Das Belvedere-Faksimile. Eine Sensation im Wiener Kunsthandel bilden die von der
Würthle Verlagsgesellschaft seit der Wiener Herbstmesse in den Handel gebrachten neuartigen
Gemäldereproduktionen, die Belvedere-Faksimile. Endlich Reproduktionen, die dem Bedürfnis des
Publikums nach guten bildmäßigen Wiedergaben berühmter Meisterwerke vollkommen gerecht wer-
den; jedenfalls in ganz anderer Weise gerecht werden, als dies irgend ein Druckverfahren bisher
imstande war. Die Reproduktionen sind nicht nur in Zeichnung und Farbwerten absolut original-
treu, sondern geben dem Beschauer durchaus den Eindruck handgemalter Ölgemälde und sind wie
diese, je nach Beschaffenheit des Originals, auf Leinwand oder auf Holz hergestellt. Zudem be-
wältigt das neue Verfahren jedes Format. Endlich kann auch das größte Original in seinen wirk-
lichen Abmessungen wiedergegeben werden und es entfallen die die Wirkung und Bedeutung des
Bildes verändernden und vielfach schädigenden Verkleinerungen.
Die Reproduktionen haben in Wien gleich nach ihrem Erscheinen einen starken Erfolg er-
rungen. Die österreichische und vielfach auch die ausländische Presse haben in anerkennender Weise
zur neuen Erfindung Stellung genommen und ihr eine epochale Wirkung auf dem Gebiete des
Reproduktionswesens prognostiziert. Der Verlag ist im Begriff, das Belvedere-Faksimile auch außer-
halb Österreichs bekannt zu machen und wird in nächster Zeit sich mit einer Subskriptions-Einladung
an das Publikum wenden, auf die wir noch zurückkommen werden.
»The Daily Telegraph« schreibt: So far^Würthle has reproduced ten famous masterpieces by
Raphael, Ruisdael, Rembrandt, Canaletto, Bellini, Moretto and Michael Angelo, and he intends to
apply his process to some further pictures of other leading galleries both here and at Munich.
For the purposes of study and exhibition the reproductions may be invaluable.
Der sechzigjährige Hermann Bahr wird täglich älter. Er soll mitunter seine Überzeugungen
geändert haben; einzig seine katholische Gesinnung hat er sich aus den revolutionären neunziger
Jahren erhalten. Sein Bekenntnis zu Haeckel tat er aus dem nämlichen Gefühl der frommen
Gottesliebe, wie sein späteres Wirken, das wir vom Amphitheater der Bühne wie vom Forum des
»Neuen Wiener Journals« oft bestaunten. Am 14. Oktober notiert er die folgenden Sätze in sein
Tagebuch, und da er Gott mehr als die Menschen fürchtet, veröffentlicht er es nicht viel später:
Hier liegt das Problem. Denken wir uns den Altar in der Mitte des Kirchenraumes und
um ihn herum, ganz dicht an ihn heran, Sänger und Orchester, dann aber die Beter unmittelbar
an die Sänger gereiht, fast in sie gedrängt, auch im Kreise rings, so daß der Priester fast den
Sänger streift, der Sänger den heißen Atem des Beters im Nacken spürt, dann erst wären alle
verbunden; Beter und Sänger und Priester um den lebendigen Gott in der Mitte geschart! Und
muß es nicht jeden Baumeister reizen, sich an der Lösung einer so gewaltigen Aufgabe zu ver-
suchen? Wer ist es unter unseren jungen Künstlern, der den ersten Entwurf wagt?
Die junge Schefflergemeinde in Frauenberg. »Nach jedem Vortrag, der eine halbe
Stunde nicht überschreiten darf, findet eine Aussprache statt. . . . Nachmittags geht es nach
Frauenberg, wo Haff, Nehrung, Heide, Wald und Geist der Gotik uns umgeben. Zwecks Über-
nachtung . ..« (Aus einer Wiener Zeitung.)
