erkennung etwas einzuwenden, aber die Liste der Nobelpreis-Empfänger wirkt weder lächerlich
noch allzu pompös. Das ganze Verfahren hat seine Schwächen: Der Preis konnte weder Maeter-
lincks Schriften verhindern noch Spitteler Gehör verschaffen. Wenn man die Einwendung machen
wollte, daß die Preiserteilung an France unproduktiv war, und daß die Unterstützung der Kom-
menden wichtiger ist als die Bekränzung der Arrivierten, so träfe diese kritische Anmerkung mehr
die Preisbedingungen als die Aktion der Schwedischen Akademie.
Die Dekadenz Maeterlincks hat gezeigt, welche Gefahr darin liegt, junge Menschen zu krönen.
Eine Gefahr, die nicht zu einem unbedingten Abschreckungsmittel werden sollte, die aber einer
feindlichen Kritik zugestanden werden muß.
Und wenn (um zu rekapitulieren) der Preis nicht Yeats zugefallen wäre, so hätte er sehr
wohl einem anderen Iren erteilt werden dürfen. Wenn er aber aus irgendwelchen nationalen Grün-
den nicht an zwei aufeinander folgenden Jahren der gleichen Nation zugehen darf, so hätte man
James Joyce als Repräsentanten der Republik der Literatur nominieren können, als Vertreter der
»Heimatlosen«, die gegenwärtig eine so beträchtliche Zahl von Schriftstellern umfassen, als sich
in irgend einem Lande nur finden läßt.
Dies — wenn nicht im nächsten Jahre, so doch in einem nicht allzu fernen, denn bei Durch-
sich der Liste der Möglichkeiten scheint die Zahl derselben nicht unbegrenzt. Da ist, zugegeben,
Hardy, und die Italiener möchten seit Fiume und seinen Kriegsverdiensten d'Annunzio präsen-
tieren; Frankreich hat keinen Schriftsteller ersten Ranges und ich wüßte keinen, der eine fran-
zösische Stimmenmehrheit erhielt, es sei denn durch verzweifelte Mache. Und da ist noch Conrad
(Korzeniowski!): »Heimatlos«, von Polen präsentiert oder von England?, nicht gerade ganz vom
Range Joyce's als Autor.
»IDEALISMUS«.
In den Diskussionen, die hier in Paris über Joyce's »Wählbarkeit« stattgefunden haben, ist dies
Wort gebraucht worden, und zwar so, als ob es irgendwie den Autor von »Ulysses« ausschließen
könnte. Das ist leeres Geschwätz.
Wenn Idealismus irgend etwas bedeutet, wenn das Wort irgend einen Sinn in sich schließt, der
mehr ist als ein Jonglieren mit Schlagworten und Schiboleths und als der Versuch, ein Allheil-
mittel, an das man persönlich glaubt, anderen aufzudrängen, wenn es mehr bedeutet als dies, was
könnte es bedeuten?
Sicherlich ist der höchste Idealismus derjenige, der versucht, anderen die Beziehungen zwischen
einem Ding bezw. einem Geisteszustand und einem anderen deutlicher zu machen, sie des Kosmos
bewußt zu machen, in dem sie leben.
Und wenn »Ulysses« bestehen wird, so wird er es tun als ein großes Werk der Katharsis.
Eine Stimme im Hintergründe sagt: »Er ist niemals einem Amerikaner zugesprochen worden.«
Auch das ist leeres Geschwätz. Es hat in der Nobelpreiszeit nur einen einzigen Amerikaner von
angemessener Größe gegeben, und man kann sich schwerlich Henry James bei dem Akt der Ent-
gegennahme der Medaille vorstellen. Man kann sich ihn schwerlich vorstellen, wie er sich die
Existenz Schwedens vergegenwärtigt. Man hört fast die leise, sanfte Stimme: "Eh, I, eh belong
to a body, eh, doubtless you also belong to it" (stumme Frage meinerseits) "and there is also
another inner and more secret body, eh, doubtless you also belong to it . .. ." etc., großartig
schließend: "and how my dear old friend . . . eh . .. Howells . . .!"
James hatte mit einiger Überwindung einer Aufforderung Folge geleistet und eine Glück-
wunschadresse eingesandt, die bei einem Dinner zu Ehren Howells verlesen werden sollte, und
die sogenannte Amerikanische Akademie hatte diese unterschlagen, weil sie nicht schmeichelhaft
genug war für die nationale Eselhaftigkeit.
Abgsehen von allem anderen gibt es einen Grund, der es verbietet, daß irgend ein Amerikaner
oder Engländer unmittelbar für eine derartige internationale Ehrung in Betracht käme:
500 Exemplare nämlich eines bedeutenden literarischen Werkes sind in Washington beschlagnahmt
und verbrannt und weitere 500 Exemplare in Southampton beschlagnahmt und verbrannt worden,
und kein Schriftsteller mit dem ständigen Wohnsitz in England oder Amerika hat ein Wort des
Protestes geäußert.
Ich spreche von der Beschlagnahme und der Vernichtung der Exemplare von Joyce's »Ulysses«.
Und wenn es Aufgabe der Schwedischen Akademie ist, eine Art internationaler literarischer Ge-
rechtigkeit auszuüben: dieses Unrecht hier ist wieder gut zu machen!
Man könnte sich in Bayles Zeit zurückversetzt glauben, wo man ein Dictionnaire auf dem
Marktplatze verbrannte.
