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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 4.1924

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Heft 1
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Je cherche après Titine
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Heft 2
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Köster, Aug.: Die Malkunst der Griechen
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https://doi.org/10.11588/diglit.62257#0175

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DIE MALKUNST DER GRIECHEN
iVon
AUG. KÖSTER
^u den Abbildungen aus: PFUHL, Malerei und Zeichnung der Griechen,
Verlag F. Bruckmann, München 1923.)
s ist eine bekannte Tatsache, daß Werke der Malerei im allgemeinen das In-
teresse des Publikums in größerem Maße in Anspruch nehmen, als Skulpturen,
Bauwerke und andere Erzeugnisse der bildenden Künste, schon weil sie ihres Inhaltes
wegen — erzählend oder schildernd — dem Beschauer meist etwas Gegenständliches
zu sagen haben und deshalb seinem Empfinden näher stehen. Trotz dieser in die
Augen springenden Bevorzugung der Malerei im allgemeinen tritt das Interesse
für die Malerei der Antike bei uns durchaus zurück, und nur den wenigen,
die das Kulturleben des Altertums in seinem ganzen Umfange durchdrungen
und erfaßt hatten, war es klar, daß auch die griechische Malerei in ihrer Art
das Höchste gegeben hat, was eine Kunst zu geben vermag, wenn auch nur
wenige und trümmerhafte Reste auf uns gekommen sind. Seit Jahrzehnten war auch
die Erforschung der antiken Malkunst trotz einzelner Spezialuntersuchungen etwas
zurückgeblieben. Eine großangelegte, zusammenfassende Darstellung der gesamten
Malerei des Altertums schenkt uns jetzt Ernst Pfuhl, »Malerei und Zeichung der
Griechen«, 2 Textbände, 1 Tafelband (F. Bruckmann, München 1923), ein monumen-
tales Werk an Umfang und Inhalt. Mit profunder Gelehrsamkeit wird hier zum ersten
Male die Entwicklung der griechischen Zeichenkunst vor Augen gestellt, die Vorliebe
für Farbigkeit schon in frühester Zeit, der Übergang von der flächenhaft kolorierten
Zeichnung zur Malerei, und diese selbst bis zu höchster Vollendung. Eine Fülle von
Tafelbildern — mehr als 800 — führt den Leser durch alle Jahrhunderte antiken
Kunstschaffens. Sind es auch nur dekorative Wandgemälde, die uns erhalten geblieben
sind, sie lassen trotz ihrer handwerksmäßigen Art immer den künstlerischen Geist
ahnen, der die große Kunst beseelte. Abb. 3 zeigt ein einfaches Stilleben, auf dem
ein Pfirsichzweig vorgeführt wird mit reifen Früchten, daneben ein durchsichtiges
helles Glasgefäß mit einer klaren Flüssigkeit. Solche Stilleben, die Eßwaren zeigen,
nannte man Xenia — Gastgeschenke. Es war nämlich Sitte, den Gastfreund, den
man bei sich aufgenommen, nur am ersten Tage zu Tisch zu bitten; an den folgenden
Tagen wurden ihm Früchte, Gemüse, Fleisch, Fische usw. geschickt, die er sich
dann selbst zubereitete. Von diesen Gastgaben wurden auch die darauf hindeuten-
den Gemälde »Xenia« genannt. Einem Zyklus von mehreren Bildern aus dem Speise-
saal der Villa Item bei Pompei sind Abb. 1 und 4 entnommen. Es sind Szenen der
dionysischen Weihen. Das hochheilige Symbol, das Liknon, wird enthüllt und der
Anblick des enthüllten Phallos erregt den Schrecken der Mädchen, von denen die
eine (Abb. 4), lebhaft erregt nach links sich bewegend, mit der Gebärde des Ent-
setzens die Rechte mit dem segelartig gebauschten Mantel erhebt. Hinter ihr sitzen
zwei Mädchen, die von dem Vorgang noch nichts gemerkt haben, in idyllischer
Ruhe. Die eine reicht einem Rehkalb die Brust, die andere bläst die Syrinx, vor ihnen
steht eine Ziege. An der anderen Seite der Enthüllungsszene ist ein jugendliches
Mädchen entsetzt in den Schoß der Freundin geflüchtet (Abb. 1), davor bewegt sich,
die Enthüllung nicht beachtend, eine tanzende unbekleidete Beckenschlägerin vor
einer Gefährtin mit dem Tyrsos, von derem dunklen Gewände sich der schlanke,
nackte Mädchenkörper um so leuchtender abhebt. Gerade diese Bilder dieser Art
lassen uns etwas von dem inneren Reichtum und der monumentalen Größe er-
kennen, die der antiken Malerei innewohnt.

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