Nachdem Paul Cassirer das Hauptfeld seiner Tätigkeit nach Holland, New York und Rom ver-
legt hat, kann Dr. Grete Bing ihrer Liebe zur Kunst frei fröhnen. Sie schwimmt selig mitten
im Wasser des Expressionismus und zeigte eine große Ausstellung von E. L. Kirchner, der eine
solche von Max Beckmann folgte. Der Erfolg ist selbstverständlich groß, da Grete Ring's Leib
und Seele dabei sind.
Was aus einem Kornhändler werden kann. Hugo Meyer, deutscher Konsul und
Direktor der Getreidekommission A.-G. in Düsseldorf, ist zum Dr. med, h. c. der Universität
Frankfurt ernannt worden.
Gerhart Hauptmanns „Blaue Blume". Im Januarheft der »Neuen Rundschau« ver-
öffentlicht Gerhart Hauptmann eine Dichtung »Die blaue Blume«, die den Kommentatoren Arbeit
geben wird. In ottave rime edelsten Klanges voll zärtlichem Schmelz und hochschwärmender Kraft
führt er den mit ihm träumenden Leser aus Laurins Rosenwundergarten zu hellenischen Eilanden.
Erinnerungen persönlichster Art, Zweifel und Hoffnungen sind in diesen Kranz der Strophen ein-
geflochten, aber seine lieblichste Blüte ist die Sehnsucht nach einer neuen dionysischen Zeit.
Hauptmann ahnt einen neuen Kampf der klassischen Überlieferung mit des »Münsters Höhle«, sieht
die Antike in unsere »ausgedörrte Menschenwelt« eindringen, und er selbst will, um des Ikarus
Schicksal nicht bekümmert, das fliegende Roß der Poesie besteigen. Wie Vorklang und Prolog
eines größeren Werkes mutet diese kleine Schöpfung mit ihrem weichen Saitenklang und ihrer
zuchtvollen Schönheit an.
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Würthle Verlagsgesellschaft seit der Wiener Herbstmesse in den Handel gebrachten neuartigen
Gemäldereproduktionen, die Belvedere-Faksimile. Endlich Reproduktionen, die dem Bedürfnis des
Publikums nach guten bildmäßigen Wiedergaben berühmter Meisterwerke vollkommen gerecht wer-
den; jedenfalls in ganz anderer Weise gerecht werden, als dies irgend ein Druckverfahren bisher
imstande war. Die Reproduktionen sind nicht nur in Zeichnung und Farbwerten absolut original-
treu, sondern geben dem Beschauer durchaus den Eindruck handgemalter Ölgemälde und sind wie
diese, je nach Beschaffenheit des Originals, auf Leinwand oder auf Holz hergestellt. Zudem be-
wältigt das neue Verfahren jedes Format. Endlich kann auch das größte Original in seinen wirk-
lichen Abmessungen wiedergegeben werden und es entfallen die die Wirkung und Bedeutung des
Bildes verändernden und vielfach schädigenden Verkleinerungen.
Die Reproduktionen haben in Wien gleich nach ihrem Erscheinen einen starken Erfolg er-
rungen. Die österreichische und vielfach auch die ausländische Presse haben in anerkennender Weise
zur neuen Erfindung Stellung genommen und ihr eine epochale Wirkung auf dem Gebiete des
Reproduktionswesens prognostiziert. Der Verlag ist im Begriff, das Belvedere-Faksimile auch außer-
halb Österreichs bekannt zu machen und wird in nächster Zeit sich mit einer Subskriptions-Einladung
an das Publikum wenden, auf die wir noch zurückkommen werden.
»The Daily Telegraph« schreibt: So far^Würthle has reproduced ten famous masterpieces by
Raphael, Ruisdael, Rembrandt, Canaletto, Bellini, Moretto and Michael Angelo, and he intends to
apply his process to some further pictures of other leading galleries both here and at Munich.
