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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 6.1903

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Heft 8
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Weber, Ludwig Joseph: Heinz Heim: (1859-1895)
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Schäfer, Wilhelm: Der tapfre Mauruck, [2]: Eine Erzählung aus den Befreiungskriegen
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https://doi.org/10.11588/diglit.45537#0102

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Gestalt suchte. Deshalb führt uns der Maler
bei den hier einschlägigen Vorwürfen hinaus
auf Feld oder Wiese, wo er uns einen in die
feierlich stille Einsamkeit gestellten Menschen
zeigt, der zu der ihn umgebenden Natur in
irgend ein Verhältnis gesetzt ist. So z. B. bei
dem „Mädchen im Grünen“ („Idyll“), wo wir
in einer von der Sonne grell beschienenen Land-
schaft ein blumenbindendes Mädchen sitzen
sehen. Das Mädchen allein würde uns, so wie
es hier gegeben ist, nicht besonders interessieren,
und die Landschaft allein würde uns vielleicht
leer vorkommen. Aber wenn wir in diesen
ernsten Naturausschnitt den Menschen mit seiner
kleinen Freude und mit seinen kleinen Sorgen
gestellt sehen, so kommt das Gefühl von der
Erhabenheit der unendlichen und ewigen Natur
in einer zwingenden Weise über uns, und dem
Maler ist es gelungen, uns die „stille Grösse der
Natur“ zu zeigen, uns den Odem verspüren zu
lassen, der durch das Weltall geht. Leider hat
der Tod den Künstler bei der Arbeit überrascht,
und so ist das Gemälde, das in seinem weichen
Accord von mattem Grün, Weiss und Rot so
viel versprochen, nach der koloristischen Seite
hin unvollendet geblieben. Immerhin ist aus
dem Vorhandenen der seelische Gehalt des
Werkes zu erkennen, und das ist ja für den
besonderen Fall, von dem wir gesprochen haben,
massgebend.
Heim ist nicht von fester Gesundheit ge-
wesen. Zu derselben Zeit, in der er innerlich
frei geworden, stellte sich auch ein hartnäckiges
Nierenleiden ein, das ihn nicht mehr verlassen
sollte. Ihm gesellte sich ein Augenübel bei,
das ihm zeitweise alles Augenlicht völlig nahm.
Acht Jahre beinahe hatte der rastlos Strebende
und stets Eifrige mit seinem Leiden zu ringen,


Heinz Heim.
Mädchen bei der Kerze.
Im Privatbesitz in London.
Nach einer Photographie des Hofphotographen
W. Weimer in Darmstadt.

bis dann am 12. Juli 1895 der Tod in Heinz Heim
uns einen Künstler entrissen hat, der berufen
war, einer der Grössten unserer Zeit zu werden.

Der tapfre JUanich.
eine Crzäljlung aus ben Befreiungskriegen non UMIIjelm Sdjäfer.
(Sdjluß.)

II.
Was keinem oerbädjtig war, wäre burdj bie
Flucht bes Hlaruck halb bazu geworben; benn
als am anbern HTorgen Frau Claire noch im
Dunkeln burdj bie Reiben ber nersdjlafenen
Pferbe unb Kosaken nadj bem Rathaus ging, saß
im Bürgermeisterzimmer ber große Offizier mit
bem braunen Bart bei einer Kerze über einer
Karte unb machte TTotizen auf kleine Settel. Fr
würbe gleich aufmerksam, kam mit ber Feber in
ber Fjanb in sdjweren Reiterstiefeln auf sie zu unb
fragte, sie sdjarf bemusternb, seit wann ihr Wann

persdjwunben wäre? Bis sie ihm sagte: seitbem
bie örenabiere ihn fort geholt hätten, sprißte er
ein paarmal nadjbenklidj bie Tinte aus ber Feber
unb meinte wohlwollenb: „Wir werben ben Fjerrn
Darocquier aufhängen mussen; wir haben nadj-
richt, baß non Bingen auf ber anbern Seite Fran-
zosen anmarsdjieren: süllte er sie heran gerufen
haben, bas wäre Derräterei, bie wir bestrafen
müßten, beste Frau.“
Damit winkte er bem Bürgermeister, Frau
Claire hinauszuführen, unb seßte sidj wieber zu
seinen 3etteln. Draußen erfuhr sie non bem ljin-

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