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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 4.1924

DOI issue:
Heft 5
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Reibnitz-Maltzan, Louise von: Vier Frauen aus dem zweiten Kaiserreich: EIn Tee bei Gräfin Melanie Pourtalès
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.62257#0549

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Werner Schoff Zeichnung

VIER FRAUEN AUS DEM ZWEITEN KAISERREICH

Ein Tee bei Gräfin Melanie Pourtalej
Von
LOUISE FREIFRAU VON REIBNITZ-MALTZAN
Es gibt nur a Kaiserstadt
Es gibt nur a Wien,
Es gibt nur a Fürstin,
Die Metternich Paulin'.
Diese Zeilen glitten neulich durch meine Hände, und das Bild eines Nach-
mittagstees in Cannes bei der Gräfin Melanie Pourtales, geborenen de
Bussiere, wurde vor meinen Augen lebendig. Wir saßen am brennenden Kamin im
großen Salon. Ein türkisblauumrandetes Sevres-Service mit kleinen Streuröschen
stand auf dem mit kostbarer Spitzendecke belegten Tisch. Vor der Hausfrau bro-
delte der silberne Samowar. Es war nur ein kleiner Kreis von Geladenen. Das be-
sondere Interesse erweckten die vier Freundinnen aus der Glanzzeit des zweiten
Kaiserreichs, nämlich die Fürstin Pauline Metternich, die Marquise de Gallifet,
Prinzessin Sagan und die Gräfin Pourtalös. Diese vier Frauen, äußerlich sehr
verschieden, hatten alle dieselbe große Linie der Tradition und Kultur, dieses
unbeschreibbare Etwas haftete an ihnen, welches ererbt sein muß. Man kann es
weder durch Geld noch durch Luxus erlangen. Sie hatten in Haltung und Ge-
bärde das Selbstbewußte, Sieghafte, welches nur denjenigen gehört, die auf den
Höhen des Lebens gewandelt sind. Welch ein Duft, welch ein Reiz liegt über
solchen Frauen, die durch Geist und Anmut zu Herrscherinnen der Gesellschaft
geworden sind! Sie haben niemals die kleinlichen Sorgen des Alltags gekannt.

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