WINTERSONNENWENDE
Von
REGIERUNGSRAT a. 1). IHv. BÜROIN
Das liebe Weihnachtsfest, das wir alljährlich zur Zeit der Winter-Sonnenwende
begehen, ist so durchwoben von den Gemütskräften der deutschen Seele, daß
man kaum noch zu unterscheiden vermag, was an ihm aus christlicher, was aus ger-
manischer Quelle stammt. Beides ist zu voller künstlerischer und religiöser Einheit
verschmolzen. Eine solche Verschmelzung wäre kaum möglich gewesen, hätte nicht
von Anfang an eine in die Tiefe gehende innere Verwandtschaft zwischen Christen-
tum und Germanentum bestanden. Wer diesen Beziehungen nachgeht, ist erstaunt,
auf Schritt und Tritt immer neue Zusammenhänge zu erspüren. Freilich muß man
dazu nicht an der Außenseite der Dinge kleben bleiben.
Freyr ist wie Christus das göttliche Kind, dem die Götter Alfheim, das Reich
der Seelen, zum Patengeschenk gaben. Wenn bei seinem winterlichen Geburtsfest
zur Wikingerzeit auch weidlich gezecht wurde, wie bei allen festlichen Gelegen-
heiten, so war doch die Grundstimmung eine ernst-feierliche. Freyr war das Ge-
lübdekind, das Versprechungen für das neu beginnende Lichtjahr bei den goldenen
Borsten des Jul-Ebers entgegennahm. So zäh bleibt die äußere Form solch un-
religiöser Gebräuche erhalten, daß in Deutschland das vor dem Kriege so allgemein
beliebte Zuckergebäck Marzipan gern in Form eines Schweines gestaltet wurde.
Der Name dieses Markus-Brotes (marci panis) ist christlich, die Form germanisch.
Aber als unsere Vorfahren den Zucker noch nicht kannten, verwendeten sie für das
Weihnachtsgebäck Honig, wie ja noch heute der Honigkuchen das dem Weihnachts-
fest eigentümliche Gebäck geblieben ist. Der Grund liegt auf der Hand. Honig ist
mit seiner goldgelben Farbe ein Abbild der goldenen Sonne und jenes goldflüssigen
ewigen Trankes, dessen sich die Götter im goldenen Zeitalter erfreuten (Nektar und
Ambrosia der Olympier), und sein Name läßt klar erkennen, daß in ihm die Wieder-
geburt der hohen neuen Sonne verehrt wurde. Ho—nig heißt »die hohe Neue«.
Daß man gerade den Markus als Paten des Marzipans wählte, hat natürlich auch
seine tiefere Bedeutung. In der biblischen Erzählung des Evangelisten Markus, der
nichts über Christi Geburt berichtet, kann der Grund nicht gefunden werden. Folg-
lich ist Markus ein Deckname. Aber wofür? Zunächst könnte man an die doppelte
Gleichung Marcus = Mercur — Wodan denken (der Mercurii dies, Mittwoch, heißt
englisch wed day, Wodanstag). Naheliegender scheint es mir, daß sein Name deshalb
gewählt wurde, weil die Mitlauter-Grundstäbe, die ihn bilden: MR—KS, einen Hin-
weis auf den von allen Religionen ersehnten und verkündeten Weltenheiland ent-
halten. Das MR hängt sowohl mit Meer (lateinisch mare) wie mit Maria zusammen.
Überall ist die Weltenmutter, die Venus Urania der Griechen, die himmlische
Quellen- und Meeresfrau und Mutter des kommenden Welterlösers, des KAS und
KAUS, des göttlichen Bogenschützen, den die Griechen Eros, die Ägypter Horus
nannten, Min-Horus, den Minne-Eros, den Geliebten seiner Mutter. Wollen wir also
auch nur das Marzipan als Weihnachtsgebäck begreifen, so müssen wir uns schon
erleuchten lassen vom Ur-Licht, das uns das Ur-Wort offenbart.
Wie der von Professor Kossinna beschriebene germanische Eberswalder Gold-
fund bestätigt hat, war der germanische Gottesdienst vornehmlich ein Sonnen-Kultus.
