Th. Schüz.
Am Abend.
Theodor Schüz.
Wenn wir in diesem Heft einige Blätter des
im Jahre igoo zu Düsseldorf gestorbenen Malers
Theodor Schüz abbilden, so sind wir sicher,
selbst bei seinen Freunden einiges Staunen und
bei modernen Malern auch wohl Unwillen zu
erregen. Man wird sagen: der Mann ist schon
Zeit seines Lebens altmodisch gewesen, was
sollen wir jetzt mit ihm?
Eben das wollten wir zeigen. Selbstredend ist
seine Malweise „rückständig“ und seine Empfin-
dungswelt nicht mehr die unsrige, auch war er
nicht eigentlich ein Unzeitgemässer, der in dunk-
lem Drang etwas vorweg nahm, das wir heute
erst erkennen. Streng genommen war er schon
in seiner Zeit altmodisch: um das zu erkennen,
brauchen wir uns nur vorzustellen, dass er ein
Schüler Pilotys war. Und doch hatte er etwas
vor den Genremalern seiner Zeit und vor den
modernen Landschastern schlechthin voraus,
etwas, das sein Lehrer Steinkopf in Stuttgart
wohl ahnte, als er den achtzehnjährigen Schüler
„Das Wundermänndle“ nannte. Wenn Schüz
auch selbst einmal seufzte „Die Wunder ssiegen
weg und das Männdle wird immer kleiner“; er
ist diesem Wunder, trotzdem allmählich nur
wenige mehr davon wissen wollten, treu ge-
blieben bis in den Tod. Das Wunder war seine
schwäbische Landschaft, die er „mit der Seele“
gesucht und gefunden hatte. Wie ich das meine,
wird jedem deutlich werden, der den „Oster-
spaziergang“ betrachtet. Es ist billig zu sagen:
der Mann mit dem Kind sei zu lang und wie
dergleichen Einzelkritik zu lauten pssegt, oder
von der anekdotischen Anhäufung viel zu vieler
Einzeldinge zu sprechen (rechts der wasser-
trinkende Knabe, links das blumenpssückende
Mädchen u. s. w.). Aber es ist schwer zu leugnen,
dass Landschaft und Mensch von einer Stimmung
erfüllt sind, die in der hellen Luft, der lieblichen
Ferne, den knospenden Zweigen und den singen-
den Kindern durchklingend das Ganze doch zu
einem Bild macht, aus dem nichts störend heraus-
fällt, vielmehr alles sich zu einer feinen Har-
monie vereinigt, der wir uns nicht entziehen
können, weil das Bild nicht auf der Leinwand,
sondern in der lieben altmodischen Seele des
Malers fertig wurde.
Dieses Wunder aller Kunst, dieses: „Die
Natur durch ein Temperament gesehen“, ist den
Grossen der Kunst glänzender gegeben, aber ob
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