Und in einer solchen Zeit ist es recht, daß die Dichter eines Volkes zu leiden haben für die
Untaten des Pöbels, den sie selbst mißleitet oder in einer schmachvollen Finsternis belassen haben.
noch allzu pompös. Das ganze Verfahren hat seine Schwächen: Der Preis konnte weder Maeter-
lincks Schriften verhindern noch Spitteler Gehör verschaffen. Wenn man die Einwendung machen
wollte, daß die Preiserteilung an France unproduktiv war, und daß die Unterstützung der Kom-
menden wichtiger ist als die Bekränzung der Arrivierten, so träfe diese kritische Anmerkung mehr
die Preisbedingungen als die Aktion der Schwedischen Akademie.
Die Dekadenz Maeterlincks hat gezeigt, welche Gefahr darin liegt, junge Menschen zu krönen.
Eine Gefahr, die nicht zu einem unbedingten Abschreckungsmittel werden sollte, die aber einer
feindlichen Kritik zugestanden werden muß.
Und wenn (um zu rekapitulieren) der Preis nicht Yeats zugefallen wäre, so hätte er sehr
wohl einem anderen Iren erteilt werden dürfen. Wenn er aber aus irgendwelchen nationalen Grün-
den nicht an zwei aufeinander folgenden Jahren der gleichen Nation zugehen darf, so hätte man
James Joyce als Repräsentanten der Republik der Literatur nominieren können, als Vertreter der
»Heimatlosen«, die gegenwärtig eine so beträchtliche Zahl von Schriftstellern umfassen, als sich
in irgend einem Lande nur finden läßt.
Dies — wenn nicht im nächsten Jahre, so doch in einem nicht allzu fernen, denn bei Durch-
sich der Liste der Möglichkeiten scheint die Zahl derselben nicht unbegrenzt. Da ist, zugegeben,
Hardy, und die Italiener möchten seit Fiume und seinen Kriegsverdiensten d'Annunzio präsen-
tieren; Frankreich hat keinen Schriftsteller ersten Ranges und ich wüßte keinen, der eine fran-
zösische Stimmenmehrheit erhielt, es sei denn durch verzweifelte Mache. Und da ist noch Conrad
(Korzeniowski!): »Heimatlos«, von Polen präsentiert oder von England?, nicht gerade ganz vom
Range Joyce's als Autor.
»IDEALISMUS«.
In den Diskussionen, die hier in Paris über Joyce's »Wählbarkeit« stattgefunden haben, ist dies
Wort gebraucht worden, und zwar so, als ob es irgendwie den Autor von »Ulysses« ausschließen
könnte. Das ist leeres Geschwätz.
Wenn Idealismus irgend etwas bedeutet, wenn das Wort irgend einen Sinn in sich schließt, der
mehr ist als ein Jonglieren mit Schlagworten und Schiboleths und als der Versuch, ein Allheil-
mittel, an das man persönlich glaubt, anderen aufzudrängen, wenn es mehr bedeutet als dies, was
könnte es bedeuten?
Sicherlich ist der höchste Idealismus derjenige, der versucht, anderen die Beziehungen zwischen
einem Ding bezw. einem Geisteszustand und einem anderen deutlicher zu machen, sie des Kosmos
bewußt zu machen, in dem sie leben.
Und wenn »Ulysses« bestehen wird, so wird er es tun als ein großes Werk der Katharsis.
Eine Stimme im Hintergründe sagt: »Er ist niemals einem Amerikaner zugesprochen worden.«
Auch das ist leeres Geschwätz. Es hat in der Nobelpreiszeit nur einen einzigen Amerikaner von
angemessener Größe gegeben, und man kann sich schwerlich Henry James bei dem Akt der Ent-
gegennahme der Medaille vorstellen. Man kann sich ihn schwerlich vorstellen, wie er sich die
Existenz Schwedens vergegenwärtigt. Man hört fast die leise, sanfte Stimme: "Eh, I, eh belong
to a body, eh, doubtless you also belong to it" (stumme Frage meinerseits) "and there is also
another inner and more secret body, eh, doubtless you also belong to it . .. ." etc., großartig
schließend: "and how my dear old friend . . . eh . .. Howells . . .!"
James hatte mit einiger Überwindung einer Aufforderung Folge geleistet und eine Glück-
wunschadresse eingesandt, die bei einem Dinner zu Ehren Howells verlesen werden sollte, und
die sogenannte Amerikanische Akademie hatte diese unterschlagen, weil sie nicht schmeichelhaft
genug war für die nationale Eselhaftigkeit.
Abgsehen von allem anderen gibt es einen Grund, der es verbietet, daß irgend ein Amerikaner
oder Engländer unmittelbar für eine derartige internationale Ehrung in Betracht käme:
500 Exemplare nämlich eines bedeutenden literarischen Werkes sind in Washington beschlagnahmt
und verbrannt und weitere 500 Exemplare in Southampton beschlagnahmt und verbrannt worden,
und kein Schriftsteller mit dem ständigen Wohnsitz in England oder Amerika hat ein Wort des
Protestes geäußert.
Ich spreche von der Beschlagnahme und der Vernichtung der Exemplare von Joyce's »Ulysses«.
Und wenn es Aufgabe der Schwedischen Akademie ist, eine Art internationaler literarischer Ge-
rechtigkeit auszuüben: dieses Unrecht hier ist wieder gut zu machen!
Man könnte sich in Bayles Zeit zurückversetzt glauben, wo man ein Dictionnaire auf dem
Marktplatze verbrannte.
Und in einer solchen Zeit ist es recht, daß die Dichter eines Volkes zu leiden haben für die
Untaten des Pöbels, den sie selbst mißleitet oder in einer schmachvollen Finsternis belassen haben.