For the purposes of study and exhibition the reproductions may be invaluable.
Der sechzigjährige Hermann Bahr wird täglich älter. Er soll mitunter seine Überzeugungen
geändert haben; einzig seine katholische Gesinnung hat er sich aus den revolutionären neunziger
Jahren erhalten. Sein Bekenntnis zu Haeckel tat er aus dem nämlichen Gefühl der frommen
Gottesliebe, wie sein späteres Wirken, das wir vom Amphitheater der Bühne wie vom Forum des
»Neuen Wiener Journals« oft bestaunten. Am 14. Oktober notiert er die folgenden Sätze in sein
Tagebuch, und da er Gott mehr als die Menschen fürchtet, veröffentlicht er es nicht viel später:
Hier liegt das Problem. Denken wir uns den Altar in der Mitte des Kirchenraumes und
um ihn herum, ganz dicht an ihn heran, Sänger und Orchester, dann aber die Beter unmittelbar
an die Sänger gereiht, fast in sie gedrängt, auch im Kreise rings, so daß der Priester fast den
Sänger streift, der Sänger den heißen Atem des Beters im Nacken spürt, dann erst wären alle
verbunden; Beter und Sänger und Priester um den lebendigen Gott in der Mitte geschart! Und
muß es nicht jeden Baumeister reizen, sich an der Lösung einer so gewaltigen Aufgabe zu ver-
suchen? Wer ist es unter unseren jungen Künstlern, der den ersten Entwurf wagt?
Die junge Schefflergemeinde in Frauenberg. »Nach jedem Vortrag, der eine halbe
Stunde nicht überschreiten darf, findet eine Aussprache statt. . . . Nachmittags geht es nach
Frauenberg, wo Haff, Nehrung, Heide, Wald und Geist der Gotik uns umgeben. Zwecks Über-
nachtung . ..« (Aus einer Wiener Zeitung.)
Nachdem Paul Cassirer das Hauptfeld seiner Tätigkeit nach Holland, New York und Rom ver-
legt hat, kann Dr. Grete Bing ihrer Liebe zur Kunst frei fröhnen. Sie schwimmt selig mitten
im Wasser des Expressionismus und zeigte eine große Ausstellung von E. L. Kirchner, der eine
solche von Max Beckmann folgte. Der Erfolg ist selbstverständlich groß, da Grete Ring's Leib
und Seele dabei sind.
Was aus einem Kornhändler werden kann. Hugo Meyer, deutscher Konsul und
Direktor der Getreidekommission A.-G. in Düsseldorf, ist zum Dr. med, h. c. der Universität
Frankfurt ernannt worden.
Gerhart Hauptmanns „Blaue Blume". Im Januarheft der »Neuen Rundschau« ver-
öffentlicht Gerhart Hauptmann eine Dichtung »Die blaue Blume«, die den Kommentatoren Arbeit
geben wird. In ottave rime edelsten Klanges voll zärtlichem Schmelz und hochschwärmender Kraft
führt er den mit ihm träumenden Leser aus Laurins Rosenwundergarten zu hellenischen Eilanden.
Erinnerungen persönlichster Art, Zweifel und Hoffnungen sind in diesen Kranz der Strophen ein-
geflochten, aber seine lieblichste Blüte ist die Sehnsucht nach einer neuen dionysischen Zeit.
Hauptmann ahnt einen neuen Kampf der klassischen Überlieferung mit des »Münsters Höhle«, sieht
die Antike in unsere »ausgedörrte Menschenwelt« eindringen, und er selbst will, um des Ikarus
Schicksal nicht bekümmert, das fliegende Roß der Poesie besteigen. Wie Vorklang und Prolog
eines größeren Werkes mutet diese kleine Schöpfung mit ihrem weichen Saitenklang und ihrer
zuchtvollen Schönheit an.
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