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Wochenbeilage zum "Pfälzer Boten" — 1890

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Nr. 44 - Nr. 48 (2. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44275#0176
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geguete Dolores, ſich haſtig aufrichtend.
2

ihken leßten Strahl erhaſchen

Und ſie warf maſſenhaft Ballaſt aus, der Ballon verließ
die furchtbare Strömung, erhob ſich in unglaublich kurzer
elftauſend Fuß.
einer Laudkaͤrte gleich, tief

— Wir müſſen

In keichte Nebel gehüllt lag,
unten das ſchöne Frankreich

Dolores {tarrte, angſtlich fajt, nach Nordweſten

in Silberftreifen erweiterte ſich mehr und mehr.

Eifige Ruhe kam über das Antlip Dder Spanierin.

Betroffen ſtarrte Arthur nach jenem Silberglanze hin⸗
über, der ſichtlich an Ausdehnung gewann.

Was hedeutet dieſer Glanz der dort wie ein funkeln—
der Spiegel ſich auszubreiten beginnt ?“ fragte er haſtig.

Es ijt der Canal La Manche, der atlautiſche Ocean?“
ſagte Dolores tuhig.

„Um SGotteswillen !“ rief Arthur in höchſtem Er—
{taunen — „wohin gerathen wir denn? Dyrt iſt das Meer,
die Soͤnne fintt — ! Wie lange noch ſoll Dieje Luftfahrt
gewähren ?“ . ı
— —
Stimme.

Arthur blickte ſeine Geliebte an — jetzt erſt gewahrte
er den unbefchreiblichen Ausdruck todesmuthiger Entſchloſſen—
geiſterhafte Bläſſe ihres Autlitzes,

iſt zu Ende!! ſagte Dolores mit dumpfer

Waͤs iſt Dir?rief er beunruhigt. .
— ch gedenke meines Baters !” fagt Dolores mit dumpfer
Stimme.
Arthur entfärbt ſich
„Bater3?“ ſtammelte er — „n dieſem Augen—
Du warſt der Zeuge ſeines Todes,“ fuhr Dolores
Yangjamnı fort — „Haft dır vergeſſen, daß heute ſein Sterbe⸗

{ag ıb 25
den plötzlich alle



blicke

Sein Sterbetag! murmelte Arthur,
Faffüng zu verlaſſen ſchien
Duͤ ſahft ſein brechendes Auge, Du hörteſt ſein letztes
Röcheln. Und ihn rührte der Schlag, ſagſt Du !“
Za, jal“ lallte Arthur verſtört ;
„Arthur,“ fagte Doldres mit ſtreugem Ernſt — „ 1ir
ſchweben zwiſchen Yimmel und Erde, jede Sekunde kann
un8 Berderben bringen, jeden Augenblick müſſen wir bereit
Jein, vor Gott treten zu können! Sag, — traf meinen
Valer der Schlag, haſt Du die Wahrheit geredet?“
Mrthaur ſchien nach Entſchloſſenheit zu ringen ; er bebte.
Dann entgeguete er mit leifer, unficherer Stimme:
„Die Wahrheit !“ .
„So {trafe den Liügen, der dieje Zeilen ſchrieb!“
— Und Dolores nahın den Brief ihres Vaters aus
Taſche.

der

Da lie8!“ ſagte fie.

Arthur empfing, das Blatt mit zitternden Händen.

Die Sonne waͤr im Ocean untergeſunken, brennende
Abendröthe halte den Horizont in Gluth gejebt, verklärte
den Lelher riugs umher und leuchtete von tauſend fernen
Woölkchen wieder.

' Yırch das vergilhte Blatt, das Arthurs Häude krampf⸗
haft preßten, war roſig angehaucht.

MAuf dem Blatte aber |tand, unter Arthurs Schrift—
von der Hand des Spaniers.

„Tochter, meine Augenblicke ſind gezählt. Ich liege
hier mit zerſchmetterten Gliedern. ‚mein Mörder wird mir
die Augen zudrücken, er bringt Dir den Brief, aber er weiß







hauche, bei der Seligkeit Deiner Mutter beſchwöre ich
räche mich!“
Arthur las, ſeine Knie ſchlotterten ſeine Lippen zu

ſein Auge umflorte ſich, ihn fOwindelte, er ſtürzte, ſiuulant
faſt zu den Füßen ſeiner

Geliebten nieder.

