Oper, Clarence Whitehill, als Solisten, Vorspiel »Meistersinger«, ferner vom Groß-
vater Liszt »Les Preludes« und von sich selbst das Vorspiel zu »An allem ist
Hütchen schuld« und das Vorspiel zu »Sonnenflammen« — beides unfraglich
Arbeiten eines begabten und gebildeten Musilcers, der Eigenes zu bieten vermag.
M. Haiperson, der hervorragende Musikkritiker der Staatszeitung, betont mit
Recht, es sei an der Zeit, den Vater dem Sohn gegenüber endlich beiseite zu lassen
und Siegfried Wagner als Musiker für sich zu beurteilen. Nach jeder Darbietung
wurde ihm rauschender Beifall zuteil, für den er mit sympathischer Bescheidenheit
dankte, auch dem vortrefflichen Orchester pantominisch seinen Anteil am Beifall
zuerteilend. Und zum Schluß gab es eine wahrhaft begeisterte Huldigung mit
zahllosen Hervorrufen. Der Amerikaner verfügt über ein besonderes Geschick,
hervorragende Gäste mit ausgesuchter Zuvorkommenheit und Artigkeit zu behandeln.
Das zweite Konzert zu Ehren Siegfried Wagners fand kurz darauf in New Yorks
größtem und vornehmstem Konzertsaal »Carnegie Hall« statt. Hier freilich erschien
er lediglich als Solist-Dirigent, sozusagen, in einem Konzert des »State Symphoni
Orchestra« unter Josef Stransky, dem hervorragenden Dirigenten, der früher an der
Spitze des ältesten und angesehensten New Yorker Orchesters, des philharmonischen,
gestanden hatte. Da dieses Konzert am Todestage Richard Wagners, dem 13. Feb-
ruar, stattfand, so hatte Stransky ein ausschließliches Wagner-Programm angesetzt.
Alle Nummern, bis auf das »Siegfried-Idyll«, brachte Stransky zu Gehör mit einem
Schwung und einer künstlerischen Tadellosigkeit, die man bei ihm gewohnt ist, die
aber ohne Zweifel durch die Anwesenheit des Sohnes Richard Wagners noch eine
Steigerung erfahren hatte. Den Höhepunkt bildete freilich das »Siegfried-Idyll«,
denn die Nummer sollte Siegfried Wagner dirigieren. Das hatte seine besondere
Bedeutung, weil Richard Wagner dieses Idyll zum Geburtstag und zugleich als
Weihnachtsgeschenk für seine Frau Cosima, die am 25. Dezember 1837 geboren war,
sowie zu Ehren des neugeborenen Siegfried im November 1870 in seiner Villa in
Triebschen in der Schweiz komponiert hatte — auf der Treppe des Hauses. Wagner
brachte seiner Frau am Weihnachtstage 1870, ihrem Geburtstage, mit diesem Werk
ein Ständchen. Welche Gefühle mögen den Sohn beseelt haben, der diese entzückende
Schöpfung des Vaters, geschrieben für ihn, am 41. Todestage des Vaters in New
York dirigierte, und zwar wunderbar dirigierte.
Auch hier war Siegfried der Empfänger der schmeichelhaftesten und nach-
haltigsten Ehrungen des vollen Hauses. Und auch hier, wie im Opernhause, wurden
ihm die Einnahmen zum Besten der Weiterführung der Festspiele in Bayreuth zur
Verfügung gestellt. Nach dem Konzert hatte Stransky eine größere Anzahl bekannter
New Yorker aus den Kreisen der Kunst, des Geschäfts und der Wissenschaft in sein
elegantes Heim geladen, zu einem Empfang für Siegfried Wagner. Hier konnte ich
die persönliche Bekanntschaft des Bayreuther Thronfolgers sowie seiner liebens-
würdigen Gemahlin machen. Wir sprachen von Bayreuth, von Berlin und unserem
gemeinsamen Bekannten Franz Stassen, dem trefflichen Maler, von dem ich den von
ihm wundervoll illustrierten »Faust« besitze, von seinen weiteren Reiseplänen, die
sich auf den ganzen Westen erstrecken. Er ist von dem Empfang, der ihm, zumal
in musikalischen Kreisen, hier zuteil wurde, geradezu überwältigt und verspricht
sich viel für Bayreuth. Es war sehr festlich — die Herren alle in Schwarz, die
Damen in kostbarsten Ballkostümen, diamantenfunkelnd und duftumflossen, wie das
der vornehmen New Yorker Gesellschaft eigentümlich ist. Ich sah, um nur einige
zu nennen, Walter Damrosch, den Dirigenten, Dr. E. Baruch, den bekannten Arzt
und Schöngeist, der im Hilfswerk so rege tätig ist, Alexander Lambert, den Pianisten
I3°
vater Liszt »Les Preludes« und von sich selbst das Vorspiel zu »An allem ist
Hütchen schuld« und das Vorspiel zu »Sonnenflammen« — beides unfraglich
Arbeiten eines begabten und gebildeten Musilcers, der Eigenes zu bieten vermag.
