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Kleinjung, Christine; Johannes Gutenberg-Universität Mainz [Contr.]
Quellen und Forschungen zum Recht im Mittelalter (Band 11): Bischofsabsetzungen und Bischofsbild: Texte - Praktiken - Deutungen in der politischen Kultur des westfränkisch-französischen Reichs 835-ca. 1030 — Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2021

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74403#0224
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4. Besonderheiten der Synode: Die Suche nach dem richtigen Verfahren für eine Absetzung 223

wierige Diskussion über deren Rechtmäßigkeit anschloss. Mit der Verlesung des
Libellus war es ja auch bei Ebo nicht getan. Aber dies kann ein Kennzeichen
dieser Art der Wissensaktivierung sein. Die konkreten Konsequenzen des ge-
wählten Verfahrens Mitte des 9. Jahrhunderts sind Gerbert unbekannt oder
haben ihn zumindest nicht weiter interessiert. Es handelt sich um ein Aktivie-
rungsmuster927. Im Archiv lagern Dokumente, die nicht vergessen werden soll-
ten. Einen dieser Vergangenheitsbestände (nämlich die Dokumentation des Ebo-
Falls) aktiviert Gerbert: Arnulf ließ man also auch seinen Amtsverzicht verle-
sen928. Die Bischöfe wiederholen den Spruch der Bischöfe gegen Ebo: Gemäß
Deiner professio und Deiner Unterschrift, trete von deinem Amt (officium) zurück.
Gerbert muss hierfür Flodoards Historia Remensis Ecclesiae benutzt haben929.
4.2. Schriftlichkeit und Performanz
Das Schuldgeständnis und die Absetzungserklärung sowie Arnulfs Eid wurden
öffentlich ausgesprochen und verschriftlicht. Gerbert produziert „Akten" über
St. Basle", sie sollen Authentizität vermitteln. Ein wichtiges Stilmittel ist die
Arbeit mit direkten Reden und Zitaten sowie die Inserierung von Schriftstücken.
Da aber viele Anwesende der Synode Gerberts Fassung noch bezeugen konnten,
ist davon auszugehen, dass der von ihm geschilderte Ablauf mit den Gescheh-
nissen in St. Basle übereinstimmte und Gerberts Vorstellungen vom Bischofsamt
und wie mit einem Bischof, der gefehlt hat, umzugehen ist, auch auf die Zu-
stimmung der Beteiligten trafen. Unter der Abdankungserklärung Arnulfs
wurden zudem die Namen aller anwesenden Bischöfe aufgeführt, diese Auf-
listung erfüllt die Funktion einer Unterschriftenliste. Gerbert erfand also St. Basle
nicht, aber er erklärte im Nachhinein das Geschehen.
Ein zentraler Bestandteil des Verfahrens von St. Basle ist der Rücktritt Ar-
nulfs. Er tat dies mit folgenden Worten:
„Ich, Arnulf, einst Erzbischof von Reims, meine Schwäche und das Gewicht
meiner Sünden erkennend, habe ich mir als Zeugen und Beichtväter gewählt
Erzbischof Siguin, Erzbischof Daibert, Erzbischof Arnulf, Bischof Gotesmannus,
Bischof Herveus, Bischof Ratbod, Bischof Walter, Bischof Bruno, Bischof Milo,
Bischof Adalbero, Bischof Odo, Bischof Wido und Bischof Heribert als Richter
meiner Vergehen (delictorum) und habe vor denselben meine Beichte geleistet, ich
erbitte das Heilmittel der Buße und das Heil meiner Seele, so trete ich von mei-
nem bischöflichen Amt (officio et ministerio pontificali) zurück, dessen ich mich als
unwürdig erkannt habe und gebe es zurück wegen meiner Sünden, über die ich
denselben im Geheimen gebeichtet habe und derer ich öffentlich angeklagt
wurde; und zwar in jener Weise, dass diese jemand anderen zum Nachfolgenden
und zu Weihenden an meiner Stelle bestimmen, der würdig der Kirche vorstehen

927 S. dazu Koschorke, Wahrheit und Erfindung, S. 220ff.

928 MGH Cone. VI,2, c. 54.

929 S. Kapitel Ebo von Reims.
 
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