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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 6.1903

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Heft 7
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[Gedichte]
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[Berichte] / Gute Bücher / Briefkasten
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https://doi.org/10.11588/diglit.45537#0072

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Von einem Künstler muss ich besonders sprechen:
Graf v. Merveldt, der weder frisch wie jene, noch fertig
wie andere, sondern einfach ein stiller Poet ist, der uns
seine lyrischen Stimmungen gleichsam ohne Kunst ins
Herz spricht. Etwas von der Art Steinhausens ist in ihm:
seine Bilder werden ebensowenig dem gestrengen Herrn
Rosenhagen genügen, aber man darf neben jenen Malern,
die tapfer im Frontmarsch der Malerei vorwärts gehen,
als Offiziere und Fussvolk, nicht die Unzeitgemässen über-
sehen, die abseits eigene Gärten pflegen. Merveldt ist
kein Grosser unter ihnen, aber er zählt mit
Man wird es kopfschüttelnd anhören, aber ich sage
es trotzdem, dass diese kleine Ausstellung der Freien
Vereinigung in der Kunsthalle, trotzdem die meisten
guten Düsseldorfer Namen fehlen, dennoch erfreulicher
wirkt als das gesamte Düsseldorf auf der grossen
Deutschnationalen. Weil hier die guten Bilder in einem
frischen Leben zusammen gehen und auch die minder-
wertigen tragen, während dort zwar bessere Bilder hingen,
aber so zerstreut und ohne fühlbaren Zusammenhang,
dass sie durch die minderwertigen im Eindruck eher
gehindert als gesteigert wurden.
Einem andern Lebenszeichen gilt meine zweite Dankbar-
keit: Was man nämlich von der Internationalen
Kunstausstellung 1904 hört, klingt durchweg er-
freulich. Fritz Roeber bedeutet ein Glück sondergleichen
für die Entwicklung der Kunststadt Düsseldorf. Dieser
lebendige, gewandte und moderne Geist, dessen Er-
öffnungsrede im Kunstpalast 1902 vom „Kunstwart“ in
einer ziemlichen Unkenntnis der Düsseldorfer Dinge ans
Kreuz geschlagen wurde, um einiger Unvorsichtigkeiten
willen, bringt auch in diese neue Angelegenheit einen so
frischen bedeutenden Zug, wie ihn der intime Kenner
Düsseldorfer Seelenruhe für unmöglich gehalten hätte.
Sicher haben wir 1904 in Düsseldorf eine Ausstellung,
die, alle Fehler der Deutschnationalen vermeidend, nicht
nur finanziell ein Erfolg wird.
Wem Düsseldorf die Berufung von Peter Behrens
als Direktor der Kunstgewerbeschule zu verdanken hat,
weiss ich nicht recht; wie es scheint, nicht zum wenigsten
dem Oberbürgermeister, der sein Herz für die Kunst
vielen Leuten zwar zu spät entdeckte, aber vielleicht
gerade darum seinen Blick für das, was Düsseldorf in
seinen Entwicklungsjahren nötiger braucht, als die herkömm-
liche Verbeugung vor der Kunst, so hell bewahrt hat.
Jedenfalls steht ein Mann wie Behrens hier im Herzen
einer mächtigen Industrie mehr am Platz, als in dem
fürstlichen Gnadenschein zu Darmstadt. Er ist seinerzeit
einstimmig von der Stadtverordneten-Versammlung ge-
wählt worden; das ist auch so ein Lebenszeichen, dessen
man sich freuen kann.
Nicht so hochgespannte, aber durchaus solide’Hoff-
nungen begrüssen den neuen Direktor des Stadttheaters.
Herr Zimmermann war in Köln nicht nur als Schau-
spieler, sondern als feiner Kenner und Interpret guter
Dichtung bekannt. So ist zu hoffen, dass unter seiner
Leitung aus unserm Theater wieder eine Bühne wird.
Vor dem Haus in der Alleestrasse steht heute etwas
unpassend das Standbild Immermanns; wenn er sähe,
was da hinter seinem Rücken vorgeht, würde er schleu-
nigst von seinem Postament herunter steigen. Vielleicht
aber nähme er doch wieder seinen Versuch auf, den
Deutschen in Düsseldorf eine Musterbühne zu geben;
denn seitdem ist aus seinem Gartenstädtchen das Zentrum
der reichsten und bewohntesten deutschen Landschaft
geworden. Heute darf hier nicht mehr nach dem Be-
lieben oder der Kasse eines Direktors gespielt werden:
Düsseldorf ist eine der wenigen Städte im Reich ge-
worden, wo deutsche Dichtung neben Berlin eine selb-
ständige Pflegestätte haben kann, und dass solche nötig
sind, wird keiner bestreiten, der die Berliner Theater-
wirtschaft kennt. Für seine Stellung, die Düsseldorf seit
seiner Ausstellung hier im Westen einzunehmen gewillt
ist, müsste es eine gute Bühne haben, schon um hinter
den Nachbarstädten nicht zurückzustehen: aber es
muss mehr als das, es muss eine Musterbühne haben,