M. Haiperson, der hervorragende Musikkritiker der Staatszeitung, betont mit
Recht, es sei an der Zeit, den Vater dem Sohn gegenüber endlich beiseite zu lassen
und Siegfried Wagner als Musiker für sich zu beurteilen. Nach jeder Darbietung
wurde ihm rauschender Beifall zuteil, für den er mit sympathischer Bescheidenheit
dankte, auch dem vortrefflichen Orchester pantominisch seinen Anteil am Beifall
zuerteilend. Und zum Schluß gab es eine wahrhaft begeisterte Huldigung mit
zahllosen Hervorrufen. Der Amerikaner verfügt über ein besonderes Geschick,
hervorragende Gäste mit ausgesuchter Zuvorkommenheit und Artigkeit zu behandeln.
Das zweite Konzert zu Ehren Siegfried Wagners fand kurz darauf in New Yorks
größtem und vornehmstem Konzertsaal »Carnegie Hall« statt. Hier freilich erschien
er lediglich als Solist-Dirigent, sozusagen, in einem Konzert des »State Symphoni
Orchestra« unter Josef Stransky, dem hervorragenden Dirigenten, der früher an der
Spitze des ältesten und angesehensten New Yorker Orchesters, des philharmonischen,
gestanden hatte. Da dieses Konzert am Todestage Richard Wagners, dem 13. Feb-
ruar, stattfand, so hatte Stransky ein ausschließliches Wagner-Programm angesetzt.
Alle Nummern, bis auf das »Siegfried-Idyll«, brachte Stransky zu Gehör mit einem
Schwung und einer künstlerischen Tadellosigkeit, die man bei ihm gewohnt ist, die
aber ohne Zweifel durch die Anwesenheit des Sohnes Richard Wagners noch eine
Steigerung erfahren hatte. Den Höhepunkt bildete freilich das »Siegfried-Idyll«,
denn die Nummer sollte Siegfried Wagner dirigieren. Das hatte seine besondere
Bedeutung, weil Richard Wagner dieses Idyll zum Geburtstag und zugleich als
Weihnachtsgeschenk für seine Frau Cosima, die am 25. Dezember 1837 geboren war,
sowie zu Ehren des neugeborenen Siegfried im November 1870 in seiner Villa in
Triebschen in der Schweiz komponiert hatte — auf der Treppe des Hauses. Wagner
brachte seiner Frau am Weihnachtstage 1870, ihrem Geburtstage, mit diesem Werk
ein Ständchen. Welche Gefühle mögen den Sohn beseelt haben, der diese entzückende
Schöpfung des Vaters, geschrieben für ihn, am 41. Todestage des Vaters in New
York dirigierte, und zwar wunderbar dirigierte.
Auch hier war Siegfried der Empfänger der schmeichelhaftesten und nach-
haltigsten Ehrungen des vollen Hauses. Und auch hier, wie im Opernhause, wurden
ihm die Einnahmen zum Besten der Weiterführung der Festspiele in Bayreuth zur
Verfügung gestellt. Nach dem Konzert hatte Stransky eine größere Anzahl bekannter
New Yorker aus den Kreisen der Kunst, des Geschäfts und der Wissenschaft in sein
elegantes Heim geladen, zu einem Empfang für Siegfried Wagner. Hier konnte ich
die persönliche Bekanntschaft des Bayreuther Thronfolgers sowie seiner liebens-
würdigen Gemahlin machen. Wir sprachen von Bayreuth, von Berlin und unserem
gemeinsamen Bekannten Franz Stassen, dem trefflichen Maler, von dem ich den von
ihm wundervoll illustrierten »Faust« besitze, von seinen weiteren Reiseplänen, die
sich auf den ganzen Westen erstrecken. Er ist von dem Empfang, der ihm, zumal
in musikalischen Kreisen, hier zuteil wurde, geradezu überwältigt und verspricht
sich viel für Bayreuth. Es war sehr festlich — die Herren alle in Schwarz, die
Damen in kostbarsten Ballkostümen, diamantenfunkelnd und duftumflossen, wie das
der vornehmen New Yorker Gesellschaft eigentümlich ist. Ich sah, um nur einige
zu nennen, Walter Damrosch, den Dirigenten, Dr. E. Baruch, den bekannten Arzt
und Schöngeist, der im Hilfswerk so rege tätig ist, Alexander Lambert, den Pianisten
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