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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 6.1903

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Heft 8
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[Berichte / Mitteilungen]
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https://doi.org/10.11588/diglit.45537#0119

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Engelbert Humperdinck

Engelbert Humperdinck ist am
1. Sept. 1854 in Siegburg geboren. Er sollte
zuerst Architect werden, sattelte aber dann
endgültig zur Musik über, worin ihm das Köl-
ner Conservatorium Unterweisung gewährte.
In Neapel lernte ihn 1879 Richard Wagner
kennen, dem er bei den Instrumentirungsar-
beiten des Parsifal half und der ihn fortan
seinem kleinen Bayreuther Generalstab at -
tachirte. Vorübergehend in Köln, in Mainz als
musicalischer Beirath des Schott sehen Ver-
lags thätig, wurde er 1890 Lehrer des Hoch-
schen Conservatoriums in Frankfurt und 0-
pernreferent der Frankfurter Zeitung,bis ihn
der Erfolg von Hänsel u. Gretel beide Stellun-
gen aufgeben liess. Nach einigen Jahren der
Zurückgezogenheit auf seinem Landhaus in
Boppard am Rhein, wurde er zum Lehrer
einer Meisterschule an der Berliner kgl.Akar
demie berufen. Von seinen Schülern hat na-
mentlich Leo Blech mit seiner Dorfidylle
„Das war ich“ von sich reden gemacht.
Richard Wagner war gestorben und hat-
te ein Erbe hinterlassen, welches mit eini -
gen Nutzen auszubauen nur die Fähigsten
unter den Nachlebenden vermochten wäh-
rend es in der Hand der übrigen zu einem
Zerrbilde des dramatischen Kunstwerks
wurde. Wagner hatte in seiner genialen
Entschiedenheit und Ausschliesslichkeit
den dramatischen Gedanken als Leitseil

der Oper zur Geltung gebracht und hatte, je
mehr er sich dabei von den geschlossenen Mu-
sikformen entfernte, auch um so mehr den
ariosen Gesang durch den Sprechgesang er-
setzen müssen. Seine unbegabten Nachfol-
ger zerstückelten auch da noch die Form,wo
sie dem dramatischen Gedanken nöthig war
und verhalfen dem Sprechgesang zu einer Al-
leinherrschaft, welche jegliche melodische An-
muth aus der Oper verbannte. Da zeigte Hum-
perdinck, dass man mit der echten Singelust
begabt sein und ihr freien Lauf lassen, und
doch dabei ein treuer Wagnerianer bleiben
könnte. Er machte das Orchester wieder et-
was symphonischer, das heisst musicalisch
formgemässer, als es bei Wagner zuletzt ge-
schah,und er benutzte Motive und Weisen,
die ihm sein eignes echt volksthümlich ge-
artetes Empfinden und sein rheinisches Hei-
mathland zuführten. Auf diese Weise schenk-
te er dem deutschen Publicum seine Mär-
chenoper Hänsel und Gretel, die auch in au-
sserdeutschen Landen überall Anklang ge-
funden hat, neuestens sogar bis Rom ge-
drungen ist. Inzwischen hat er die Musik
zu den Königskindern und zum Dornrös-
chen geschrieben,und arbeitet augenblick-
lich an einer neuen Oper.
Dr. Otto Neitzel.

BERLINER MUSIKMJEN-DRÜCKEREI G.m.b.H.CHARLOTTENBURG.
 
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