Freyr, das göttliche Kind, das in der geweihten Gin- oder Geister-Nacht, der Weihe-
Nacht, in der Winter-Sonnenwende alljährlich geboren wird, ist der junge, die
Winter-Eismacht überwindende Sonnengott. Lange hat man sich damit begnügt,
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Von
REGIERUNGSRAT a. 1). IHv. BÜROIN
Das liebe Weihnachtsfest, das wir alljährlich zur Zeit der Winter-Sonnenwende
begehen, ist so durchwoben von den Gemütskräften der deutschen Seele, daß
man kaum noch zu unterscheiden vermag, was an ihm aus christlicher, was aus ger-
manischer Quelle stammt. Beides ist zu voller künstlerischer und religiöser Einheit
verschmolzen. Eine solche Verschmelzung wäre kaum möglich gewesen, hätte nicht
von Anfang an eine in die Tiefe gehende innere Verwandtschaft zwischen Christen-
tum und Germanentum bestanden. Wer diesen Beziehungen nachgeht, ist erstaunt,
auf Schritt und Tritt immer neue Zusammenhänge zu erspüren. Freilich muß man
dazu nicht an der Außenseite der Dinge kleben bleiben.
Freyr ist wie Christus das göttliche Kind, dem die Götter Alfheim, das Reich
der Seelen, zum Patengeschenk gaben. Wenn bei seinem winterlichen Geburtsfest
zur Wikingerzeit auch weidlich gezecht wurde, wie bei allen festlichen Gelegen-
heiten, so war doch die Grundstimmung eine ernst-feierliche. Freyr war das Ge-
lübdekind, das Versprechungen für das neu beginnende Lichtjahr bei den goldenen
Borsten des Jul-Ebers entgegennahm. So zäh bleibt die äußere Form solch un-
religiöser Gebräuche erhalten, daß in Deutschland das vor dem Kriege so allgemein
beliebte Zuckergebäck Marzipan gern in Form eines Schweines gestaltet wurde.
Der Name dieses Markus-Brotes (marci panis) ist christlich, die Form germanisch.
Aber als unsere Vorfahren den Zucker noch nicht kannten, verwendeten sie für das
Weihnachtsgebäck Honig, wie ja noch heute der Honigkuchen das dem Weihnachts-
fest eigentümliche Gebäck geblieben ist. Der Grund liegt auf der Hand. Honig ist
mit seiner goldgelben Farbe ein Abbild der goldenen Sonne und jenes goldflüssigen
ewigen Trankes, dessen sich die Götter im goldenen Zeitalter erfreuten (Nektar und
Ambrosia der Olympier), und sein Name läßt klar erkennen, daß in ihm die Wieder-
geburt der hohen neuen Sonne verehrt wurde. Ho—nig heißt »die hohe Neue«.
Daß man gerade den Markus als Paten des Marzipans wählte, hat natürlich auch
seine tiefere Bedeutung. In der biblischen Erzählung des Evangelisten Markus, der
nichts über Christi Geburt berichtet, kann der Grund nicht gefunden werden. Folg-
lich ist Markus ein Deckname. Aber wofür? Zunächst könnte man an die doppelte
Gleichung Marcus = Mercur — Wodan denken (der Mercurii dies, Mittwoch, heißt
englisch wed day, Wodanstag). Naheliegender scheint es mir, daß sein Name deshalb
gewählt wurde, weil die Mitlauter-Grundstäbe, die ihn bilden: MR—KS, einen Hin-
weis auf den von allen Religionen ersehnten und verkündeten Weltenheiland ent-
halten. Das MR hängt sowohl mit Meer (lateinisch mare) wie mit Maria zusammen.
Überall ist die Weltenmutter, die Venus Urania der Griechen, die himmlische
Quellen- und Meeresfrau und Mutter des kommenden Welterlösers, des KAS und
KAUS, des göttlichen Bogenschützen, den die Griechen Eros, die Ägypter Horus
nannten, Min-Horus, den Minne-Eros, den Geliebten seiner Mutter. Wollen wir also
auch nur das Marzipan als Weihnachtsgebäck begreifen, so müssen wir uns schon
erleuchten lassen vom Ur-Licht, das uns das Ur-Wort offenbart.
Wie der von Professor Kossinna beschriebene germanische Eberswalder Gold-
fund bestätigt hat, war der germanische Gottesdienst vornehmlich ein Sonnen-Kultus.
Freyr, das göttliche Kind, das in der geweihten Gin- oder Geister-Nacht, der Weihe-
Nacht, in der Winter-Sonnenwende alljährlich geboren wird, ist der junge, die
Winter-Eismacht überwindende Sonnengott. Lange hat man sich damit begnügt,
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