Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt
— 4.1924
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https://doi.org/10.11588/diglit.62257#0153
DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:Je cherche après Titine
DOI Heft:Heft 2
DOI Artikel:Alexander, E.: Der Deserteur
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.62257#0153
DER DESERTEUR
Das beklagenswerte Geschick des Soldaten, der, von Heimweh und Freiheitsdurst
getrieben, seinen Fahnen entfloh, bot in Großvaters Tagen einen beliebten Stoff
rührseliger Schöpfungen der Volkspoesie, und manche dieser Lieder haben sich bis in
unsere Tage hinein erhalten. Doch der heutigen, unter dem Eindruck gewaltigsten
Geschehens gegen jede Sentimentalität empfindungslos gewordenen Generationen
wissen die einst viel gesungenen Deserteurslieder, wie »Das Heidegrab«, »Zu Straß-
burg auf der Schanz« usw. nichts mehr zu sagen. Die in der Ära der allgemeinen
Wehrpflicht herangewachsene Menschheit sah in dem Fahnenflüchtling nicht mehr
ein dem Tode geweihtes, des Mitleids fühlender Menschen wertes Opfer des er-
barmungslosen Militärgesetzes. Denn in den Volksheeren war die Strafe für solche
Vergehen nicht allzu hart. Das Interesse, das die Öffentlichkeit dem jeder Romantik
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