Da machte 1923 der bekannte Pariser Kunsthändler Leon Wanniek
eine Einkaufsreise nach Nordchina, in das Hoang-ho-Gebiet. Er brachte
nicht vereinzelte Stücke, sondern ganze Serien unchinesischer Bronze-
arbeiten mit. Der schwedische Forscher Osvald Siren sammelte fast gleich-
zeitig im Lande. Die Überraschung in Europa war groß. Was Südruß-
land, die Krim, das Kuban-Gebiet (die östliche Küste des Schwarzen
Meeres), die Völkerwanderungsfunde in Preußen und den Balkanländern
reichlich geliefert hatten, tauchte plötzlich in China auf. Auf halbem Wege,
im sibirischen Bezirk von Minussinsk, waren schon im vorigen Jahr-
hundert vorbereitende, aber wenig beachtete Funde gemacht worden. Die
bisher bekannten Sachen bestanden zum größten Teil aus Gold, wenigstens
aus Silber. Aus China kam nur Bronze. Dieser Umstand hätte schon zu
einer vorsichtigen Datierung zwingen müssen. Aber man war nun einmal
rückwärts orientiert. Der Anschluß an die antiken Kulturen Kleinasiens
sollte gewonnen werden. Die angenehme Ordnung der iranischen Völker
im Schwarzmeergebiet, die Reihenfolge: Kimmerer bis etwa 800 v. Chr.,
Skythen bis etwa 2. Jahrhundert v. Chr., Sarmaten bis zur Völkerwan-
derung, läßt sich nicht auf den Osten übertragen. Ob nun die einzelnen
Völker mehr arisch oder mehr mongolisch sind, einen Schuß asiatischen
Blutes haben ihre östlichen Vertreter offenbar immer mitbekommen.
Der Steppengürtel, der von Südrußland bis zur Mongolei reicht, war
der natürliche Korridor der Wanderungen. Selbst nach der städtischen
Festigung vieler Stämme im Westen blieb eine bewegte Masse, die immer
wieder bis zum Golf von Chili durchstieß. Diese Nomadenwellen haben
lange, etwa seit dem 4. Jahrhundert v. Chr., den chinesischen Boden über-
schwemmt; ein Teil der Zuwanderer konnte im chinesischen Volkstum auf-
gehen. Man weiß, daß sie das chinesische Kriegs- und Bewaffnungswesen
tiefgehend beeinflußten. Nichts ist natürlicher, als daß ihr einziger Kunst-
besitz, die Ausschmückung von Schwert, Dolch, Panzer, Streitwagen,
Königsbaldachin und'Pferdegeschirr mit nach China kam und umgeformt
wurde. Über den Ursprung des fast einzigen Themas der Nomaden, der
Tierdarstellung, soll hier nichts gesagt werden.
Einige Beschlagstücke (Abb. 1), Grabfunde aus dem Norden Chinas,
gehen vielleicht auf die ersten skythischen Wellen zurück, gehören also an
das Ende der Han-Epoche, ins erste bis dritte Jahrhundert unserer Zeit-
rechnung. Skythisch ist die einfarbige Behandlung der Bronze, skythisch
der Gegenstand, ein von Raubtieren (Tiger oder Bär) niedergeworfenes
und zerfleischtes Tier (Antilope oder Pferd).
Nach den Skythen kamen die Sarmaten, ein Sammelbegriff für viele
Völkerschaften, die auch hunnische Stämme mitführten. Was in Paris ge-
zeigt wurde, trägt zum größten Teil die Merkmale ihrer Kunst. Sie bringen
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eine Einkaufsreise nach Nordchina, in das Hoang-ho-Gebiet. Er brachte
nicht vereinzelte Stücke, sondern ganze Serien unchinesischer Bronze-
arbeiten mit. Der schwedische Forscher Osvald Siren sammelte fast gleich-
zeitig im Lande. Die Überraschung in Europa war groß. Was Südruß-
land, die Krim, das Kuban-Gebiet (die östliche Küste des Schwarzen
Meeres), die Völkerwanderungsfunde in Preußen und den Balkanländern
reichlich geliefert hatten, tauchte plötzlich in China auf. Auf halbem Wege,
im sibirischen Bezirk von Minussinsk, waren schon im vorigen Jahr-
hundert vorbereitende, aber wenig beachtete Funde gemacht worden. Die
bisher bekannten Sachen bestanden zum größten Teil aus Gold, wenigstens
aus Silber. Aus China kam nur Bronze. Dieser Umstand hätte schon zu
einer vorsichtigen Datierung zwingen müssen. Aber man war nun einmal
rückwärts orientiert. Der Anschluß an die antiken Kulturen Kleinasiens
sollte gewonnen werden. Die angenehme Ordnung der iranischen Völker
im Schwarzmeergebiet, die Reihenfolge: Kimmerer bis etwa 800 v. Chr.,
Skythen bis etwa 2. Jahrhundert v. Chr., Sarmaten bis zur Völkerwan-
derung, läßt sich nicht auf den Osten übertragen. Ob nun die einzelnen
Völker mehr arisch oder mehr mongolisch sind, einen Schuß asiatischen
Blutes haben ihre östlichen Vertreter offenbar immer mitbekommen.
Der Steppengürtel, der von Südrußland bis zur Mongolei reicht, war
der natürliche Korridor der Wanderungen. Selbst nach der städtischen
Festigung vieler Stämme im Westen blieb eine bewegte Masse, die immer
wieder bis zum Golf von Chili durchstieß. Diese Nomadenwellen haben
lange, etwa seit dem 4. Jahrhundert v. Chr., den chinesischen Boden über-
schwemmt; ein Teil der Zuwanderer konnte im chinesischen Volkstum auf-
gehen. Man weiß, daß sie das chinesische Kriegs- und Bewaffnungswesen
tiefgehend beeinflußten. Nichts ist natürlicher, als daß ihr einziger Kunst-
besitz, die Ausschmückung von Schwert, Dolch, Panzer, Streitwagen,
Königsbaldachin und'Pferdegeschirr mit nach China kam und umgeformt
wurde. Über den Ursprung des fast einzigen Themas der Nomaden, der
Tierdarstellung, soll hier nichts gesagt werden.
Einige Beschlagstücke (Abb. 1), Grabfunde aus dem Norden Chinas,
gehen vielleicht auf die ersten skythischen Wellen zurück, gehören also an
das Ende der Han-Epoche, ins erste bis dritte Jahrhundert unserer Zeit-
rechnung. Skythisch ist die einfarbige Behandlung der Bronze, skythisch
der Gegenstand, ein von Raubtieren (Tiger oder Bär) niedergeworfenes
und zerfleischtes Tier (Antilope oder Pferd).
Nach den Skythen kamen die Sarmaten, ein Sammelbegriff für viele
Völkerschaften, die auch hunnische Stämme mitführten. Was in Paris ge-
zeigt wurde, trägt zum größten Teil die Merkmale ihrer Kunst. Sie bringen
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