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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 4.1924

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Heft 1
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Je cherche après Titine
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Bülow, W. v.: Wintersonnenwende
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Hermann-Neisse, Max: Harmloser Mieter
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https://doi.org/10.11588/diglit.62257#0054

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Dann werden an den Ast-Spitzen des Welten-Weihnachts-Baumes wieder die
Elms-Feuer göttlichen Geistes aufleuchten, als deren Sinnbilder wir die immergrüne
Tanne mit brennenden Wachskerzen bestecken, auf daß Heil uns erwachse. Dann
werden uns ungeahnte geistige Kräfte aus dem ewigen Weltenborn, der Urda-Quelle,
zuströmen. Dann wird es, wie Nostradamus unserer Zeit prophezeit hat, Edelsteine
regnen, verborgen unter dem Vlies (KRI). Dann wird Harzgeruch der Tannen-
zweige unsere Herzen mit weihnachtlichem Stimmungszauber erfüllen. Dann werden
wir als Herren (Fro) wieder froh und frei ins Reich göttlicher Freiheit zurück-
kehren.
Dann wird auch Deutschland wieder frei werden.
(Dtsch. Ztg

HARMLOSER MIETER
Von
Max Herrmann-Neisse
Meiner Wirtin rotseidne Strumpfbänder fand ich nächtlich auf dem Flure,
jetzt weiß ich nicht, ist sie eine biedre Frau oder eine Hure ...
Oft hör' ich plötzlich einen Herren kommen
und in meinem Schlaf Geräusche, schwül, verschwommen.
Jetzt weiß ich nicht: ist das ihr Gatte, der Eisenbahner, dem sie im Hemd
die Tür aufschlieft, oder ist der Kerl ihr fremd...
Über Tag ist sie allein, aus der Küche riecht's nach gebratnem Fett,
geh' ich an ihrer offnen Stube vorbei, seh' ich immer ein ungemachtes Bett.
Früh bringt sie mir, sehr im Neglige, den Kaffee herein,
macht verwischte Augen, bleibt lange unter der Lampe stehen und grinst gemein.

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