„Dolores,“ ftöhnte er, während ein Kalter SQ { der
über jeine Stirm ranıt und verzweiflungsvolles Schauf un
ihn rüttelte — „Doloces, verdamme mich Unglüchelil ©
nicht, ohne mich zu hören.

Eine traurige Verkettung M
Umftänden führte das Schreckliche, herbei. Dein B de
reizte mich, der ältere Mann den heißblütigen Jünglingl ihe
beſchimpfte meine Nation — der Zorn übermannte mich |
ich — 19 —* } da
„Du —* .
„Weh’ mir! Ja, ja — im Zoru wollte ich ihn .
faſſen und ſtieß — ſtieß ihn vom Wagen hinunter ul
die Pferde. © Dolores, weinend, im tiefſter Seele {
fnirfcht rang ich an ſeinem Sterbebette die Hände, ich f
zu Gott um Verzeihung.

Ich würde mir in der Nerzul
lung das Leben genommen haben,

hätten nicht die lef

Morte des Sterbenden Dich an mich verwiejen. Zro6 Y
fäglicher Seelenqualen hatte ich den Muth, Ddie Kraft|
{eben — {für das Kind meines Opfers zu leben! Sch {A
Dich nicht Bitterer Schmerz, namenloje Foltern liel
mich nirgend raſten, unjtät waͤnderte ich von Land zu Lal
doch mit mir 30g die Erinnerung an jene entſetzliche Stul
und ftand grell dor meiner Seele, mocdhte ich Iroft ſuch
im Gebet oder Vergeſſenheit im Rauſche betäubender d
nuͤſſel ;

Arthur ſchwieg erſchöpft und vang die Hände,

Dolores blickte erſchüttert zU Boͤden, aͤlles Blut f
aus ihren Wangen gewidhen, doͤch das argloſe Abendr
verflärte mit roͤſigem Hauche ihr Schmerzensantliz — |
glaͤnzt oft ein lebensfriſcher Bfüthenftranß an gramerfül
Bruſt

„Sch fand Dih“ fuhr Arthur bebend fort — „Y
eine Liebe zog in mein Herz, jene heiße, unnennbare Lic
die Gott zu Luſt und Qualen. geſchaffen, die Paradies!
Hölle auf Erden iſt Und als ſie mir enthüllte, wer
Deiner Gegenliebe ward
9 Dolores, da klamerte ſich meine Seele an die 2
Hoffnung, auf Sühne des Bergangenen, da nahm ich De
Fiehe als den Palmzweig des Friedens, welchen der © ”
Deines VBaters Ddurch Did) mir bot, als ein Zeichen













2

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Er ſchwieg von Neuem unDd ſein
haftete an den Lippen feiner Geliebten.
Arthur!, begann Dolores mit feſter Stimme, „
mich ! Seit jenem Tage, da Diejer Brief in meine Häl
„Fam, habe ich die ſchrecklichſten Martern der Berzweiflt
empfunden, — entſetzlich litt ich, litt wie Du leideſt,
thur es giebt nichts Unjeligeres auf Erden, als DYu u.
Ich liebe Dich, keine Braut hat ſo geliebt, wie ich 3
fiebe — aber hier iſt meine Sendung die Liebe nicht
ich gehöre mir nicht mehr an — ich darf mur noch
Wertkzeug der Rache jein !”
Was willſt Du beginnen ?“ /

„Sin Leben fordert das andere. Ich bin eine Spaniel
ich muß das Gehot eines ſterbenden Vaters erfüllen.
darfit nicht lebend zur Erde zurück.“

Todle mich!“. rief Axthur außer ſich — „tötde mich
doch nein, nein! Beflecke nicht Deine reinen Hände
meinem ſchuldigen Blute !“ Q

„Und Du wähnſt, ich Könne leben ohne Dich?!
Dolores leidenſchafilich — „ werde ein elendes Da
hinſchleppen, dem ein trübfeliges Schickſal ſeine Kr

angſterfüllter B



nicht3 von dieſen Zeilen. Bei meinem letzten Lebens⸗

raubßt? Arthur, keine Braut hat ſo geliebt, wie ich Z


 
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