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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 6.1903

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Heft 9
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Schäfer, Wilhelm: Pfingst-Ausstellung des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen in der Kunsthalle zu Düsseldorf
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.45537#0163

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Blick in den Mittelsaal der Pfingst-Ausstellung des Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen.

Pfingst-Ausstellung des Kunst Vereins für die Rheinlande und
Westfalen in der Kunsthalle zu Düsseldorf.

Eine vorzügliche, sür ihren Zweck muster-
hafte Ausstellung, an der man die Auswahl und
Anordnung gleichviel anerkennen muss. Es ist
schwer, ohne sogenannte Schlager, die sich hier
von selbst verbieten, nur mit dem guten Durch-
schnitt eine Ausstellung zu schaffen, die sich
so angenehm durchwandert und ihre besonderen
Überraschungen hat wie diese. Zwar träumte
dem Verwalter der Kunsthalle in der vorletzten
Nacht vor der Eröffnung, dass sämtliche Bilder
der Juroren von erbitterten Händen durchschnitten
worden wären: aber ich kann mir schwer denken,
dass selbst die Refüsiertesten in diesen Sälen
nicht Respekt bekämen vor der Sorgfalt und
Unparteilichkeit der Jury.
Unter den besonderen Überraschungen muss
die Büste einer alten Frau von Joh. Knubel
zuerst genannt werden. Sie ist ein echtes Bild-
hauerstück, vom Künstler selbst aus zwei Sand-
steinen gemeisselt, den Kopf aus einer feinen
grauen Art, das andere grobkörniger und bräun-
licher. Der milde Farbenklang der beiden Steine
stimmt eigen zu der Seele des Werkes, das in
der stillen Einfachheit an die wenigen grossen
Werke seiner Art erinnert. Nicht zum wenigsten,
weil es keine modellierte Plastik, sondern wirk-
liche Bildhauerkunst ist. Die moderne Plastik
leidet daran, dass zu viel nach Herzenslust in
Ton geknetet und zu wenig aus festem Material
gearbeitet wird. Die Bildnerei in Ton lässt
dem augenblicklichen Einfall so viel Freiheit,

dass sie zu einer Auflösung der Formen zu
Gunsten malerischer Effekte geradezu verlockt.
Wenn der Ton dann gebrannt, das Werk also
im Original erhalten bleibt, ist dagegen nichts
einzuwenden, wohl aber wenn, wie es leider
die Regel ist, danach diese Tonformen von
eigener oder fremder Hand in anderem Material
nachgeahmt werden. Dagegen muss eine ur-
sprüngliche Steinmetzarbeit wie die Knubelsche
Büste erfrischend wirken. Wie da zum Bei-
spiel im Kleid jede Falte durch Meisselschläge
herausgeholt ist, den breiten Pinselstrichen eines
reifen Malers oder den anschaulichen Worten
eines guten Schriftstellers gleich: das würde
für die Arbeit einnehmen, auch wenn sie nicht
von solch innerer Haltung wäre. Aber selbst
diese sichere Ruhe in der Ausfassung, die so
dem Stein gemäss ist, lässt sich nicht zum ge-
ringsten auf das Material zurücksühren. Es ist
ein Bildhauerstück, das für unsere junge Düssel-
dorfer Bildhauerschule vorbildlich sein kann,
und so wüsste ich für die Verwaltung der Kunst-
halle keine bessere Erwerbung aus dieser Aus-
stellung vorzuschlagen, als diese Büste. Es
wäre schade, wenn ein Werk, das ein Gesetz
der Bildhauerkunst so eigen offenbart, in Privat-
besitz überginge, und so eine Anregung ver-
loren ginge.
Unter den andern plastischen Arbeiten sind
die des jungen Gregor von Bochmann von
besonderem Reiz durch die Bewegung. Es ist

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