneten Paſtete, beſl Mg
dasſelbe am Fenſter und ließ fich auf die Gaſſe IM
er eilte dann in ein bekanntes Haus, ſtieg aus be‘“„‘%‚
auf einer Leiter zum Rheinfeljen Hinunter und kont


 
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