um eine führende Stadt, ein Mittelpunkt des Lebens
zu sein. Kommt Herr Zimmermann mit einem red-
lichen Willen hierher, und daran zweifeln wir nicht, so
wird er Unterstützung von allen Seiten finden.
W. Schäfer.
DÜSSELDORF. Im Verein für Feuerbestattung hielt
am 2. April Abends Dr. Mathieu Schwann-Laubenheim
einen öffentlichen Vortrag über „Feuerbestattung und
Poesie“. Der Redner rühmte den Sinn und die Schön-
heit der Feuerbestattung, er hob hervor, welche hohe
poetische Verwertung das Motiv der läuternden Flamme
schon in der Edda gefunden hat, dann auch in zwei be-
rühmten Goetheschen Balladen und bei neueren Dichtern
wie Liliencron, Mackay und Jacobi. —• Das Thema schien
vortresflich ausgeführt; die künstlerische Art des Vortrags
wirkte sehr auf die zahlreichen Zuhörer. A. P.

Gute Bücher.
Hermann Obrist: „Neue Möglichkeiten
in der Kunst“, Verlag Eugen Diederichs,
Leipzig. — Wie in seiner Kunst: ein edles
Temperament in klarer Vollendung, nicht geist-
reich, aber ein reicher Geist. Unter den Schriften
zur Kunst eine ausserordentliche; wer sich um
diese Dinge bemüht, muss sich mit Obrist
auseinander setzen.
Anna Muthesius: „Das Eigenkleid der
Frau“, Verlag Kramer & Baum, Krefeld. — Der
Vortrag in Krefeld ein wenig kokett gedruckt,
einen Schrift, die ich als io-Pfennigsbroschüre
in Millionen Exemplaren verbreitet sehen möchte:
nicht so eindringlich wie Schultze-Naumburgs
„Kultur des weiblichen Körpers“, aber für unsere
Damen geeigneter.
Friedrich Huch: Geschwister, Verlag
S. Fischer, Berlin. — Ein Versuch, goethisch zu
erzählen, der garnicht so misslungen ist, wie
jene glauben, die dem Dichter des „Peter Michel“
einen Rückschritt vorwerfen. Ein viel seineres
und sichereres Buch als jener Roman vom Ober-
lehrer, allerdings zu goethisch.
BRIEFKASTEN.
M. S., Düsseldorf. Allerdings hat sich der S. Lukas-Klub
aufgelöst, aber die Bildung des Ausstellungs-Verbandes
Düsseldorf hat damit direkt nichts zu tun. Seine Mitglieder
M. Clarenbach, A. Deusser, A. Dirks, Th. Funck,
Gerhard Janssen, H. Liesegang, E. Nikutowski,
W. Schneider-Didam, W. Schreuer, G. Wendling
wollen weiter nichts, als in einer sorgfältig gewählten
Wander-Ausstellung dazu helfen, dass der Ruf der Kunst-
stadt Düsseldorf gegenüber berechtigten und törichten
Angriffen wieder zu Ehren kommt. Dazu habe ich gern
meine kleine Hilfe angeboten. Für Düsseldorf selbst ist
nach wie vor meine Meinung: Auflösung aller Einzel-
gruppen in die „Freie Vereinigung“. Ich sehe keinen Grund
ein, warum nicht sämtliche Mitglieder des Ausstellungs-
Verbandes, ebenso wie der 99 er, in der „Freien Vereini-
gung“ ausstellen sollen, vorausgesetzt, dass man dort
nicht engherziger geworden ist, wie zu früheren Zeiten,
wo der ganze Lukas-Klub nicht zu seinem Schaden der
„Freien Vereinigung“ angehörte.
A. L. Dortmund: Allerdings gedenken wir uns zu
den Aufführungen des Goethe-Vereins in diesem Jahr zu
äussern. Zunächst wird der bekannte Goethe-Forscher
Professor Ludwig Geiger im nächsten Heft über die
Erfahrungen schreiben, die bislang mit Aufführungen des
ganzen „Faust“ gemacht wurden.

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