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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 6.1903

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Heft 10
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https://doi.org/10.11588/diglit.45537#0172

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Die schweizerische Tonkunst befin-
det sich in einer ähnlichen Lage, wie die nie-
derländische, insofern auch sie je nach derAb-
stammung und dem Thätigkeitsfeld der Ton-
setzer nach den beiden Hauptrichtungen der
deutschen und der französischen Tonkunst hin
gravitiert. Die Schweizer umwerben je eine der
beiden Schwestern und manche versuchen es,
beiden ein Lächeln abzugewinnen. Insbeson-
dere die Tonsetzer der französisch sprechen-
den Lande, die sich neuerdings zu grosser Reg-
samkeit und Selbständigkeit aufgerafft haben
und als deren Führer der junge J.Jaques-
Dalcroze anzusehen ist. Hervorragende
thematische Geschicklichkeit, feine Instru-
mentation, liebenswürdige Erfindung lassen
ihn als geschickten Verknüpfen der französi-
schen mit der deutschen Kunst erscheinen.Au-
sser zahlreichen, sehr werthvollen Kammermu-
sikwerken hat er eine Oper Sancho verfasst,
die mit Glück in Genf und Strassburg gege-
ben wurde und der das beigegebene Musik-
stück entnommen ist. Weit früher von sich re-
den machte die deutsch-schweizerische Mu-
sik, die in einer Hinsicht sogar den ersten An-

stoss zu einer mächtigen grossdeutschen Be-
wegung gegeben hat: zur Entwickelung des
Männerchorgesangs. H. G. Nägeli (1773 -
1836) war es, der in seinem Züricher Sing-
institut die Pflege des volksmässigen Gesan-
ges begann und entwickelte, und der weithin
über Deutschlands Gauen Nachahmung fand,
so namentlich an dem Stuttgarter Lieder -
kranz. Ein Friedrich Hegar, geb. 1841
zu Basel und jetzt der Leiter des Züricher
Musiklebens, hat dann in seinen zahlreichen
bedeutenden Chören den Männerchorgesang
zu hoher Kun st vollen düng geführt und ihn
modulatorisch und charakteristisch mit gro-
sser Kühnheit ausgestaltet. Mehr auf das in-
strumentale Gebiet beschränkt hat sich Hans
Huber, geb. 1853, jetzt Leiter der Baseler
Musikschule, dessen phantasievolle Böcklin-
Symphonie augenblicklich noch die Runde ü-
ber die deutschen Concertsäle zurücklegt.Wie
man an diesen wenigen Beispielen sieht, neh-
men es die schweizerischen Tonsetzer sehr
ernst mit ihrem Streben und behaupten einen
ersten Rang in der zeitgenössischen Tonkunst.
Dr. Otto Neitzel.

Stich u. Druck: Berliner Musikalien Druckerei G.m.b. H. Charlottenburg;
 
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