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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 6.1903

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Heft 10
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Trog, Hans: Deutsch-schweizerische Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.45537#0174

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Deutsch-schweizerische Künstler.

Ferdinand Hodler.
Enttäuschte Seelen.

Die nachfolgenden Zeilen möchten einen Ein-
druck vor allem erwecken: dass es sich lohnt,
von den Leistungen schweizerischer Künstler zu
sprechen — auch nach Arnold Böcklins Tod.
Dabei wollen wir gar nicht erst uns damit plagen,
ob es eine eigentlich schweizerische Kunst über-
haupt gebe; die Hauptsache wird, so scheint mir,
sein, dass aus der Schweiz immer wieder Künstler
hervorgehen, die ein eigenes Gepräge tragen, die
man nicht einfach in die und die Schule einreihen,
unter den und den Lehrer subsumieren kann.
Bekanntlich besitzt die Schweiz keine Kunst-
akademie. Das hat den regen Kontakt so vieler
junger Kunstbessissenen mit dem Auslande zur
Folge, mit den grossen Kunstzentren, namentlich
München und Paris. Diesen würde auch die
idealste schweizerische Akademie nicht zu er-
setzen vermögen. Denn was ausserhalb des
Meister-Ateliers auf den angehenden Künstler
einströmt von besruchtenden und anregenden
Eindrücken, wird für den wahrhaft Begabten und
Selbständigen doch stets das Wertvollste sein.
Nur von Deutsch-Schweizern soll in diesem
Aussatz die Rede sein; sodann nur von Vertretern
der Malerei und Zeichnung, und schliesslich nur
von der jüngeren Generation, sagen wir von
solchen Malern, deren Geburtsjahr in die zweite
Hälfte des 19. Jahrhunderts fällt. Es scheint das
vielleicht gar zu willkürlich. Dass nur Ange-
hörige der deutsch redenden Schweiz zu Worte
kommen sollen, das freilich versteht sich in
einer Zeitschrift wie den „Rheinlanden“ doch
wohl von selbst. Die Ausschliessung der Plastik
hat ihren Hauptgrund in der dünnen Produktion
auf dem Gebiet der Skulptur; es ist eine sehr
bedauerliche Tatsache, dass das private Begehren
nach Plastik ein ungemein schwaches ist; bloss

von Denkmälern und einzelnen monumental
gearteten Skulpturaufträgen für öffentliche Ge-
bäude (wie z. B. das neue Bundespalais in Bern)
oder etwa für das Haus eines reichen Privaten
lebt aber die Bildhauerkunst nicht. Zwei der
Tüchtigsten unter den Jüngern hat der Tod
frühzeitig der Kunst entrissen: Karl Stauffer,
der auch als Bildhauer Ausgezeichnetes ver-
sprach, und Max Leu, dessen Hebel-Denkmal
vor der Peterskirche in Basel bei aller Bescheiden-
heit der äussern Erscheinung eins der gelungen-
sten öffentlichen Monumente der Schweiz ist.
Wohl das populärste Denkmal hat Richard
Kissling der Schweiz geschenkt: den Wilhelm
Teil in Altorf (1895). Von jüngern Skulptoren
nennen wir noch A. Bösch, der sich lange in
Rom aufgehalten und sich dort eine feine und
freie Formbehandlung angeeignet hat, ferner
Adolf Meyer, August Heer, Gust. Sieber, Sieg-
wart u. a. m. So tüchtige Leistungen diese
Skulptoren da und dort aufzuweisen haben, von
jener starken, markigen Originalität, wie wir ihr
bei einer Reihe von Malern begegnen, kann bei
ihnen doch nur selten die Rede sein.
Und nun diese Maler. Ist es wirklich un-
gerecht, wenn wir in unserer Betrachtung den
Jüngern, zum Teil erst Aufstrebenden und Ver-
heissenden den Hauptplatz einräumen? Wir
dürfen es ruhig verneinen. Die verehrten alten
Meister — sie sind sämtlich über 70 Jahre alt —,
wie der Berner Alb. Anker, der die bäuer-
liche Welt seines Kantons so köstlich geschil-
dert hat; wie der Basler Ernst Stückelberg,
der in bewundernswerter Vielseitigkeit Porträt
und Figurenbild, Genrehaftes und Historisches
mit einem fein geschulten Geschmack und einer
reichen Palette behandelt hat und durch seine

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